Mahmoud Zahar, Top-Funktionär der Hamas, muss sich keine Sorgen machen, dass seine heute gemachten Äußerungen im Westen kolportiert werden, weil dann nämlich offensichtlich würde, für wen das juste millieu der „Palästina-Solidarität“ das politische Bett gemacht hat.
„Ihr lebt nicht wie Menschen“, ist Zahar wörtlich zu zitieren. „Ihr akzeptiert die Homosexualität! Und nun kritisiert ihr uns?“
Das klingt, als wär‘s die übliche Einlassung eines nicht ganz stubenreinen Köters, der nicht einsehen kann oder will, warum Herrchen und Frauchen mit ihm schimpfen, wenn er zum widerholten mal auf den Teppich gemacht hat.
Warum auch sollte jemand wie Zahar sich hinsichtlich negativer Sanktionierung irgendwelche Gedanken machen – ist doch auch sonst immer gut gegangen!
Es steht nicht zu erwarten, dass irgendeine veröffentlichte Meinung sich darum erregt, wenn die – wie lückenhaft auch immer realisierte – Gewährung universeller Menschenrechte ausgerechnet als Argument gegen die Universalität von Menschenrechten an und für sich instrumentalisiert werden soll.
Und: Ist in Zeiten sich verschärfenden Sozialneids „Zack, zack, Rübe ab“ kein Motto auf der Linie des autochthonen völkischen Antikapitalismus, der jeden noch so prekären Sozialkomfort bestraft sehen möchte, nicht zuletzt um von der Bestialität des eigenen Verrats am Gattungswesen abzulenken?
Voraus ging Zahars Worten übrigens ein erneuter Beschuss des südlichen Israel mit Mörsern. Dass ihre übliche diplomatische Protestnote diesmal nicht ungelesen im Papierkorb landete, sondern von Zahar mit so typischen Worten quittiert wurde, mag den EU- und sonstigen Diplomaten zu denken gegeben haben, vermutlich aber nicht.
Im selben Zusammenhang hatte Zahar zum Besten gegeben, Europa fördere die „Promiskuität“ und „politische Hypokrisie“; eine psychologische Kapriole, bei der im zuerst genannten „Vorwurf“ wohl der Wunsch der Vater des Gedankens sein mag.
Der zweite jedoch trifft mit Sicherheit ins Schwarze pathischer Projektion, denn von „politischer Hypokrisie“ versteht man bei der Hamas gerade genug, um sie zum Zwecke der Vorverdrängung dem Gegner zu unterstellen.
Ist das Ganze nicht mehr und nicht weniger als das übliche wahnhafte Gestammel, wie man es vom Top-Funktionär des Vertriebenenverbands mit Sitz in Gaza-City, sowie seinen Fans und Groupies im Westen, nicht anders kennt und erwartet, werden Zahars Phantasmagorien im nächsten Satz dann vollends drollig:
„Wir sind diejenigen, die Frauen respektieren und ehren – nicht ihr!“
Spätestens jetzt müssten alle vom denkenden Teil der Menschheit sich fragen, für wie blöd sie gehalten werden; für die Frauendeck-Partei, die sich ihr Ressentiment zum Tabu veredelt, spielen Fragen der Intelligenz offenbar schon lange keine theoretisch-praktische Rolle mehr.
Die Beleidigung der Wahrheit durch Mahmoud Zahar wird in dem Maß jenseits der Kritik stehen, in dem es diskursiv gelingt, für seine Meinung das Jenseits religiöser Gefühle zu reklamieren; Spiegel, taz und ARD-Monitor sei insbesondere die folgende Äußerung als äußerst zitierfähiges Killerargument für die ideologische Verbrämung autodestruktiver Ressentiments anempfohlen:
„Wir haben das Recht, unser Leben gemäß unserer Religion zu bestimmen, nicht nach eurer Religion. Ihr habt keine Religion. Ihr seid weltlich.”
Wenn er damit wenigstens recht hätte, denn um einen „weltlichen“ Westen müsste man sich viel weniger Gedanken machen als um einen, der seinen ungeglaubten Glauben an die Religion der Liebe nun auch noch um den an die Religion des Friedens ergänzt.