Dieter Reiter, der von der SPD gestellte Oberbürgermeister der bayerischen Landeshauptstadt München, hat vom Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker Valery Gergiev eine Distanzierung vom russischen Präsidenten Wladimir Putin gefordert. Der russische Musiker gilt als Freund Wladimir Putins, der in dieser Woche seiner Armee den Befehl gab, die Ukraine zu »entnazifizieren« und zu entwaffnen.
»Ich habe gegenüber Valery Gergiev meine Haltung klargemacht und ihn aufgefordert, sich ebenfalls eindeutig und unmissverständlich von dem brutalen Angriffskrieg zu distanzieren«, heißt es in einer Mitteilung des Rathauschefs, die am Freitag veröffentlicht wurde. »Sollte sich Valery Gergiev hier bis Montag nicht klar positioniert haben, kann er nicht länger Chefdirigent unserer Philharmoniker bleiben.«
Valery Gergiev hat sich 2014 zusammen mit weiteren Künstlern aus Rußland wohlwollend zur russischen Übernahme der Krim geäußert, zum Einmarsch Moskaus in die (Rest-)Ukraine dagegen sind noch keine Aussagen des Dirigenten bekannt, der sich offenbar eher ungern öffentlich zu politischen Themen zu äußern scheint und Fragen danach daher lieber ausweicht: »Ich bin Musiker und Dirigent«.
Was wäre eine Stellungnahme Valery Gergievs nach dem übergriffigen Ultimatum des sozialdemokratischen Politikers wert? Das freilich ist nur eine von vielen Fragen, die sich nach Dieter Reiters Forderung stellen. Ist Valery Gergiev (mit-)verantwortlich für das, was Wladimir Putin entscheidet? Hat der russische Präsident bei Valery Gergiev um Rat gefragt und davon seine Entscheidung abhängig gemacht?
Hält Dieter Reiter es für angemessen, einen Menschen öffentlich vorzuverurteilen und zu nötigen, allein weil der sich weder begeistert noch ablehnend über das russische Vorgehen gegen die Ukraine äußert, muß freilich auch er selbst sich Fragen gefallen lassen: Wo etwa ist Dieter Reiters Ultimatum an die SPD, er könne nicht mehr Genosse in einer Partei sein, die einen Gerhard Schröder als Mitglied duldet?