Debakel

Wer weiß, mit anderen Prioritäten, formuliert von kompetenterem Personal, zumindest der Rückzug des Westens aus Afghanistan wäre womöglich etwas weniger chaotisch, weniger blamabel verlaufen. »Die Bundeswehr«, wurde Anfang Juni berichtet, »muss beim Truppenabzug aus Afghanistan vermutlich auch Zehntausende Dosen Bier und kistenweise Wein und Sekt zurück nach Deutschland fliegen«.

Am Sonntag übernahmen die Taliban mit Kabul auch die Hauptstadt des Landes und riefen das »Islamische Kalifat Afghanistan« aus, wie das Land bereits bis zur gewaltsamen Befreiung von ihrer Herrschaft durch eine internationale Allianz vor 20 Jahren hieß. Die Wiederkehr des »Islamischen Kalifats« ist eine Katastrophe zuvörderst für die Menschen, die kein Flieger vor den Taliban retten wird.

Hatte US-Präsident Donald J. Trump noch einen geordneten Abzug im Sinn, ist es seinem inkompetenter Amtsnachfolger und den Regierungen der anderen am Afghanistan-Einsatz beteiligten Staaten bravourös gelungen, daraus eine heillose Flucht vor den Islamisten und sich mit ihr zum Gespött zu machen. Sie haben sich nicht aus Afghanistan zurückgezogen, sie sind – zumal kampflos – abgehauen.

Es kann vor diesem Hintergrund kaum verwundern, daß auch der afghanische Widerstand gegen die Taliban vor allem durch seine Abwesenheit auffiel. Zwanzig Jahre »Aufbauhilfe«, eine Kernkompetenz, derer sich insbesondere deutsche Regierungsvertreter gern rühmen, erwiesen sich als vor allem teure Verschwendung von Ressourcen – und ein Aufrüstungsprogramm für die islamistischen Sieger.