In der Nacht vom Montag zum Dienstag ist in Brüssel die offizielle Antwort des islamistischen Regimes in Teheran auf einen von der EU vorgelegten und als »endgültig« und daher auch nicht weiter verhandelbar bezeichneten Text für ein Abschlußdokument der im Frühjahr 2021 in der österreichischen Hauptstadt Wien begonnenen Gespräche über den Joint Comprehensive Plan of Action eingegangen.
In seiner Stellungnahme lehnt das Mullah-Regime den Text nicht ab, stimmt ihm jedoch auch nicht zu. Hatten europäische Diplomaten erklärt, Teheran bliebe nur eine der beiden Möglichkeiten, läßt sich Brüssel mit der Prüfung der iranischen Stellungnahme und der Formulierung einer Erwiderung inzwischen erstaunlich lange Zeit. Auch Washington, das seit Mittwoch informiert ist, hat sich noch nicht geäußert.
Spekulationen, ein angeblicher iranischer Verzicht auf die an die amerikanische Regierung gerichtete Forderung, die Pasdaran nicht länger als terroristische Organisation zu kriminalisieren, könnten Washingtons Neigung, zum JCPOA zurückzukehren beflügeln, traten Vertreter Washingtons gegenüber israelischen Medien entgegen: »Die Unterzeichnung eines Abkommens ist in nächster Zeit nicht zu erwarten«.
Zwar sei man eine Einigung womöglich näher »als vor zwei Wochen«, noch bestünden aber »Differenzen« mit Teheran. Drückt Washington sich einmal mehr vor einer ob des fortgeschrittenen iranischen Atomprogramms überfälligen Entscheidung, sind die Europäer, die die Gespräche koordinieren, erneut blamiert: Stimmte ihre Behauptung, es sei alles verhandelt, müßten sie die Gespräche für gescheitert erklären.
Die Zeit spielt unterdessen ohnehin für das islamistische Regime. Teheran steht an der Schwelle zur Atommacht, und selbst im Fall einer Wiederbelebung des JCPOA müßte es wahrscheinlich nicht auf seinen inzwischen angehäuften Bestand an Uran mit einem Reinheitsgrad von bis 60 Prozent verzichten, da es offenbar keine Möglichkeiten gibt, so weit angereichertes Uran sicher außer Landes zu bringen.
Damit bliebe das Regime in Teheran weiter im Besitz eines Druckmittels, mit dem es weitere Zugeständnisse erpressen könnte. Insofern ist es bereits jetzt absehbar, daß ein wiederbelebtes Abkommen noch schwächer wäre als der damit nur als gescheitert zu charakterisierende JCPOA. Sofern aber noch etwas zu retten sein sollte, schwinden die Chancen darauf mit jedem Tag weiter. Zögern sollte ist daher keine Option.