Zwölf Monate nach der Registrierung der ersten Covid-19-Fälle in Israel hat die Regierung in Jerusalem damit begonnen, Einschränkungen des öffentlichen Lebens und von Bürgerrechten rückgängig zu machen. Zu den Maßnahmen, die den Weg zurück zur gewohnten Normalität ebnen sollen, gehört die Einführung spezieller Pässe für Menschen, die sich gegen das Virus haben immunisieren lassen.
Während die seit Wochenbeginn geöffneten Geschäfte allen Bürgern offenstehen sollen, können Fitneßstudios, kulturelle Einrichtungen und Hotels nur von den Inhabern eines solchen Ausweises genutzt werden. Der »Grüne Paß«, den es auch in digitaler Form gibt, dient dabei als Beleg für den Empfang zweier Impfungen gegen das Covid-19-Virus oder einer erfolgreich auskurierten Erkrankung.
Zwar ist es nachvollziehbar, daß die israelische Regierung Menschen, die aller Wahrscheinlichkeit nach immun sind gegen das Virus und es wohl auch nicht übertragen können, nicht länger in ihren Freiheiten einschränken will. Solche Beschränkungen sind immer weniger zu rechtfertigen, je mehr Menschen gegen das Virus immun sind. Gleichwohl sollte der »Grüne Paß« keine »Normalität« werden.
Denn Bürgerrechte stehen, sonst wären sie nämlich keine, ausnahmslos allen Bürgern zu. Sie nur jenen zu gewähren, die eine Immunität gegen das Virus nachweisen können (und wollen), grenzt ohne zwingenden Grund die aus, die das aus welchen Gründen auch immer nicht tun können oder wollen: Ungeimpfte Menschen sind eben nicht zwangsläufig infiziert, erkrankt oder sonstwie »gefährlich«.
Die Einführung des »Grünen Passes« kommt einem staatlichen Generalverdacht gegen alle Bürger gleich. Die müssen, um Rechte, die ihnen eigentlich zustehen, nutzen zu können, ihre »Ungefährlichkeit« belegen, andernfalls müssen sie mit teils schweren Einschränkungen leben. Bürgerrechte werden so zu Privilegien, die gewährt werden können. Das hat, wird es »normal«, wenig zu tun mit Demokratie.