Am Tag danach, da doch tatsächlich kaum eine Frage mehr offen ist, kommt Ulrike Putz daher und muß sich ihre Voreingenommenheit, die sie als Ahnungslosigkeit tarnt, von der geplagten Seele schreiben:
„Wollten israelische Soldaten wirklich nur einen Baum fällen? Wer schoss zuerst, und welche Rolle spielte ein schiitischer Kommandeur? Einen Tag nach dem Feuergefecht an der israelisch-libanesischen Grenze sind viele Fragen ungeklärt.“
Schon die erste „offene“ Frage der SPIEGEL online-Autorin offenbart, daß für sie einfach nicht sein darf, was nicht sein soll. Israel hatte bei der UNIFIL angekündigt, einen Baum in Israel fällen zu wollen. Die UN–Blauhelme informierten darüber die libanesische Armee, die auf ihre Weise sich darauf vorbereitete.
Auf beiden Seiten waren denn auch UNIFIL-Angehörige anwesend, wobei die Rolle jener Blauhelme, die auf libanesischer Seite nichts unternahmen, den Angriff auf israelisches Territorium zu verhindern, in der Tat hinterfragt werden muß. Doch diese Frage gehört nicht ins Repertoire der Ulrike Putz.
Sie unterstellt, Belege kann sie dafür nicht liefern, Israel mit ihrer Frage, es hätte gestern noch weitere Ziele verfolgt. Welche das sein könnten, zeigt ihre anrührende Schilderung aus dem Libanon:
„Im Libanon ist die Angst vor einem neuen Blutvergießen groß. Das zeigt schon das Straßenbild. Am Dienstagabend um 20.30 Uhr Ortszeit saßen viele Libanesen vor dem Fernseher. Im Fischerstädtchen Tyros im Süden des Landes fassten die Hafenkneipen nicht alle Zuschauer, die wissen wollten, ob der nächste Krieg begonnen habe.“
Und wie verhielt sich die israelische Bevölkerung? Hatte sie keine Angst vor einer kriegerischen Auseinandersetzung? Wollte sie gar eine? Es war Ulrike Putz anscheinend unmöglich zu erfahren, wie Bewohner im Norden Israels den Nachmittag und den Abend verbrachten. Wichtig ist der „Journalistin“ die Wiedergabe von Spekulationen:
„Die israelische Führung spielte dem Bericht zufolge am Dienstag zwischenzeitlich mit dem Gedanken, einen vorab gefassten Angriffsplan umzusetzen und Stellungen der libanesischen Armee im Südlibanon zu bombardieren.“
Hatte die libanesische Armee Pläne? Welche? Fragen, die Ulrike Putz gar nicht erst stellt. So bleibt, zusammen mit ihrer Frage, ob israelische Soldaten „wirklich“ nur einen Baum fällen wollten, der Eindruck, Israel sei gerade noch rechtzeitig wovon auch immer abgebracht worden:
„Nur internationaler Druck und ein Aufschrei der libanesischen Regierung habe Jerusalem davon abgehalten, mit aller Macht auf den Grenzzwischenfall zu reagieren.“
Daß dieser „internationale Druck“, sofern er Israel trifft, eine Zumutung ist, stellt er doch Aggressor und Angegriffenen auf eine Stufe, macht die Antwort auf Ulrike Putz‘ zweite „offene“ Frage deutlich. Die UNIFIL hat sie in seltener Klarheit längst beantwortet: Das Feuer eröffneten unprovoziert libanesische Soldaten, die IDF reagierten auf diesen Angriff:
„The IDF soldiers involved in Tuesday’s deadly clashes with Lebanese forces were standing in Israeli territory when they were fired upon, a UNIFIL representative reportedly said Tuesday night.“
Spätestens mit dieser Klarstellung der Vereinten Nationen wird auch deutlich, auf welcher Seite der Grenze die Kriegshetzer residieren. Der libanesische Präsident Michel Suleiman rief zu den Waffen, das Land gegen den gar nicht stattgefundenen Angriffe des zionistischen Feinds zu verteidigen.
„Suleiman vowed to ’stand up to Israel’s violation of Resolution 1701, whatever the sacrifices are.'“
Und in das Kriegsgeschrei des syrischen Lakaien mischte sich jenes seines Herren, seines formellen syrischen Amtskollegen Bashar Assad.
„Syrian President Bashar Assad told his Lebanese counterpart Michel Suleiman that Syria stands by Lebanon and is willing to provide it with any necessary aid, al-Jazeera reported.“
Im Libanon hatte derweil Hassan Nasrallah, Anführer der Hisbollah, einen Auftritt, den Ulrike Putz so schildert:
„Knapp zwei Stunden lang redete Nasrallah. Er verdammte die ‚israelische Aggression‘. Drohte, beim nächsten Zwischenfall an der Grenze werde seine Miliz der libanesischen Armee in ihrem Kampf gegen den Feind beistehen. Die Wortwahl war martialisch: ‚Die israelische Hand, die nach der libanesischen Armee greift, wird abgehackt.'“
Aber während solcherlei Kriegsgetrommel in Israel nicht zu hören war, solche bewußte Verdrehung der Realität, kommt Ulrike Putz nur diese Frage in den Sinn: „Wollten israelische Soldaten wirklich nur einen Baum fällen?“ Und das ist, gerade angesichts der tatsächlichen Umstände, eben eher Vorwurf denn wirkliche Frage.
Wo also keine Fragen mehr offen sind, fordert Ulrike Putz Aufklärung, wo Fragen hingegen sich aufdrängen, will sie sie gar nicht erst stellen. Das kann Journalismus nur nennen, wem das Ressentiment den klaren Blick auf die Realität nimmt.
1 Comment
Comments are closed.