In Israel sind am Dienstag ca. 6,4 Millionen Menschen aufgerufen, über ein neues Parlament zu bestimmen. Nachdem bereits Anfang April vorgezogene Knesset-Wahlen stattgefunden hatten, ist die heutige bereits die zweite Parlamentswahl in diesem Jahr – und hoffentlich die letzte. Erwartet wird allerdings ein ähnlich knappes Endergebnis wie im April, so daß derzeit nichts auszuschließen ist.
Gelang es dem amtierenden Premierminister Benjamin Netanjahu vor fünf Monaten nicht, innerhalb der dafür vorgesehenen Frist eine Mehrheit für eine Regierung unter seiner Führung zu organisieren, konnte er in der eben gewählten 21. Knesset seinen Wunsch nach ihrer Selbstauflösung durchsetzen. So verhinderte der Likud-Politiker einen Regierungsbildungsversuch durch die Opposition.
Dieser »Schachzug« Benjamin Netanjahus war zwar gewiß kein illegaler, dem demokratischen System Israels und dem Ansehen seines Amts und dem der Knesset dürfte er aber nicht eben genutzt haben. Der Eindruck, der Premier lasse so oft wählen, bis ihm das Ergebnis paßt, drängt sich ja durchaus auf. Und ein Parlament, das auf diese Weise abhängig ist vom Premier, ist ein geschwächtes.
Daher ist es wünschenswert, daß das Ergebnis der heutigen Wahl zur 22. Knesset deutlicher ausfällt als das vom 9. April. Zugleich indes ist zu hoffen, daß sich die Parlamentarier auch und gerade jener Parteien, die am Ende die Regierung stellen werden, etwas mehr von dieser emanzipieren. Noch eine das Parlament herabwürdigende Selbstauflösung auf Geheiß eines Premiers braucht niemand.