Sollte Wladimir Putin an einen schnellen Erfolg seiner »Entnazifizierung« der Ukraine geglaubt haben, dürfte die Realität den russischen Präsidenten zumindest von diesem Wahn kuriert haben. Seit dem 24. Februar dauert sein jüngster und zunehmend schmutzigerer Krieg gegen die Ukraine an, doch von einem baldigen Sieg, so unausweichlich der letztlich auch sein mag, scheint Moskau noch weit entfernt.
Mit jedem Kriegstag freilich wird zugleich deutlicher, daß niemand wirklich bereit ist, der Ukraine zu helfen, ihrem Schicksal noch zu entkommen. Das Land gleicht einem Ertrinkenden, dem aus einem gaffenden Publikum heraus allenfalls Strohhalme zugeworfen werden, der Rettungsring aber verwehrt wird. Der Westen berauscht sich an seinem »schweren Herzen« und unterläßt, was notwendig wäre.
Gleichzeitig ist es atemberaubend, wie schnell Wladimir Putin in mancher Hauptstadt insbesondere im Westen Europas von einem gern gesehenen Staatsoberhaupt zum Gottseibeiuns mutiert, peinlich, wie versucht wird, mit neu erwachter Russophobie von der bis gestern (und oft noch bis heute) andauernden Komplizenschaft mit dem Despoten abzulenken, von der (Mit-)Verantwortung für den Untergang Kiews.
Wer sah, wie etwa Olaf Scholz, Vorsitzender der SPD und deutscher Kanzler, davor lange Jahre Minister unter Kanzlerin Angela Merkel, im Interview verneint, im Umgang mit Moskau je Fehler gemacht zu haben, hat die personifizierte Verlogenheit erlebt. Sie, die Rat und Warnungen vor Wladimir Putin in den Wind schlugen und heute davon nichts mehr wissen wollen, gehörten verlacht und geächtet.