Bündnis 90/Die Grünen, eine deutsche Wohlfühlpartei durch und durch, traf zur Selbstvergewisserung sich am vergangenen Wochenende in Freiburg zu einem Bundesdelegiertenkonferenz genannten Parteitag, auf dessen Programm, wie sollte es auch anders sein, die Lösung des Nahost-Konflikts stand.
Nun liegen, vermuten wir, in der Parteizentrale zwar weder Beratungsgesuche der israelischen Regierung noch der Hamas oder der PA vor, doch so ausgedrücktes Mißtrauen kann eine deutsche Partei nicht davon abhalten, ungefragt eine Meinung zu formulieren und, selbstverständlich, vermeintlich gute Ratschläge.
Und so liegen sie nun vor, die neuen Grundlinien grüner Nahostpolitik. Sie sind nicht wirklich neu, und sie beginnen mit einer Rechtfertigung weltweiten islamischen und antisemitischen Terrorismus‘:
„Frieden im Nahen Osten wäre ein enormer Schritt hin zu einem friedlicheren 21. Jahrhundert. Kein anderer Konflikt strahlt in vergleichbarer Weise politisch und religiös so weit über die betroffene Region hinaus wie der israelisch-arabische und israelisch-palästinensische Konflikt.“
Wer nun meint, diese Formulierung sei eine neutrale, benennt sie doch nur einen – oder mehrere? – Konflikt ohne einer der beteiligten Seiten eine Verantwortung zu unterstellen, irrt. Was an dieser Stelle nämlich noch unterbleibt, wird in einer Textwüste, die sich ausgewogen gibt, genau das aber nicht ist, nachgeholt.
Begonnen wird die Analyse mit Gefühlen der israelischen Bürger:
„In den Augen der meisten Israelis waren die einseitigen Rückzüge aus dem Südlibanon und dem Gazastreifen Vorleistungen für einen Frieden, der sich nicht erfüllt hat, sondern mit Raketenangriffen beantwortet wurde. Gewalt und Terror palästinensischer Organisationen – vor allem während der zweiten Intifada – wurden in Israel als existenzielle Bedrohung erlebt und haben sich tief im allgemeinen Bewusstsein eingeprägt.“
„In den Augen“, „wurden erlebt“ – das sind Vokabeln nicht für Tatsächliches, sondern eben für Empfindungen. Die Rückzüge Israels aus dem Libanon und Gaza waren einseitige Vorleistungen, und sie wurden nicht nur „in den Augen der meisten Israelis“ mit zunehmendem Terrorismus beantwortet, sondern in der tristen Realität.
„Dass in Teilen der arabischen Welt nach wie vor Israels Existenzrecht nicht anerkannt und Israels Charakter als jüdisch geprägter Staat nicht akzeptiert wird, verstärkt dieses Gefühl noch mehr. Dies verfestigt den Eindruck auf israelischer Seite, es gebe auf der anderen Seite keinen Partner für eine Zwei-Staaten-Regelung.“
Es ist keine Frage guter oder übler Laune, in der Charta der Hamas eine Absage an einen Frieden zu erkennen oder in der Weigerung der PA Abu Mazens, an Friedensgesprächen teilzunehmen. Wenn die Bürger Sderots mal eine Woche lang nur lächelnd durch die Straßen ihrer Stadt ziehen – ist dann die Anerkennung Israels herbeigegrinst?
Anders als den israelischen Bürgern geht es den „Palästinensern“. Die haben – Überraschung – zwar auch Gefühle, wenn ihnen etwa Forderungen der israelischen Regierung, die diese aus der Roadmap ableitet, als „unannehmbar erscheinen„. Doch „[d]as Siedlungsmoratorium ist kein substantieller Siedlungsstopp“.
„Die israelische Regierung blockiert dadurch gezielt eine Verhandlungsregelung.“
Das fühlen die „Palästinenser“ nicht, sondern es ist, jedenfalls behauptet das die Partei Bündnis 90/Die Grünen, eine Tatsache. Und dieser Linie bleiben die grün-deutschen Besserkrauts treu. Fortan ist es immer wieder Israel, das bzw. dessen Regierung „gezielt blockiert“ oder nicht will oder verhindert:
„In zunehmendem Maße werden NGOs aus dem Friedenslager sowie arabisch-stämmige Mitglieder in der Knesset in ihrer Arbeit behindert, und kritische Stimmen sehen sich öffentlichen Einschüchterungskampagnen ausgesetzt. Die Situation der Israelis mit arabischem bzw. palästinensischem Hintergrund hat sich unter der Regierung Netanjahus weiter verschlechtert. [..]
Der Bau der völkerrechtswidrigen Siedlungen wurde intensiviert. Vielfältige Reisebeschränkungen und Bewegungshindernisse schnüren die Bewegungsfreiheit ein und machen eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung unmöglich. [..]
Gewalt und Willkür Israels unterminieren seit Jahrzehnten die Dialog- und Kompromissbereitschaft auf palästinensischer Seite. [..]
Die 1,5 Millionen PalästinenserInnen im Gazastreifen sind faktisch eingesperrt. [..]
Der Bevölkerung, zur Hälfte Kinder und Jugendliche, wird systematisch eine nachhaltige Entwicklung unmöglich gemacht. Die Blockade hat ein Ausmaß an menschlichem Leid hervorgerufen, das die VN als eine ‚Krise der Menschenwürde‘ bezeichnen.
Die Blockade des Gazastreifens ist eine Kollektivstrafe und damit völkerrechtswidrig. [..]
Die Isolation stärkt radikale IslamistInnen [!] und schwächt die Arbeit der Vereinten Nationen im Gazastreifen. [..]
Der Gazakrieg Anfang 2009 hat die Ausgangslage für eine friedliche Konfliktregelung weiter verschlechtert.“
Man sucht ähnliche Vorhaltungen gegen die „Palästinenser“ in vergleichbarer Quantität im Positionspapier von „Bündnis 90/Die Grünen“ vergeblich. In der PA „drohen undemokratische Strukturen zu entstehen“, es gibt sie also offenbar noch nicht, die Hamas „hat ein islamistisches Regime aufgebaut.“
Doch dafür ist, logisch, Israel – „Kollektivstrafe“, „stärkt radikale IslamistInnen“ – verantwortlich. Das verwundert allerdings schließlich bei einer Partei, die den Goldstone-„Bericht“ als „ausgewogen“ lobt, nicht wirklich. Und so mag Bündnis 90/Die Grünen sich noch so sehr mühen, den Eindruck einer Voreingenommenheit nicht aufkommen zu lassen – diese Partei ist es.
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