Aus der Knesset-Wahl am Montag ist ganz ohne Frage der amtierende israelische Premier Benjamin Netanjahu als Sieger hervorgegangen. Mit ihm als Spitzenkandidat konnte der Likud bei der dritten Wahl innert eines Jahres 36 Parlamentssitze erringen, drei mehr als das Bündnis Blue and White, das mit Spitzenkandidat Benny Gantz im September 2019 mit 33 Mandaten noch vorn gelegen hatte.
Der Likud konnte also vier Mandate mehr erringen als bei der vorhergehenden Wahl, während Blue and White sich nicht verbessern konnte. Dennoch ist der Triumph für Benjamnin Netanjahu wohl alles andere als perfekt. Denn auch wenn er wohl schon bald wieder von Präsident Reuven Rivlin mit der Regierungsbildung beauftragt werden sollte, ist ihm eine regierungsfähige Koalition nicht sicher.
Zudem dürften Benjamin Netanjahus Bemühungen um die Mehrheit der 120 Mandate in der Knesset vom in zwei Wochen beginnenden Prozeß gegen ihn überschattet werden. Zwar konnten die gegen den Premier erhobenen Korruptionsvorwürfe ihn und seine Partei nicht schwächen, gleichwohl dürfte es kein großes Vergnügen werden, parallel zum Prozeß politische Verhandlungen zu führen.
Und ob es tatsächlich möglich wäre, gleichzeitig das Land als Premierminister zu führen und sich gleichzeitig um das Verfahren vor einem Gericht in der israelischen Hauptstadt zu kümmern, müßte sich erst noch zeigen. So oder so ist jedenfalls ist Benjamin Netanjahu der erste amtierende israelische Regierungschef, der sich einem Verfahren stellen muß, womöglich gar im Amt verurteilt wird.
Es ist daher weiter nicht unwahrscheinlich, daß die nächste Parlamentswahl in Israel noch in diesem Jahr stattfinden wird. Selbst wenn er sich zweifellos um Israel verdient gemacht hat und gewiß nicht zuletzt deshalb so beliebt ist, dürfte Benjamin Netanjahu dann kaum mehr antreten (können). Und auch damit könnte er seinem Land und der politischen Kultur noch einen großen Dienst erweisen.