Bernhard Zand: Wirre Ideen eines Kommentators

Für SPIEGEL online hat Bernhard Zand hinge- und eine „israelische Farce“ durchschaut. So hat er herausgefunden, „niemand in der israelischen Regierung ist derzeit an Friedensverhandlungen interessiert, weder die Falken noch die Tauben“, was gewiß schlimm ist. Denn „die arabischen Regime dagegen sind heute so fügsam wie lange nicht“:

„Einstimmig hatten sie die Palästinenser vor Bidens Besuch aufgerufen, in eine neue Verhandlungsrunde mit Israel einzutreten. Vielen von ihnen wäre ein Frieden in Nahost inzwischen ganz recht.“

Das wirft Fragen auf. Wie beispielsweise hätte Bernhard Zand die Lage vor, sagen wir, vier Wochen eingeschätzt? Die „Palästinenser“ mußten aufgerufen werden, um „in eine neue Verhandlungsrunde mit Israel einzutreten“. Israel also war bereit, die „Palästinenser“ nicht. Als Beleg für seine kühne These notiert Bernhard Zand, Mossad-Agenten hätten „im Januar [..] ausgerechnet Dubai als Tatort für die gezielte Tötung“ eines Terroristen genutzt.

Uns haben Mossad-Agenten heute die Post gebracht. Beweisen können wir es indes so wenig, wie Bernhard Zand eine Mossad-Mission in Dubai. Wenn den „fügsamen“ arabischen Regimes an einem Frieden gelegen ist, müßten sie freilich erfreut darüber sein, daß mit der Ausschaltung Mahmoud al-Mabhouhs der Waffennachschub für die Hamas wenigstens gestört wurde, die auch als Stellvertreter Irans agiert.

Jenes Irans, dessen „rabiate Rhetorik und [dessen] Atomprogramm die Araber genauso fürchten wie die Israelis“. Am Friedensunwillen der „Palästinenser“ dagegen konnte der gewaltsame Tod Mahmoud al-Mabhouhs nichts ändern. Die Hamas bekräftigte ihre bekannten Ziele, und Abu Mazen mußte erst noch aufgerufen werden, „in eine neue Verhandlungsrunde mit Israel einzutreten“. Nachher gab es einen Terroristen weniger. Mehr nicht.

Als Beweis dafür, daß „niemand in der israelischen Regierung [..] derzeit an Friedensverhandlungen interessiert“ ist, taugt Mahmoud al-Mabhouhs Tod also nicht. Er ist, sofern der Mossad dafür verantwortlich ist, der Beleg dafür, daß Israel nach einem Frieden strebt – ganz in Übereinstimmung mit „vielen von ihnen [arabischen Regimes]“, denen „ein Frieden in Nahost inzwischen ganz recht“ wäre.

„Im Februar“, weiß Bernhard Zand, „erklärte Netanjahu die Gräber der (auch den Christen und Muslimen) heiligen Rachel und des Abraham zum ‚zionistischen Kulturerbe'“, was ein weiterer Akt böswilliger Unfriedensstiftung gewesen sein soll. Der Zionismus wurde in der Bibel erfunden. Das ist neu. Tatsächlich hat die israelische Regierung nicht die geringste Absicht, die Verwaltung dieser Heiligtümer selbst zu übernehmen, das macht die Waqf.

Und damit ist jede Aufregung um beide Heiligtümer nichts als Ausdruck „palästinensischer“ Hysterie, die von PA wie Hamas ganz sicher nicht geschürt wird, um sie vor einer drohenden Übernahme durch Israel zu retten. Der Tempelberg in Jerusalem wird nicht durch Israel ständig entweiht, sondern durch randalierende „Palästinenser“, die harmlose europäische Touristen mit Steinen bewerfen.

Ein Ausweis „palästinensischen“ Friedenswillens sind die auch durch die PA angestifteten „Unruhen“ jedenfalls nicht. Beruhigen könnte Israel die „Palästinenser“ durch die Aufgabe seiner Existenz. Und selbst dann wären einige von ihnen noch unzufrieden, weil sie die Juden erklärtermaßen demütigen wollen. Auch hier gibt es also nichts, was Bernhard Zands Unterstellung auch nur im Ansatz belegen könnte.

Bleiben schließlich jene 1.600 Wohnungen, die irgendwann in der Zukunft in Jerusalem errichtet werden sollen. Was für die US-Regierung zu diesem Thema gilt, gilt ebenfalls für die PA und die „fügsamen“ arabischen Regimes: Die von der US-Regierung zuvor ausdrücklich gelobte Haltung der israelischen Regierung zum Status Jerusalems als unteilbarer Hauptstadt Israels hat sich in der vergangenen Woche nicht im geringsten geändert.

Diese Haltung war natürlich der PA bekannt, als sie aufgerufen wurde, „in eine neue Verhandlungsrunde mit Israel einzutreten“. Und sollte Abu Mazen die Absicht gehabt haben, wirklich sich an Gesprächen zu beteiligen, so hat er sie in der Tat schon vor Beginn wieder beendet, weil die israelische Regierung zu diesem Zeitpunkt – also vor möglichen Verhandlungen – ihre Position exakt gar nicht veränderte.

Man muß ticken wie ein Bernhard Zand, der mal eben die Begründung der Hamas für ihren Tag des Zorns unterschlägt, wenn sie nicht zu seiner Argumentation paßt, um den Vorwurf zu konstruieren, „niemand in der israelischen Regierung ist derzeit an Friedensverhandlungen interessiert, weder die Falken noch die Tauben“.

Stimmte die in der Tat dumme Hypothese, bliebe letztendlich noch diese Frage: Wieso mußten die „Palästinenser“ zu Gesprächen gedrängt werden, nicht jedoch Israel?