Unter Druck

China hat harsch auf die Eröffnung einer taiwanesischen Vertretung in Vilnius reagiert. Hatte der Inselstaat im November mit einem »Vertretungsbüro Taiwan« eine Quasi-Botschaft in der litauischen Hauptstadt eröffnen können, sprach Peking zunächst von einem »Affront« und stufte seine diplomatischen Beziehungen zu dem baltischen Staat herab, der sich dadurch freilich nicht beeindrucken ließ.

Vilnius hielt an seiner Anerkennung Taiwans fest, das die Führung in Peking als abtrünnige »chinesische Provinz« betrachtet, und wird dafür nun seit Monatsanfang mit einem Zusammenbruch des Handels mit der Volksrepublik bestraft: In den Systemen des chinesischen Zolls existiert Litauen offenbar nicht mehr, wodurch Lieferungen aus und nach Litauen nicht mehr abgefertigt werden können.

Mit seinem unausgesprochene Handelsembargo gegen die baltische Demokratie zwingt Peking auch die Europäische Union dazu, Farbe zu bekennen. Respektierte Brüssel bisher die Befindlichkeiten der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt in Bezug auf Taiwan, kann die Europäische Union sich zu den chinesischen Strafmaßnahmen gegen einen ihrer Mitgliedsstaaten nicht lange der Stimme enthalten.

Es ist bereits jetzt klar, daß sich Brüssel nicht mehr lange Zeit lassen kann mit einer Positionierung gegen die anmaßenden Hegemonialansprüche Pekings: Mit der von der Slowakei betriebenen Annäherung an Taipeh – gerade fand in der Hauptstadt Taiwans ein hochrangig besetzter bilateraler Wirtschaftsdialog statt – zeichnen sich schon der nächste »Affront« und neue Konflikte mit dem Regime in Peking ab.