SPIEGEL online erwacht

Was schreibt ein „Nachrichten-Magazin“, um sein reichlich verspätetes Entdecken eines Themas zu entschuldigen? „Als der Fall noch keine großen Schlagzeilen gemacht hatte“. „Zur Vorgeschichte“. Schöne Floskeln. Und auch eine schöne Selbstdemontage einer angeblich objektiven Berichterstattung.

Denn natürlich gab es mindestens eine unübersehbar große Schlagzeile, nämlich jene im schwedischen AntisAftonbladet am vergangenen Montag. Aber, und damit erklärt sich dann auch der späte Auftritt des Portals, eine unbelegte wie ungeprüfte antisemitische Attacke gegen Israel regt bei SPIEGEL online niemanden auf.

Die israelischen Reaktionen darauf – mehr als berechtigt – sind es, die erwähnenswert scheinen. Sie passen auch so schön ins geliebte Zerrbild: „Israels ultrarechter Außenminister Avigdor Lieberman, der öffentliches Poltern als Markenzeichen pflegt, heizt den Streit seit Tagen an.“ Da ist er wieder, der verdammte Jude, der die Ruhe der Gerechten böswillig stört.

Und er hört auch nicht einfach auf, der Jude, sondern legt noch nach:

„Am Sonntag folgte eine neue Attacke Liebermans [..]. Aus dem Außenministerium sickerte durch, dass der geplante Besuch des schwedischen Außenministers Carl Bildt in Israel verschoben werden könnte. Die andere Option: Mit Bildt solle ausschließlich über den Zeitungsbericht gesprochen werden. Andere Themen wie beispielsweise der Ausbaustopp in jüdischen Siedlungen oder der Wiederaufbau des Gazastreifens blieben außen vor.“

Israel als Täter und dagegen das arme Schweden mit einer armen Regierung, von der schier Unerfüllbares verlangt wird.

„‚Niemand kann fordern, dass die schwedische Regierung gegen ihre eigene Verfassung verstößt‘, sagte Ministerpräsident Frederik Reinfeldt. Die Meinungsfreiheit sei ein unentbehrlicher Bestandteil der schwedischen Gesellschaft.“

Was wollen die schwedische Regierung und SPIEGEL online damit sagen? Israel hat keinen Respekt vor der schwedischen Verfassung? Der „Polterer“ Lieberman, früher Türsteher, wie unterdessen ein deutscher Staatsrundfunker natürlich nicht zu erwähnen vergaß, will die Meinungsfreiheit abschaffen?

SPIEGEL online, ist allerdings zu befürchten, würde erst etwas merken, wenn es zu spät ist.