Die Regierung in Washington hofft nach eigener Auskunft darauf, daß eine neue Regierung in Jerusalem »die Werte einer offenen und demokratischen Gesellschaft achten« werde, darunter auch der Schutz von Minderheiten. Zwar versuchte Ned Price für sein State Department damit »nur«, einen direkten Kommentar zum Ausgang der Knesset-Wahl zu vermeiden, seine Ausflucht ist dennoch ein Affront.
Am dienstag wurde in Israel ein neues Parlament gewählt, eine Wahl, in deren Vorfeld sich die Spitzenkandidaten wenig schenkten, an deren demokratischen Ablauf bisher keine Zweifel angemeldet wurden. Die bisherigen Auszählungsergebnisse legen die Bildung einer von Benjamin Netanjahu geführten Regierung unter Beteiligung als »populistisch« oder »extremistisch« charakterisierter Politiker nahe.
Auch in der amerikanischen Hauptstadt muß man diese Perpektive nicht unbedingt bejubeln. Dennoch sollte sich Washington vor vorschnellen Urteilen hüten, vor allem aber deren öffentlicher Verkündung. Wie immer die nächste israelische Regierung aussehen wird, sie wird – im Nahen Osten eher selten – demokratisch legitimiert sein und den in Demokratien üblichen Kontrollmechanismen unterliegen.
Mit seinen nicht eben überlegten Worten sät Ned Price allerdings genau daran Zweifel. Er attackiert mit ihnen das demokratische System Israels, ohne für dessen Scheitern auch nur einen Beleg vorbringen zu können. Indem der Sprecher des Außenministeriums in Washington die Achtung demokratischer Selbstverständlichkeiten anmahnt, deutet er an, diese könnten in Gefahr sein. Das steht ihm schlicht nicht zu.