Im Berliner Bundespräsidialamt ist, wie es in einem kurzen Statement selbst mitteilte, Kritik aus der Ukraine an Aussagen des deutschen Präsidenten Frank-Walter Steinmeier über das russisch-deutsche Pipeline-Projekt Nord Stream 2 auf »völliges Unverständnis« gestoßen. Die Ausführungen des deutschen Staatsoberhaupts bedürften keiner weiteren Erklärung, »der Text des Interviews« spreche »für sich«.
Tatsächlich sprechen Frank-Walter Steinmeiers Äußerungen ebenso wie seine arrogante Weigerung, auf die Kritik an ihnen auch nur einzugehen, für sich, auf andere Weise allerdings, als man sich das im Spreeweg 1 denken mag. Zunächst einmal ist es mit ihnen dem sozialdemokratischen Politiker eindrucksvoll gelungen, all die vorzuführen, die Nord Stream 2 als rein »wirtschaftliches Projekt« verteidigen.
Doch auch jene, die die Pipeline zu einem »europäischen Projekt« verklären wollen, blamiert Frank-Walter Steinmeier, wenn er im Gespräch mit der Rheinischen Post einen Zusammenhang herstellt zwischen dem Jubiläum des in der Tat und vor allem eben deutschen Überfalls auf die Sowjetunion und Nord Stream 2: Es war nicht Europa, das über die damalige Sowjetunion herfiel, sondern Deutschland.
Bevor sie freilich Vororte der russischen Hauptstadt Moskau erreichten, unterwarfen und verwüsteten Deutsche Wehrmacht, SS und ihre Helfershelfer freilich auch die damals zur Sowjetunion gehörende Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik. Frank-Walter Steinmeier leugnet die ukrainischen Opfer des deutschen Überfalls ebenso wie die des stalinistischen Wütens in der Ukraine in der Zeit zuvor.
Die Kaltschnäuzigkeit, mit der Frank-Walter Steinmeier die daher leider allzu berechtigte Einwände aus der Ukraine zurückweisen läßt und an seinen Äußerungen festhält, ist ein Affront gegenüber der Ukraine, aber auch gegenüber all den anderen ost- und westeuropäischen Staaten und europäischen Institutionen, die Nord Stream 2 nicht erst seit gestern ablehnen. Sein Anbiedern beim Kreml ist abstoßend.