Zwei Tage nach dem antisemitischen Anschlag von Halle bat das Morgenmagazin des ZDF am Freitag Jörg Meuthen zum Plausch, den Sprecher der Partei Alternative für Deutschland, die sich als das eigentliche Opfer des Verbrechens sieht: Vorwürfe, seine Partei habe zu einem Klima beigetragen, das solche Bluttaten begünstigte, wies der Politiker als »infam[e] politische Instrumentalisierung« zurück.
Und auch sonst schien Jörg Meuthen zu Scherzen aufgelegt. »Wir sind eine durch und durch proisraelische und projüdische Partei«, gab der Parteichef zu Protokoll, »wir setzen uns mit Nachdruck für jüdisches Leben in Deutschland ein, das für uns Bestandteil unserer Identität ist«. Und tatsächlich wirkte der außerordentlich begnadete Komödiant dabei, als meine er jedes seiner Worte ernst.
In Thüringen, wo in gut zwei Wochen ein neuer Landtag gewählt werden wird, führt die AfD unterdessen ihren Wahlkampf mit Forderungen nach einem Ende der »Duldung der Verstümmelung von Neugeborenen aus religiösen Gründen« und des »qualvolle[n] Schächten[s] von Tieren«. »Toleranz«, heißt es im Wahlprogramm der Partei Jörg Meuthens, »darf nicht in Selbstaufgabe münden!«
Es ist erst wenige Tage her, da bekräftigte Ronald S. Lauder, der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, daß jüdisches Leben ohne Brit Mila und das Schächten von Tieren kaum oder gar nicht denkbar sei. Gerade die Brit Mila ist »so identitätsstiftend für das Judentum« wie kaum ein anderes Ritual, brachte auch Yael Deusel es bereits 2012 auf den Punkt, Ärztin und Rabbinerin in Bamberg.
Eine Partei, die mit ihren denunziatorischen Forderungen tatsächlich jüdisches Leben in Deutschland wohl weit nachhaltiger bedroht als gleichwohl nicht zu unterschätzender antisemitischer Terror jeglicher Provenienz, »projüdisch« zu nennen und sogar »proisraelisch«, das zeugt wahrlich von Humor. Das ZDF sollte überlegen, Jörg Meuthen eine eigene Sendung anzubieten. Sonst tun es andere.