Ablenkmanöver

Nachdem BILD am Dienstag mit einer Themenseite unter der Überschrift »Alarmstufe Roth« darauf hingewiesen hatte, daß und »wie deutsche Politiker, Verbände und Journalisten den Antisemitismus in Deutschland salonfähig machen«, will Omid Nouripour, er sitzt für die Partei Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag, das antideutsche Kampforgan meiden und nicht mehr mit ihm sprechen.

In einem auf Facebook veröffentlichten Video-Statement wirft Omid Nouripour BILD eine »infame Kampagne« vor, die nicht nur »den Antisemitismus-Begriff ›ausleiern‹« würde, sondern darauf abziele, »den gesamten Spielraum der Diplomatie« etwa im Verhältnis zur Islamischen Republik Iran zu zerstören. BILD hat die deutsche Kuschelpolitik gegenüber Teheran häufig kritisch kommentiert.

Mit seinen Vorwürfen versucht der Politiker, der sich im Juni im Bundestag gegen ein Verbot der islamistischen Terrororganisation Hisbollah in Deutschland ausgesprochen hatte, weil es »die innerschiitische Opposition gegen die Hisbollah« ersticken könne, von der durch zahllose Studien belegten beschämenden Situation abzulenken, daß Antisemitismus in Deutschland kein Randproblem ist.

Antisemitismus ist noch immer gesellschaftsfähig in Deutschland. Und dafür kann man die Verantwortung weder auf nämlich tatsächlich geächtete Extremisten abwälzen noch auf Migranten. Antisemitismus gedeiht im Salon auch, weil er dort verharmlost wird – beispielsweise wenn belegte Antisemitismusvorwürfe mit der Behauptung zurückgewiesen werden, diese höhlten den Begriff aus.

Welche Botschaft geht denn von einem deutschen Staatsoberhaupt aus, das sich am Grab des Terroristenführers Yassir Arafat verneigt, einen Kranz ablegt und sich dann mit »diplomatischen Gepflogenheiten« aus der Affäre zu ziehen versucht? Welche Sanktionen folgten denn auf die öffentliche Zustimmung deutscher Diplomaten zu unverhüllt antisemitischen Aussagen in sozialen Netzwerken?

Was ist mit vom Bundestag in Berlin finanzierten politischen Stiftungen, die in »Palästina« mit Organisationen zusammenarbeiten, die Terroristen hofieren und antijüdische Boykotte propagieren? Was ist mit stehenden Ovationen des Europäischen Parlaments zur antisemitischen Hetze Abu Mazens in dessen Plenum? Der SPD-Politiker Martin Schulz bezeichnete den Auftritt als »inspirierend«.

Der Jüdische Weltkongreß hat gerade die Ergebnisse einer repräsentativen Untersuchung vorgelegt, nach denen einer von vier Deutschen »antisemitisch denkt« und die Zustimmung zu einzelnen antisemitischen Aussagen über 25% liegt: Der These, »Juden verhalten sich loyaler zu Israel als zu Deutschland«, stimmten 41% der Befragten zu. Ein BILD-Boykott ist darauf keine geeignete Antwort.