Kategorie: Gastbeitrag

»Erbärmliche Mitläufer«

»In all diesen Monaten gab ich die Hoffnung nicht auf, doch noch deutsche Antifaschisten zu finden. Ich wehrte mich gegen den Gedanken, daß es unter den etwa siebzig Millionen Deutschen keinen aktiven Widerstand gegen die schlimmste Tyrannei in der Geschichte der Menschheit gegeben haben sollte. Welch irritierende Vorstellung, daß sich alle Deutschen schuldig gemacht hatten – die einen durch ihre verbrecherischen Taten, die anderen durch Wegschauen.

Solch ein moralischer Sumpf überstieg alle Begriffe. Ich dachte an die Geschichte von Sodom und Gomorrha und fragte mich, ob wir vielleicht eine Neuauflage erlebten. [..]

Wo waren die Gerechten in Deutschland, die Mutigen, die gegen Unrecht und Barbarei ihre Stimme erhoben? In der Vergangenheit hatte es solche Menschen doch gegeben, es war zu Aufständen und revolutionären Erhebungen gekommen. In Deutschland hatte es eine starke Arbeiterbewegung gegeben, die auf den Trümmern des Kaiserreichs eine demokratische Republik errichtet hatte.

Ich wußte, daß vor Hitlers Machtergreifung acht bis neun Millionen Wähler der SPD und fast sechs Millionen der KPD ihre Stimme gegeben hatten. Wo waren all diese Menschen? Sie konnten doch nicht alle umgebracht worden sein. Und wenn sie irgendwo lebten, weshalb hörte man ihre Stimmen nicht, und weshalb war ihr Wille gelähmt? Ich mußte unbedingt eine Antwort auf diese Fragen finden.

Wo ich auch hinkam, suchte ich Hinweise auf Widerstand und erkundigte mich nach Sozialdemokraten und Kommunisten. Doch am Ende fanden weder ich selbst noch andere Leute eine nennenswerte Zahl von Oppositionellen, die offen oder versteckt gegen das Hitlerregime gekämpft hatten, sondern nur erbärmliche Mitläufer. Das allein ist der schlimmste Vorwurf, den man den Deutschen machen kann.«

(Saul K. Padover: Lügendetektor. Vernehmungen im besiegten Deutschland 1944/45, München 2001, S. 243 ff.)

Gesellschaftskunde (Buchrezension)

Um Üble Zeitgenossen, Zombies und andere neue Rechte (so der Untertitel) geht es in der 199 Seiten langen exklusiven Essay-Sammlung des Autors und Journalisten Wolfgang Brosche. Das Buch sei ein must-read für alle an einer linken Gesellschaftskritik Interessierten (so das Vorwort). Man erwartet also einiges. Und man wird nicht enttäuscht.

Wolfgang Brosche: Panoptikum des Grauens. Üble Zeitgenossen, Zombies und andere Rechte. Verlag Edition Critic: Berlin 2019, 199 Seiten, 18 Euro, ISBN 978-3-946193-25-8

In elf sprachlich fulminanten Kapiteln werden Vertreter*innen rechten Gedankenguts unter die Lupe genommen, die in Deutschland leider keinen geringen Einfluss haben und daher verheerenden Schaden anrichten.

Ulrich Greiners Buch Heimatlos. Bekenntnisse eines Konservativen wird zuerst analysiert und Brosche zeigt hier schon, was sich als luzides Destillat bei all diesen zwischen schwarz und braun changierenden Figuren manifestieren wird: ihnen allen gemein ist die Ablehnung einer humanen, modernen Welt, die womöglich – Gott bewahre! – auch noch antikapitalistisch ist und somit ja alles zerstören würde, worauf Konservative seit jeher setzen: Hierarchien, bedingungslose Anpassung, Autoritätshörigkeit.

Entlarvt wird außerdem die »patriarchal-protofaschistische Denkweise« (S. 55) des Philosophen Peter Sloterdijk. Die Texte von Publizist*innen wie Vera Lengsfeld, Jan Fleischhauer, Matthias Matussek oder Henryk Broder werden ebenfalls einer kritischen Lektüre unterzogen, die deren zum Teil ja nur latent rechte Schlagseite ganz klar benennt.

Eines der längsten, interessantesten und treffendsten Kapitel ist denn auch »Die Methode Kelle« (S. 63-96). Dass in der konservativen Welt die Frau unter dem Mann steht, ist evident. Insofern ist Birgit Kelle nur konsequent, wenn sie als überzeugte Antifeministin die nobelste Aufgabe einer Frau in der Mutterschaft sieht. Das ist auch die Sicht des Patriarchats seit Menschengedenken. Um den deutschen Status quo zu zementieren, ist es unabdinglich, Homo- und Transsexualität zu stigmatisieren. Abtreibung zu verdammen. All das zu bekämpfen, was die Welt egalitärer und schöner machen könnte. Denn das wäre ja eine Attacke auf das geliebte, weil Sicherheit gebende, bürgerliche, man könnte auch sagen, erz-reaktionäre, primitive Weltbild. Und wo kämen wir hin, wenn Flüchtlinge, Homosexuelle, Feminist*innen und anderes linkes Gesocks an den jahrhundertealten Privilegien der weißen Cis-Männer rütteln dürften?

Brosche weist darauf hin, wie gerade eine Birgit Kelle, die »nicht die geringste Ahnung von Geschlechterforschung hat« (S. 72), zur Verrohung und Verprollung des politischen Diskurses maßgeblich beiträgt und welche Gefahren es birgt, derartigen Pseudo-Expert*innen überhaupt eine Plattform zu bereiten. Indirekt erwähnt der Autor in diesem Kontext auch den Grundgedanken des Antinatalismus, wenn er Kelles Ablehnung von Abtreibung geißelt: ist es nicht bizarr, wie sich die selbst ernannten Lebensschützer immer nur für den Zellklumpen im Körper der Frau interessieren, nicht aber für das leidende Kind? Dafür führt er schockierende Beispiele wie die über zwei Millionen von Hartz IV lebenden Kinder hierzulande an oder die 150 Kinder pro Jahr, die Opfer der Gewalt und Vernachlässigung durch ihre eigenen Eltern werden.

Die drei K (Kinder, Küche, Kirche), die Birgit Kelle allen Frauen ans Herz legt, sollten im Jahr 2019 keinen derartigen Anklang mehr finden, findet Wolfgang Brosche. Insofern verwundert es nicht, dass sich bei Frau Kelle in erster Linie die Maskulinisten bedanken, die mit Vorliebe bei der Neuen Rechten ihr Unwesen treiben, »die den männlichen Bedeutungsverlust ebenso fürchten wie die nachlassende Potenz und die Ermüdungserscheinungen ihres Gockeltums« (S. 90).

Wir wollen keine neorechten Agitator*innen, die sich als konservativ tarnen, die den Klimawandel ebenso leugnen wie die dringende Notwendigkeit von Feminismus und Antifaschismus in Zeiten des allgemeinen Backlashs! Und genau dazu leistet das neue Buch von Wolfgang Brosche einen nicht hoch genug zu schätzenden Beitrag.

(Dr. Verena Brunschweiger, geb. 1980, studierte Germanistik, Anglistik und Philosophie/Ethik und promovierte 2007 in der Mediävistik. Sie ist aktive Feministin und arbeitet hauptberuflich als Gymnasiallehrerin. Außerdem ist sie überzeugte Nicht-Mutter.)

Bitterernstes Lesevergnügen (Buchrezension)

Rechtes Denken, Reden und Wählen haben Konjunktur. Wenn dann noch ein ehemaliger Bundespräsident, der bereits vor Jahren durch die unsägliche Gleichsetzung von Nationalsozialismus und Kommunismus auffiel, eine »erweiterte Toleranz« gegenüber den Rechten fordert, kann einem angst und bange werden. Am gleichen Tag gibt die Bundesregierung auf Anfrage bekannt, dass sich aktuell 497 Rechtsextreme, nach denen gefahndet wird, auf freiem Fuß befinden. Kritiker mahnen die fehlende koordinierte Anstrengung der Innenminister zur Bewältigung des Problems an, bisher vergeblich. In einem Dortmunder Vorort skandierte im vergangenen Jahr eine Nazi-Demonstrationsgruppe »Wer Deutschland liebt, ist Antisemit!«; die Polizei griff nicht ein. Die AfD sitzt derweil in allen Parlamenten, auf dem Evangelischen Kirchentag werden dagegen Workshops mit dem Titel »Wie reagiere ich klug auf populistische Parolen?« angeboten. So etwas kann leicht zur Spiegelfechterei verkommen, wenn die Wurzeln rechter Gesinnung nicht aufgedeckt, die im schlechtesten Sinn »konservativen« Wegbereiter und Stichwortgeber nicht benannt werden.

Wolfgang Brosche: Panoptikum des Grauens. Üble Zeitgenossen, Zombies und andere Rechte. Verlag Edition Critic: Berlin 2019, 199 Seiten, 18 Euro, ISBN 978-3-946193-25-8

Genau darum geht es Wolfgang Brosche. In den elf Essays, die in diesem Band versammelt sind, zerpflückt er mit Sachverstand und Sprachwitz einige einflussreiche Autoren und Autorinnen, die den gefährlichen Rechtsdrall vorbereitet haben und weitervorantreiben. Brosche nennt sie »Konservative«, die wie Zombies auftreten: zwar »gut gekleidet und mit bemerkenswerten Tischsitten« (12), doch vordemokratischen, patriarchalisch-autoritären Ideen verhaftet, die längst tot sind und die jetzt wieder hervorgekramt werden, um das Ideal der gleichen Würde aller Menschen zu zersetzen. Brosche wird persönlich und detailgenau, wenn er sich beispielhaft Ulrich Greiner und Peter Sloterdijk, Birgit Kelle und Vera Lengsfeld, Jan Fleischhauer, Matthias Matussek und Henryk Broder vornimmt.

Weitere Verharmloser (wie Werner Patzelt) und Stichwortgeber der Neuen Rechten werden knapp und treffend vorgestellt. Als Abbild der rückwärtsgewandten und politisch still gestellten Gesellschaft sowie als Beispiel verlogener Sentimentalität und Ausgrenzung wird die beliebte Fernsehsendung »Bares für Rares« vorgestellt und seziert. Hinzu kommen Sondierungen in Brosches eigener Familiengeschichte und frühe persönliche Erfahrungen mit einer teils verkappten, teils aggressiven Abgrenzung von Juden, »Zigeunern« und allen anderen, die von der sogenannten Normalität abweichen. Denkbar wären all diese Erfahrungen in vielen deutschen Provinzstädten, gleichwohl überrascht es kaum, dass sie im »katholisch-bigotten« (177) Paderborn gemacht wurden – der »westfälischen Schützenfesthochburg« (115), wie Brosche nicht zufällig bemerkt.

Wer denkt, so anerkannte Intellektuelle wie Ulrich Greiner (ehemals Feuilletonchef der Wochenzeitung DIE ZEIT) oder Peter Sloterdijk (bekannter Fernsehphilosoph und Karlsruher Großprofessor für Philosophie und Ästhetik) könnten doch unmöglich zu den Vertretern des rechten Grauens gezählt werden, wird eines besseren belehrt. Es ist offenbar nicht Zufall, sondern hat Methode, wenn Greiner über Heimatlosigkeit, unkontrollierte Flüchtlingsströme, die Globalisierung und Islamisierung, die »Genderideologie« und die Allmacht der Grünen räsoniert. Brosches Aufweis der teils ausdrücklichen Bezüge zu nationalistischen Denkern und Demokratieverächtern ist auf den Seiten 12 bis 25 ausführlich nachzulesen. Ein Ausrutscher war auch Sloterdijks Versuch, die Menschen nach »ihrem Rank« oder ihrer »existenziellen Wertigkeit« zu unterscheiden, nicht. Brosche legt das detailliert und schmerzhaft deutlich dar. Er nennt Sloterdijk wohlbegründet einen »Professor Unrat«. Vieles von dem, was sein Schüler Marc Jongen als kulturpolitischer Vordenker in die AfD einbringt, sei bereits bei Sloterdijk vorgedacht oder auch vorformuliert. (41-61) Rückgriffe auf die griechische Mythologie, wie sie Sloterdijk ausführlich für seine Welterklärung heranzieht, nimmt Brosche unter dem bezeichnenden Titel »Humbug und Hoax« (44) kritisch unter die Lupe. Sein Ergebnis ist nicht leicht von der Hand zu weisen.

Erstaunlich anregend für Brosches Analysen sind die eingestreuten Bezugnahmen auf den Zombiekult der letzten Jahre, der in zahlreichen Filmen und weiterem popkulturellem Schaffen Ausdruck gefunden hat. Hilfreich, jedoch nicht immer zwingend, sind auch seine psychoanalytischen Deutungsangebote zum Verständnis von zunächst verblüffenden Windungen und Rochaden (von links bis ganz rechts) in den Biographien der vorgestellten Zombies und »üblen Zeitgenossen«. Die angedeutete Versuchung zum Mitleid mit den »älteren Herren« Matussek und Broder, die – einst hoch angesehene Journalisten – heute zu Hofnarren verkommen seien, wird durch die differenzierten biografischen Reflexionen unvermeidbar; die Analyse ihrer heutigen Rolle als Stichwortgeber gegen Flüchtlinge, »Kulturfremde«, Feminismus, für Islamophobie und Homophobie bleibt gleichwohl unbestechlich. Ein anderer roter Faden, der sich durch mehrere Essays zieht, ist die Rolle des rechtskatholischen Milieus, das der Neuen Rechten teils verdeckt, teils offen zuarbeitet: Ulrich Greiner, Birgit Kelle und Matthias Matussek sind hier medial vielfach präsente Protagonisten. Ob die von Brosche en passant mitgegebene Überzeugung, dass Religionen und so auch das Christentum per se nur mit einem autoritär-hierarchischen Staatsverständnis kompatibel sind und bleiben, verdiente eine eigene Diskussion.

Zusammenfassend: Brosche, renommierter Autor und Journalist, zieht der konservativen und angeblich ahnungslosen Bürgerlichkeit (»das haben wir nicht gewusst«) die Maske vom Gesicht. Er macht das mit seinen Mitteln: vor allem einer immensen Belesenheit und kritischen Aufmerksamkeit gegenüber sprachlichen und politischen Zugehörigkeiten. Sein Blick für psychosoziale Dispositionen und seine bildmächtige Sprache, die auch Spott und provokante Zuschreibungen einschließt, machen ihn zu einem Aufklärer im besten Sinne. Als Streiter für Meinungsfreiheit, Menschenwürde und Demokratie, der nicht wegschaut und nichts schönredet, spießt er mit spitzer Feder Rechtstendenzen und bürgerlich verbrämte Bezüge zur Naziideologie auf. Für distanzierte »Ausgewogenheit« bleibt da kein Platz. Wunderbar. Ein Lesevergnügen – trotz des bitterernsten Themas. Nebenbei: auch trotz so mancher ausgefallener Begriffe und Metaphern; manche Leser*innen werden (wie der Rezensent) das eine oder andere Fremdwort nachschlagen, wenn sie alles genau verstehen wollen.

Das Buch sei vorbehaltlos zur Lektüre empfohlen. Zuerst allen Journalist*innen und Aktivist*innen gegen rechts sowie Menschen, die in Politik oder Erwachsenenbildung Aufklärungsarbeit betreiben. Politisch wache Zeitgenoss*innen, die die Fundamente der Neuen Rechten verstehen wollen, um ihr auf allen Ebenen (und nicht nur einigen Parolen) informiert widerstehen zu können, werden es mit Gewinn lesen.

(Dr. Dr. Richard Geisen war bis zum Frühjahr 2019 Leiter des Fachbereichs Arbeitswelt und Sozialpolitik am Sozialinstitut Kommende Dortmund)

Eli E. Hertz: Palästinenser entwerfen UN-Resolution gegen israelische Siedlungen

Eli E. Hertz, Präsident der NGO Myths and Facts, kommentiert Bestrebungen der „palästinensischen“ Autonomiebehörde, vor den Vereinten Nationen eine Verurteilung jüdischer „Siedlungen“ zu erreichen. Mit Erlaubnis des Autors veröffentlichen wir eine Übersetzung seines Kommentars:

Palästinenser entwerfen UN-Resolution gegen israelische Siedlungen
von Eli E. Hertz

Forderungen nach einem Einfrieren jüdischer Bauarbeiten in den umstrittenen Gebieten – während die arabischen Bautätigkeiten, die die jüdische weit übertreffen, unkommentiert andauern – sind offensichtlich einseitig.

Die Araber behaupten, jüdische Siedlungen würden eine „Statusveränderung“ der Gebiete und einen Verstoß gegen die Osloer Abkommen darstellen. Der Begriff meint (allein) Akte, die den politischen Status eines umstrittenen Gebiets ändern – wie etwa eine vollständige Annexion durch Israel oder die Ausrufung eines palästinensischen Staates. Weil jüdische Siedlungen legal sind, sollte jede Unterbrechung von Bautätigkeiten widersprochen werden.

Die Verträge von Oslo verbieten weder israelische noch arabische Siedlungen. Vorwürfe, daß der weitere Ausbau jüdischer Siedlungen das Ergebnis von Verhandlungen vorwegnehmen würde, indem er Fakten schaffe, erfordern Widerspruch. Wenn die Westbank und Gaza de jure Teil des Britischen Mandats und wenn die Grenzziehung des Mandats das letzte Dokument mit Gesetzeskraft für diese Gebiete sind; da zudem Juden 1948 gewaltsam aus der Westbank und Gaza während eines Angriffskriegs, der sich gegen sie richtete, vertrieben wurden, dann müssen diese Territorien mindestens als umstrittene Gebiete gelten.

Der israelisch-palästinensische Grenzstreit unterscheidet sich nicht von anderen großen oder kleineren Grenzstreitigkeiten rund um den Globus. Da die Westbank und Gaza 1967 in einem Verteidigungskrieg zurückerobert wurden und keine „okkupierten Gebiete“ sind, die eine angreifende Macht illegal unter ihre Kontrolle brachte; da diese Fakten in den Worten der UN-Resolutionen 242 und 338 anerkannt werden, die eine Vereinbarung fordern, die „sichere und anerkannte Grenzen“ gewährleistet, sollten – logischerweise – Rufe nach einer Unterbrechung jüdischer Bautätigkeit von solchen begleitet werden, die eine Einstellung arabischer Bauarbeiten in der Westbank verlangen.

Das zweite Osloer Abkommen erkennt de facto den speziellen Status und die Sicherheitsbedürfnisse jüdischer Gemeinden in der Westbank an.

Das Abkommen regelt die Beziehungen zwischen Palästinensern und Israelis, indem es drei Typen von Verwaltung etabliert: volle palästinensische Selbskontrolle in rein arabischen Gebieten (Area A), israelische zivile und militärische Kontrolle in ausschließlich jüdischen Territorien (Area C) sowie palästinensische zivile Verwaltung unter israelischer militrärischer Kontrolle in gemischten Gebieten (Area B). Ein Endstatus soll erst noch ausgehandelt werden, so daß die Bezeichnung „im Sinne des Rechts umstrittene Gebiete“ angemessen ist und ihren Status korrekt beschreibt.

Statt eine Vereinbarung auszuhandeln, wozu sie im September 1993 ihre Zustimmung gaben, entschieden die Palästinenser sich, ihr bindendes Versprechen zu brechen und verstärkt Terror als politische Waffe in ihrem niedrigschwelligen Angriffskrieg zu nutzen.

Die Status-Frage wurde durch die Palästinenser zweckentremdet und entstellt, um die jüdische Bautätigkeit einzuschränken. Weder „Oslo I“ 1993 (die Deklaration von Prinzipien) noch 1995 Oslo II (Interims-Abkommen) verlangen verbindlich, daß die Errichtung von Siedlungen, Wohnvierteln, Häusern, Straßen oder anderen Bauten beendet werden muß, bevor ein endgültiges Abkommen zwischen den Parteien geschlossen wird. Nach Angaben eines früheren offiziellen Bauplaners übertrifft die Geschwindigkeit der arabischen Bauarbeiten „[in den Gebieten] die [durch die israelische Regierung] genehmigter Bauten für [jüdische] Siedler um mehr als das Zehnfache“. Forderungen nach einer Unterbrechung jüdischer Bautätigkeiten – während die arabischen ohne Protest weitergehen – sind unfair, gerade auch angesichts der Tatsache, daß Juden 1948 mit Gewalt aus diesen Gebieten vertrieben wurden.

Es gab, ganz unabhängig von Rechtsfragen, vor 1967 keine jüdischen Siedlungen (mehr) in der Westbank, und in den ersten zehn Jahren der sogenannten „Okkupation“ gab es nahezu keinen jüdischen Siedler in der Westbank. Und dennoch gab es keinen Frieden mit den palästinensischen Arabern. Die Behauptung, daß jüdische Siedlungen ein Hindernis für Frieden darstellen, ist ein Ablenkungsmanöver, mit dem Israel für fehlenden Fortschritt im Friedensprozeß verantwortlich gemacht werden soll, während sie der palästinensischen Führung ermöglicht, jede Form eines Kompromisses und Aussöhnung abzulehnen.

Weil ganz offenkundig die Araber die Aggressoren waren, wird nirgends in den Resolutionen 242 und 338 des UN-Sicherheitsrats – den Eckpfeilern eines Friedensabkommens – Israel als Invasor oder Okkupant der Gebiete bezeichnet und Israel auch nicht aufgefordert, sich aus allen Gebieten zurückzuziehen. Palästinensische Behauptungen, die Worte der Resolution 242 seien „absichtsvoll mehrdeutig“ oder würden falsch gedeutet, entbehren jeder Grundlage.

In What Weight to Conquest schreibt Stephen M. Schwebel, ein früherer Präsident des Internationalen Gerichtshofs:

„Wenn der frühere Halter eines Gebiets [Jordanien] es rechtswidrig in seine Gewalt brachte, sind die Ansprüche des Staates, in dessen Gewalt es in der Folge einer gesetzmäßigen Selbstverteidigung [Israel] geriet, höher zu bewerten als die des früheren Halters.

Von Israel, das sich 1948 und 1967 verteidigte, auf der einen Seite, und seinen arabischen Nachbarn, die 1948 und 1967 angriffen, auf der anderen sind israelische Ansprüche auf Gebiete, die zum Mandat Palästina gehörten, berechtigter, Jerusalem eingeschlossen.“

Die Welt sollte verstehen: Die illegale arabische Aggression gegen die territoriale Integrität und die politische Unabhängigkeit Israels kann und darf nicht belohnt werden.

Killerargumente

Mahmoud Zahar, Top-Funktionär der Hamas, muss sich keine Sorgen machen, dass seine heute gemachten Äußerungen im Westen kolportiert werden, weil dann nämlich offensichtlich würde, für wen das juste millieu der „Palästina-Solidarität“ das politische Bett gemacht hat.

„Ihr lebt nicht wie Menschen“, ist Zahar wörtlich zu zitieren. „Ihr akzeptiert die Homosexualität! Und nun kritisiert ihr uns?“

Das klingt, als wär‘s die übliche Einlassung eines nicht ganz stubenreinen Köters, der nicht einsehen kann oder will, warum Herrchen und Frauchen mit ihm schimpfen, wenn er zum widerholten mal auf den Teppich gemacht hat.

Warum auch sollte jemand wie Zahar sich hinsichtlich negativer Sanktionierung irgendwelche Gedanken machen – ist doch auch sonst immer gut gegangen!

Es steht nicht zu erwarten, dass irgendeine veröffentlichte Meinung sich darum erregt, wenn die – wie lückenhaft auch immer realisierte – Gewährung universeller Menschenrechte ausgerechnet als Argument gegen die Universalität von Menschenrechten an und für sich instrumentalisiert werden soll.

Und: Ist in Zeiten sich verschärfenden Sozialneids „Zack, zack, Rübe ab“ kein Motto auf der Linie des autochthonen völkischen Antikapitalismus, der jeden noch so prekären Sozialkomfort bestraft sehen möchte, nicht zuletzt um von der Bestialität des eigenen Verrats am Gattungswesen abzulenken?

Voraus ging Zahars Worten übrigens ein erneuter Beschuss des südlichen Israel mit Mörsern. Dass ihre übliche diplomatische Protestnote diesmal nicht ungelesen im Papierkorb landete, sondern von Zahar mit so typischen Worten quittiert wurde, mag den EU- und sonstigen Diplomaten zu denken gegeben haben, vermutlich aber nicht.

Im selben Zusammenhang hatte Zahar zum Besten gegeben, Europa fördere die „Promiskuität“ und „politische Hypokrisie“; eine psychologische Kapriole, bei der im zuerst genannten „Vorwurf“ wohl der Wunsch der Vater des Gedankens sein mag.

Der zweite jedoch trifft mit Sicherheit ins Schwarze pathischer Projektion, denn von „politischer Hypokrisie“ versteht man bei der Hamas gerade genug, um sie zum Zwecke der Vorverdrängung dem Gegner zu unterstellen.

Ist das Ganze nicht mehr und nicht weniger als das übliche wahnhafte Gestammel, wie man es vom Top-Funktionär des Vertriebenenverbands mit Sitz in Gaza-City, sowie seinen Fans und Groupies im Westen, nicht anders kennt und erwartet, werden Zahars Phantasmagorien im nächsten Satz dann vollends drollig:

„Wir sind diejenigen, die Frauen respektieren und ehren – nicht ihr!“

Spätestens jetzt müssten alle vom denkenden Teil der Menschheit sich fragen, für wie blöd sie gehalten werden; für die Frauendeck-Partei, die sich ihr Ressentiment zum Tabu veredelt, spielen Fragen der Intelligenz offenbar schon lange keine theoretisch-praktische Rolle mehr.

Die Beleidigung der Wahrheit durch Mahmoud Zahar wird in dem Maß jenseits der Kritik stehen, in dem es diskursiv gelingt, für seine Meinung das Jenseits religiöser Gefühle zu reklamieren; Spiegel, taz und ARD-Monitor sei insbesondere die folgende Äußerung als äußerst zitierfähiges Killerargument für die ideologische Verbrämung autodestruktiver Ressentiments anempfohlen:

„Wir haben das Recht, unser Leben gemäß unserer Religion zu bestimmen, nicht nach eurer Religion. Ihr habt keine Religion. Ihr seid weltlich.”

Wenn er damit wenigstens recht hätte, denn um einen „weltlichen“ Westen müsste man sich viel weniger Gedanken machen als um einen, der seinen ungeglaubten Glauben an die Religion der Liebe nun auch noch um den an die Religion des Friedens ergänzt.

Business as usual

Beim misslungenen Abschuss einer Kassam-Rakete wurden am Mittwoch in Rafah dreizehn Menschen verletzt, darunter drei Frauen und fünf Kinder.

Es ist unwahrscheinlich, dass diese schreckliche Meldung in den Redaktionen von taz bis Der Spiegel, von Junger Welt bis Neuem Deutschland etwas verursacht, das auch nur entfernt an Nachdenken erinnert; geschweige denn, dass Kritik an der menschenverachtenden Praxis der Hamas laut würde.

Von den üblichen Verdächtigen der mit reichlich Staatsknete gepolsterten NGOs, von Pax Christi bis Peace Now – die im Staatsauftrag da weiter machen sollen, wo der demokratische Rechtsnachfolger des Deutschen Reichs nicht ohne weiteres hinkommt, solange der BRD-Staat es noch im Ansatz ernst mit sich meint – wird ebenfalls keinerlei Kritik zu hören sein angesichts dieser durch und durch vermeidbaren „zivilen Opfer“.

Und auch auf eine einstimmig verfasste Resolution vom Deutschen Bundestag wird die Öffentlichkeit vergebens warten; eine Resolution, die das Ereignis denunzierte als das, was es ist: „Staats“-Terror der Hamas gegen die eigene Zivilbevölkerung.

Die Öffentlichkeit wird nichts dergleichen erleben, weil die Opfer in diesem Fall durch den ideologisch falschen Feind, nämlich die Hamas, verursacht wurden.

Durch jene Hamas, der es gelingt, sich der in Deutschland veröffentlichten Meinung als „Opfer“ der „Zionisten“ anzudienen, und die im Vorwege zu einer „Diskussionsveranstaltung“ in Bad Boll vom außenpolitischen Sprecher der SPD diskursiv zum mildtätigen Wohlfahrtsverein frisiert wurde.

Es werden das deutsche Gutmenschentum, insbesondere die moralischen Herrenreiter dem Namen nach „linker“ Provenienz, auch dreizehn Verletzte nicht auf die Idee bringen, Kassam wäre gar nicht arabisch für Sylvester-Knaller.

Es ist vielmehr davon auszugehen, dass von der Öffentlichkeit, die es „gut“ meint – erstens und letztens mit sich selber– auch weiterhin ostentativ am Offensichtlichen vorbei geguckt wird: nämlich an der Frage, was Frauen und Kinder bei einem Raketenabschuss zu suchen haben.

Natürlich wird niemand auf die Idee kommen, jetzt würden auch Zivilisten von der Hamas im Terror unterrichtet, im Krieg gegen Israel.

Auch wird angesichts des Offensichtlichen keine deutsche Gutmenschin, kein deutscher Gutmensch, der oder die es ernst mit sich meint, in Frage stellen, dass die Information der IDF, wonach Hamas und Hizballah ihre Waffen bevorzugt in „zivilen“ Einrichtungen verstecken, „erstunken und erlogen“ sei.

Und letztlich ist es unvorstellbar, dass es irgendeiner anti-imperialistisch oder sonst wie ideologisch bornierten „Links“-Gruppierung – etwa der Partei gleichen Namens – nicht gelingen würde, die fünf verletzten Kinder und drei verletzten Frauen als „Helden“, wenn nicht gleich als „Märtyrer“, des „anti-zionistischen“ „Widerstands“ zu annoncieren.

Also jenes antisemtisch motivierten Terrors, der für das moralisch erhabene „Links“-Menschentum aus deutschen Landen die Stelle des gewünschten Eigenen vertritt: Opfer der Juden zu sein – eben business as usual im autochthon „linken“ Verblendungszusammenhang.

Gastkommentar: „Mächtiger Rebbe“ bei SPON gesichtet

Rabbi Ovadia Jossef, das spirituelle Oberhaupt der Shas-Partei – 2009 erhielt sie rund 8.5 Prozent der Stimmen -, ist bekannt für manch gestrenges Urteil. Das weltlich ausgerichtete Schulsystem Israels beispielsweise sei, so der 1920 in Bagdad Geborene, von „Narren, die sich wie Tiere benehmen“ erdacht worden.

Nun hat Rabbi Ovadia Josef mit der ihm eigenen Offenheit Feinden Israels eine göttliche Strafe gewünscht.

Und während etwa SPIEGEL online es nicht meldenswert findet, trauert der „Palästinenserpräsident“ Abu Mazen öffentlich um einen verstorbenen Drahtzieher eines terroristischen Mordanschlags auf israelische Sportler – was nicht folgenlos bleibt -, hat das Portal in Ovadia Jossef nun einen Weisen von Zion„mächtigen Rabbi“ entdeckt.

Ein Gastkommentar von G.L.

„Mächtiger Rebbe“ bei SPON gesichtet

Spiegel online – immer für eine anti-semitische „israelkritische“ Überraschung gut – hat den Menschenzoo des deutschen moralischen Herrenmenschentums gemeinen Bildungsbürgers und Meinungsmachers um eine ganz besondere Attraktion bereichert: den „mächtigen Rabbi“.

Von dem weiß eine echt spiegelmäßige Überschrift, er habe „allen Palästinensern die ‚Pest‘ (ge)wünscht.

Wahrscheinlich hat man weder Kosten noch Mühen gescheut, um an diese Sensation zu kommen, und Ulrike Putz kann sich endlich was Warmes zum Anziehen kaufen, denn die Winter in Jerusalem sind ja bekanntlich recht kühl.

Aber es gibt auch einen Wermutstropfen. Mit ihrer ungemein typischen Überschrift hat die SPON-Journaille erneut die Chance vertan, echt anti-semitische pardon: echt deutsche Chuzpah zu zeigen.

Hätten sie bei SPON statt vom „mächtigen Rabbi“ von einem mächtigen Hexenmeister geschrieben, wäre mit dieser Formulierung die Vorstellung, die man sich im Haus an der Brandstwiete von den Juden im allgemeinen und vom Rabbiner im besonderen macht, bestimmt viel genauer getroffen gewesen.

Übrigens halte ich es für ein Gerücht, dass Greta Berlin und unsere liebe Edith schon mal ihre Aliberts nach abgelaufenen Ohrentropfen und sonstigen unnützen Kinkerlitzchen durchwühlen – falls von ihren geliebten Mördern und Terroristen Verzweifelungstätern der eine oder die andere tatsächlich krank zu werden droht.

Gemeint ist mit dieser SPON-Überschrift, die danach schreit, noch mehr Tarrantino- oder Disney-Filme – oder besser gleich palästinensisches Kinderfernsehen – zu gucken, bis der Unterschied zwischen Dichtung und Wahrheit obsolet zu werden beginnt, weil sich die Großhirnrinde auflöst, äh… gemeint ist: Rev Ovadia Yosef, der geistige Vordenker der Shas-Partei.

Über dessen „Mächtigkeit“ gibt das Ergebnis der letzten Knesset-Wahl sehr genau Auskunft: 8,5%. Aber was die deutsche Journaille sich niemals vorwerfen lässt, ist ein funktionierender Bezug zur Wirklichkeit.

Mithin hat der „mächtige Rabbi“ deutlich weniger Macht als die „Grünen“ oder die „Links“-Partei im Deutschen Bundestag, zu dem man trotz der Einstimmigkeit seiner Beschlüsse, wenn es um „die Juden“ Israel geht, doch noch nicht wieder Krull-Oper sagen darf.

Aber keine Sorge, liebe Märchenonkel und -tanten von SPON et al.: Angesichts der gegenwärtigen Entwicklung kann’s nicht mehr lange dauern, und Sie können endlich wieder auch ganz ernsthaft von der zionistischen Weltverschwörung schreiben. Die alten Manuskripte von Horst Mahnke und Augsteins anderen dicken Freunden liegen bestimmt sicher im Nationalarchiv verwahrt.