Der Hafen von Farmagusta liegt im nördlichen Teil Zyperns, der seit Jahrzehnten durch die Türkei völkerrechtswidrig besetzt ist. Im August 1974 floh die gesamte griechische Bevölkerung aus Farmagusta vor den türkischen Invasoren, die die Stadt bombardierten und schließlich mit ihren Panzern einnahmen. Seither gleicht Farmagusta einer „Geisterstadt“, ist „eine Stadt in [türkischer] Geiselhaft“. Den geflohenen Bewohnern wird die Rückkehr verweigert.
Ausgerechnet diesen Ort ungesühnten und fortdauernden Unrechts wählten am Sonntag einige Juden, ihr Jewish Boat to Gaza auf die Fahrt gegen Israel zu schicken. Mit ihrer „symbolischen Hilfe“, die von „Nachrichtenagenturen“ und Medien zu „Hilfsgütern“ hochgestapelt wurde, wollten die nicht erst auf See irre gewordenen Passagiere „das Gesicht des humanen Judentums zeigen“ in Gaza, das „eher ein Gefängnis oder ein Getto ist“.
Wie groß die Not ist im „Gefängnis“ oder „Ghetto“, wie human das selbsternannte „humane Judentum“ einer Edith Lutz oder eines Reuven Moskovitz, läßt sich mittlerweile recht genau beziffern. Nachdem ihr auf den Namen Irene getaufter Katamaran durch die israelische Marine nach Ashdot umgeleitet wurde, konnten dort drei Rucksäcke voller Spielzeug für Gaza sichergestellt werden. Drei in jeder Hinsicht lächerliche Rucksäcke voller Plunder.
Damit dürfte es Edith Lutz und Co. in der Tat gelungen sein, die Großzügigkeit ihrer gutmenschelnden Konkurrenz aus dem Libanon in den Schatten zu stellen. Im Februar 2009 hatten libanesische „Menschenrechtsaktivisten“ ein Schiff mit „Hilfsgütern“ auf die Reise nach Gaza geschickt. In Ashdot, wohin die Tali damals ebenfalls umgeleitet wurde, konnte die Fracht inspiziert werden: Sie bestand aus kaum mehr als 100 Flaschen Mineralwasser.
Nachdem nun also auch die Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost (EJJP Deutschland) anschaulich zeigte, wie schlimm die in Gaza herrschende Not ist, bleibt freilich eine Frage an Edith Lutz und ihre Mitorganisatorin Kate Katzenstein-Leiterer. Im öffentlich-rechtlichen Staatsfunk prahlte Edith Lutz, „wir haben viele Spenden hier von Schulkindern bekommen, gefüllte Ranzen mit Schulmaterial [..], etwas Spielzeug und ein bisschen Bekleidung. Dann haben wir sehr viele Musikinstrumente.“
Auf einer ihrer Websites präsentiert die Jüdische Stimme stolz unschuldige Kinder und deren zahlreiche Spenden. „Möchtest du“, hatte Edith Lutz auf einem Flugblatt gefragt, „möchtest du einem Kind ein Buch schenken? Oder etwas zum Malen? Oder Schreibmaterial? Oder Spielsachen? Oder deinen alten, noch gut erhaltenen Ranzen?“ Und versprochen wurde, die Geschenke würden „auf ein Schiff geladen, das nach Gaza fährt“.
Geblieben sind von all den Geschenken – drei Rucksäcke, die „in den Kofferraum eines Privatautos“ passen. Was wurde also aus den „viele[n] Spenden hier von Schulkindern“, aus den „vielen Musikinstrumenten“, die nie in Gaza ankommen sollten? Wurden zahllose Schulkinder in Deutschland nicht nur über die Lage in Gaza belogen, sondern auch noch deren Hilfsbereitschaft eiskalt mißbraucht? Wo sind beispielsweise „die Geschenke des Kippenberg-Gymnasiums, Bremen“?