Verharmloser:innen

Eine, so ihre Selbstbezeichnung, »Gruppe internationaler Wissenschaftler:innen mit Schwerpunkten in der Antisemitismusforschung und verwandten Bereichen« hat in diesen Tagen eine »Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus (JDA)« vorgestellt, mit der sie »auf die Arbeitsdefinition Antisemitismus, die die International Holocaust Remembrance Alliance« bereits 2016 vorgelegt hat, »reagieren« will.

Das Papier der IHRA basiert freilich auf der Arbeitsdefinition Antisemitismus, die 2003 und 2004 vom European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia (EUMC) entwickelt und im Januar 2005 auf der Website der EU-Agentur veröffentlicht worden war. Nachdem sie von der Nachfolgeorganisation des EUMC, der Fundametal Rights Agency, 2013 gelöscht wurde, übernahm die IHRA die Arbeitsdefinition.

Die »internationalen Wissenschaftler:innen« antworten mit ihrer »Jerusalemer Erklärung« also tatsächlich auf ein Dokument, das über 15 Jahre alt ist und sich seither vielfach bewährt hat. Dennoch beklagen sie nun, die Arbeitsdefinition sei »weder klar noch kohärent«, da sie »den Unterschied zwischen antisemitischer Rede und legitimer Kritik am Staat Israel und am Zionismus« verwische und so irritiere.

Immerhin kommen die »internationalen Wissenschaftler:innen« damit recht schnell zum Kern ihres Anliegens: Es geht ihnen um eine Art »Kritik am Staat Israel und am Zionismus«, die sie vom Ruch des Antisemitismus‘ befreien wollen. Allerdings sind sie es, die damit Unterschiede verwischen wollen. Legitime Kritik am Staat Israel und am Zionismus ist bereits genau das: legitime Kritik, an der es nicht mangelt.

Die »internationalen Wissenschaftler:innen« wollen vielmehr eine Kritik legitimieren, die günstigenfalls »Kritik« ist, wie aus ihren »Beispielen, die nicht per se antisemitisch« sein sollen, hervorgeht. Da verharmlosen sie nicht nur die BDS-Bewegung, sondern werben auch für den »Vergleich« – und meinen: Gleichsetzung – »Israels mit historischen Beispielen einschließlich Siedlerkolonialismus oder Apartheid«.

Unterzeichnet von einschlägigen Berühmtheiten wie Richard Falk, Brian Klug oder Aleida Assmann, aber auch dem »Who is who« der deutschen staatlichen »Antisemitismusforschung«, Wolfgang Benz und Stefanie Schüler-Springorum, soll laut den Leitlinien 12 und 13 selbst die Ablehnung des Existenzrechts Israels als der jüdische Staat als »nicht per se antisemitisch« gelten, sondern als satisfaktionsfähige Meinung.

Denn diese »Leitlinien« stellten, heißt es in der »Jerusalemer Erklärung«, nur »klar, dass es nicht per se antisemitisch ist, andere politische oder verfassungsrechtliche Regelungen« vorzuschlagen. »Die JDA«, wünschen sich ddie Verfasser:innen, sollte »als Ersatz für die IHRA-Definition angesehen werden«, spiegele sie doch »klar die fachliche Autorität wissenschaftlicher Expert:innen [..] wider«.