In diesen Tagen wird an die Befreiung der letzten Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau durch sowjetische Streitkräfte vor 76 Jahren erinnert. Zwischen 1940 und 1945 ermordeten Deutsche und ihre Helfershelfer in Auschwitz mehr als 1,1 Millionen Menschen, die meisten von ihnen, etwa eine Million, Juden; über 900.000 Menschen wurden direkt nach ihrer Ankunft ermordet.
Wird international am 27. Januar ganz ausdrücklich der Opfer des Holocaust gedacht, begeht das offizielle Deutschland seit 1996 am 27. Januar einen »Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus«. Die vielen Bekenntnissen gegen Antisemitismus, die seither freilich auch in Deutschland an diesem Tag geäußert wurden und werden, blieben und bleiben jedoch leider ohne Konsequenzen.
Während zwar bekennende Anhänger des Nationalsozialismus durchaus als geächtet gelten, ist Antisemitismus in anderen Formen doch noch immer oder bereits wieder gesellschaftsfähig. Parlamentarier, die in wichtigen Gremien von Organisationen mitwirken, die die antisemitische BDS-Bewegung offen unterstützen, werden von Fraktions- oder Parteifreunden für ihr Engagement nicht kritisiert.
Der Jugendverband einer Regierungspartei muß keine Konsequenzen fürchten für sein Bekenntnis zu einer »Schwesterorganisation«, die jüngst mitfeierte, als ihre »Erwachsenenorganisation« das Jubiläum ihrer ersten Anschläge auf Juden zelebrierte. »Repräsentantinnen und Repräsentanten öffentlicher Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen« stellen sich gegen die Ächtung antisemitischer Boykotte.
All das zeigt, daß die oft geäußerten Sätze, Antisemitismus sei ein Angriff auf »uns alle«, er habe »keinen Platz in Deutschland«, nicht mehr sind als wertlose Lippenbekenntnisse. Es gibt viele Menschen, die sich aufopferungsvoll engagieren gegen Antisemitismus, ihr Einsatz allerdings muß erfolglos bleiben, wird er durch wohlfeiles Feiertagsgeschwätz eher verhöhnt und sabotiert denn unterstützt.