Im Februar sollen in China die XXIV. Olympischen Winterspiele stattfinden, veranstaltet von einem Internationalen Olympischen Komitee, das die olympische Idee längst verraten hat, in einem Staat, den ein Regime führt, das Menschenrechte und Demokratie ablehnt und seine Verkommenheit in der Verfolgung einer Sportlerin zeigt, die über sexuelle Übergriffe eines seiner Funktionäre berichtet hatte.
Die Regierung in Washington will deshalb die Veranstaltung »politisch boykottieren«, nicht jedoch amerikanische Sportler auffordern, auf die Teilnahme zu verzichten. Dem »politischen Boykott« haben sich derweil weitere Regierungen angeschlossen, während anderswo, in den Staaten der EU, noch überlegt wird, ob man sich wenigstens auf diese Weise der Vereinnahmung durch Peking verweigern wird.
Der eben ins Amt gewählte deutsche Kanzler Olaf Scholz antwortete in mehreren Interviews auf die Frage nach seiner Haltung zu einem Boykott mit peinlicher Phrasendrescherei, seine Außenministerin will eine »gemeinsame Antwort« der Europäischen Union, um keine eigene formulieren zu müssen. Ob dieses Wegduckens ist der von Washington initiierte »politische Boykott« schon anerkennenswert.
Gleichwohl stellt sich die Frage, weshalb sich noch kein Sportverband diesen Winterspielen verweigert. Ist »dem Sport« das Schicksal einer verfolgten Sportlerin, die tatsächlich doch nur eine von vielen sein dürfte, tatsächlich so gleichgültig? Glauben sie wirklich, ihre Teilnahme an den Wettkämpfen habe überhaupt nichts mit Politik allgemein und speziell der Übergriffigkeit Pekings nichts zu tun?
Mit den »politischen Boykotten«, die freilich unter den gegebenen Pandemiebedingungen oft auch nur wohlfeil sind, muß sich »der Sport« der Frage stellen, was seine oft beschworenen Ideale wert sind, reicht es nicht einmal zur Weigerung, in einem Land anzutreten wie China. So kläglich der »politische Boykott« ist, die Unbeirrtheit, mit der »der Sport« an diesen »Spielen« festhält, ist weit jämmerlicher.
„Kein Sportverband diesen Winterspielen verweigert“ stimmt nicht ganz. Der Verband der Profi-Tennisspielerinnen hat m.W. abgesagt. Der entspr. Männerverband allerdings nicht.)
Die Women’s Tennis Association (WTA) hat in der Tat ihre Wettkämpfe in China abgesagt und verzichtet damit auf immense Einnahmen. Allerdings gehört Tennis nicht zum Programm der Olympischen Winterspiele.