Der jüngste Parteitag der Christlich Demokratischen Union Deutschlands in Leipzig sollte als »Arbeitsparteitag« im Zeichen von Sachfragen stehen und nicht von Diskussionen über das Spitzenpersonal. Von Debatten über ganz konkrete Probleme, die Deutschland, Europa oder die Welt bis 2030 beschäftigen und daher einer Lösung bedürfen könnten, war dann indes recht wenig zu vernehmen.
Ist das Antragsbuch mit über 360 Seiten denn auch nicht eben dünn, fällt bei manchem gesellschaftlichen Problem doch auf, daß der CDU dazu – großzügig aufgerundet – kaum etwas einfällt. So ist es erst wenige Tage her, daß der rechtsextremistische Anschlag auf die jüdische Gemeinde in Halle und ihre Synagoge Ausmaß und »Qualität« des Antisemitismus in Deutschland vor Augen führte.
Allen auf die Bluttat folgenden Bekenntnissen zum Trotz freilich war Antisemitismus im nur gut 35 Kilometer von Halle entfernten Leipzig kaum ein Thema. Zwar gab es einen Antrag des KV Tuttlingen, »antisemitische Tatmotivation und Ziele strafschärfend« zu berücksichtigen, als Lösungsansatz kann das jedoch kaum gelten, denn wenn bestraft werden muß, ist ohnehin nicht mehr viel zu retten.
Und die Empfehlung der Antragskommission an anderer Stelle des Antragsbuchs, »solange es noch Zeitzeugen gibt, sind sie, ebenso wie der Besuch der authentischen Erinnerungsorte, ein unverzichtbarer Beitrag bei der unmittelbaren Vermittlung von Totalitarismus, Antisemitismus, Rassismus, Hass, Hetze und staatlichem Unrecht«, ignoriert man ob ihrer schlicht fahrlässigen Formulierung besser.
Während es die CSU, die bayerische Schwester der CDU, bei ihrem letzten Parteitag schaffte, sich mit ihrer »Münchner Erklärung« der Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Allianc (IHRA) für Antisemitismus anzuschließen, herrscht bei diesem Thema gähnende Leere bei der CDU. Die Partei beweist damit ihre Unfähigkeit, sich dieses drängenden Problems anzunehmen.