Die als »Kunstausstellung« bezeichnete documenta fifteen im hessischen Kassel sorgt weiterhin mit antisemitischen Exponaten für Schlagzeilen und wegen des Umgangs der deutschen Organisatoren mit ihnen. Galt Interims-Geschäftsführer Alexander Farenholtz nach dem Rückzug von Generaldirektorin Sabine Schormann noch als Hoffnungsträger, hat er sich inzwischen als Fehlbesetzung entzaubert.
Sah Sabine Schormann kurz vor ihrem Abgang keinen Grund, eigenes Fehlverhalten einzugestehen, man habe doch schließlich »angemessene Maßnahmen nach Vorwürfen ergriffen«, zweifelt Alexander Farenholtz nach der (viel zu späten) Entdeckung weiterer antisemitischer Exponate nicht an der documenta fifteen: »Ich habe den Eindruck, daß die documenta weiterhin ein positives und ein fröhliches Erlebnis ist«.
Zuvor war die »Kunstausstellung« mit einer auf ihr gezeigten Broschüre erneut in die Schlagzeilen geraten, die 1988 in Algerien veröffentlicht wurde und die Karikaturen eines syrischen »Künstlers« enthält, der israelische Soldaten als entmenschlichte Mordmaschinen dämonisiert. Die Künstlerische Leitung der documenta habe das Heft als »Archivmaterial bewertet, das im historischen Kontext entstanden sei«.
Einen – gegebenenfalls temporären – Abbruch der documenta fifteen, wie ihn verschiedene jüdische Organisationen forderten, lehnte Alexander Farenholtz in dem Zusammenhang ebenso ab wie eine Überprüfung aller Ausstellungsstücke, es bestehe ja »kein Generalverdacht gegen die documenta«. Und auch das antisemitische »Archivmaterial« wird weiter gezeigt: »Eine Entfernung der Zeichnungen ist nicht angezeigt«.
Und das ist womöglich tatsächlich eine richtige Entscheidung. Ist es in Deutschland nicht unüblich, antisemitische »Vorfälle« dadurch aus der Welt zu schaffen, daß ihre Spuren beseitigt werden, kann so jedermann sehen, was dort regelmäßig eben keinerlei Anstoß erregt oder, sollte es dann dennoch einmal geschehen, für die organisatorisch oder unmittelbar Verantwortlichen keine negativen Konsequenzen hat.