Der deutsche Außenminister Heiko Maas hat zur Eröffnung einer vom Auswärtigen Amt veranstalteten Botschafterkonferenz die Einführung von Mehrheitsentscheidungen in der europäischen Außenpolitik gefordert. »Wir können uns«, erklärte der sozialdemokratische Politiker, »nicht länger in Geiselhaft nehmen lassen von denjenigen, die die europäische Außenpolitik durch ihre Vetos lähmen«.
Das Veto müsse daher »weg – auch wenn das bedeutet, dass man selbst einmal überstimmt werden kann«. Erst Ende Mai war im Außenministerrat der Europäischen Union eine Stellungnahme der EU zum Konflikt zwischen der Hamas und Israel am Einspruch Ungarns gescheitert, dessen Regierung sich als Verbündete Jerusalems sieht. Zuvor hatte Budapest bereits eine Verurteilung Chinas blockiert.
So wünschenswert manchmal – aber eben nur manchmal – europäische Einigkeit auch ist, in außenpolitischen Fragen wäre es fatal, mit Mehrheitsentscheidungen auf EU-Ebene den Mitgliedsstaaten ihre Außenpolitik diktieren zu können. Sie wären nämlich vor allem für die größeren EU-Staaten – Deutschland und Frankreich – ein Mittel, den kleineren, beispielsweise Ungarn, ihren Willen aufzuzwingen.
Gleichzeitig fiele es den größeren Mitgliedsstaaten leichter, eventuell gegen ihren Willen getroffene Mehrheitsenscheidungen zu ignorieren. Berlin führt derzeit mit seinem Festhalten an dem russisch-deutschen Projekt Nord Stream 2-Pipeline vor, daß Heiko Maas’ »auch wenn das bedeutet, dass man selbst einmal überstimmt werden kann« zwar schön klingen mag, in der Praxis jedoch kaum taugt.
In einer Europäischen Union, die sich nicht einmal darauf verständigen kann, die Sommerzeit dauerhaft einzuführen oder abzuschaffen, eine Außenpolitik einzuführen, die die nationalen Außenpolitiken ablöst oder jedenfalls überstimmen könnte, ist eine Idee, auf die wohl nur Vertreter eines Staates von der Größe Deutschlands kommen können. Für die kleineren ist sie vor allem eine Zumutung.