Viele selbsterklärte »Freunde« Israels, glauben in diesen Tagen Jerusalem davor warnen zu müssen, die Souveränität des jüdischen Staates auf von Juden bewohnte Gegenden in den umstrittenen Gebieten auszudehnen. Das Vorhaben, das Bestandteil der Koalitionsvereinbarung der israelischen Einheitsregierung unter Dauer-Premier Benjamin Netanjahu ist, heißt es oft, verstoße gegen Völkerrecht.
Aus der Sicht Jerusalems freilich haben sich internationale Abkommen, so sie die Sicherheit Israels betreffen, kaum bewährt. Jerusalem kann sich nicht auf die Versprechen geduldigen Papiers verlassen, wie nicht nur die letzten Wochen zeigten. Schon bei seiner (Wieder-)Gründung bewahrte kein Beschluß der UN-Vollversammlung Israel davor, terroristisch und militärisch angegriffen zu werden.
Und auch gegenwärtig erlebt Jerusalem eine Weltgemeinschaft, die nach wie vor teils offen antiisraelisch agiert, dem Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen jede Existenzberechtigung abspricht, und teils sich weigert, verbalen Solidaritätsbekundungen entsprechendes Handeln folgen zu lassen. So verstößt gegenwärtig Teheran gegen nahezu jede Bestimmung des Joint Comprehensive Plan of Action.
Mit dem Vertrag sollten die Bemühungen des islamistischen Regimes um Kernwaffen beendet werden oder zumindest verzögert. Doch Teherans immer schwerere Vertragsverletzungen werden von dessen Partnern in Europa, angeblichen Verbündeten Israels, beinahe tatenlos hingenommen. Statt Teheran wenigstens anzuprangern, sabotieren sie sogar Washingtons Sanktionen gegen die Mullahs.
Auch im Konflikt mit den »Palästinensern« scheinen Abkommen für die »Palästinenserführung« einer- und wiederum die europäischen »Verbündeten« Israels andererseits keine Bedeutung zu haben. Die »Palästinenserführung« erklärte im Mai die Verträge von Oslo und andere Abkommen für nichtig, doch Sanktionen muß sie nicht fürchten. Europa erwägt vielmehr, »Palästina« als Staat anzuerkennen.
Vor diesem Hintergrund kann es nicht verwundern, will Jerusalem jetzt einseitig bzw. in Absprache mit der amerikanischen Regierung Schritte unternehmen, von denen es sich einen Sicherheitsgewinn für Israel verspricht. Wo Israels Rechte regelmäßig nichts gelten und von »Weltgemeinschaft« wie »Verbündeten« bestritten werden, ist es nur folgerichtig, gibt man in Jerusalem wenig auf deren Rat.