Offiziell herrscht zwischen dem Libanon und Israel, dessen Existenz von Beirut noch nicht einmal anerkannt wird, ein seit über siebzig Jahren andauernder Kriegszustand. 1947 stimmten die libanesischen Vertreter in der Vollversammlung der Vereinten Nationen gegen den Teilungsbeschluß für das Mandatsgebiet Palästina, im Jahr darauf erklärte Beirut dem wiedergegründeten jüdischen Staat den Krieg.
Die Regierung in Jerusalem hätte daher sicher gute Gründe, nicht allzu betrübt zu sein, ob der Krise, in der das einst als »Schweiz des Nahen Ostens« geltende Land steckt und die sich mit jedem Tag verschärft. Die Energieversorgung ist nahezu zusammengebrochen, die Inflation rast, und politisch geht in Beirut auch seit langem nichts mehr: Der Libanon ist ein gescheiterter Staat oder nahe daran.
Dennoch bot die Regierung in Jerusalem Beirut bereits im Juli des letzten Jahres an, Krisenhilfe zu leisten, die über die Vereinten Nationen abgewickelt werden könnte. Damals wurde das Angebot von den Resten der libanesischen Regierung noch empört zurück. Wie jetzt unbestätigte Berichte des israelischen Fernsehens nahelegen, könnte Beirut seine ablehnende Haltung zwischenzeitlich geändert haben.
Danach sollen sich Beirut und Jerusalem in geheimen Gesprächen unter amerikanischer Vermittlung darauf geeinigt haben, daß Israel Erdgas nach Jordanien liefert, von wo es über Syrien in den Libanon gepumpt wird. In die Verhandlungen, die Amos J. Hochstein geleitet haben soll, der als Berater für Energiesicherheit im State Department tätig ist, war den Berichten zufolge auch Rußland eingebunden.
Was immer dran ist an den Berichten: Selbst wenn sie sich nicht bestätigen sollten, zeigen sie, was möglich wäre, könnte Beirut sich aus der verhängnisvollen Umarmung des Regimes in Teheran und dessen Statthalter, Hassan Nasrallahs Hisbollah, lösen und seine Feindschaft zu Israel wenigstens für eine Weile zu vergessen. Den allermeisten Menschen im Libanon wäre eine Linderung der Not zu gönnen.