Das islamistische Regime in Teheran steckt in einer tiefen Legitimitätskrise, die sich durch die andauernden Proteste einer- und die brutalen Reaktionen der Mullahs darauf andererseits täglich verschärft. Vielleicht sind die Tage der Grünen Revolution, die inzwischen schon Schulmädchen zu Tode prügelt, die das Loblied auf sie verweigern, noch nicht gezählt, ihre Wochen sind es mit einiger Sicherheit.
Wie schlecht es um um sie tatsächlich steht, das zeigte der jüngste Auftritt Ayatollah Seyed Ali Khameneis, der sich in einer Rede vor »Studenten« ausführlich den Vereinigten Staaten, einem der »Erzfeinde«, widmete und Amerika den baldigen Zusammenbruch vorhersagte. »Eines der Anzeichen für den Niedergang Amerikas« sei »die Wahl von Leuten wie dem derzeitigen und dem ehemaligen Präsidenten«.
Mit Donald J. Trump hätten die Amerikaner einen »Verrückten« zum Präsidenten gewählt und es mit ihrer Entscheidung für Joe Biden als Amtsnachfolger nicht wesentlich besser gemacht. »Das ist ein Zeichen für den Zerfall einer Nation, das sind Zeichen für den Verfall der Zivilisation [in Amerika].« Bei seiner Analyse berief der greise »Revolutionsführer« sich allerdings ausgerechnet auf die beiden Politiker.
Hätte der eine doch erklärt, die Vereinigten Staaten stünden am Abgrund, während der andere sie bereits aus eben diesem retten wolle. Daß damit beide, Joe Biden wie Donald J. Trump, vorführen, was Demokratie ausmacht, nämlich die Fähigkeit zu einer Kritik, die das System nach durchaus widerstrebenden Vorstellungen verbessern soll, entging dem »geistlichen Oberhaupt« der Islamischen Republik freilich.
Selbstkritik dürfte dem Weltbild Ayatollah Seyed Ali Khameneis indes so fremd sein wie die Vorstellung, daß unterschiedliche Gesellschaftsentwürfe gleichberechtigt diskutiert und zur Wahl gestellt werden, sich dem Urteil jener stellen müssen, über deren Leben sie schließlich bestimmen. Die Vereinigten Staaten gehen deshalb noch lange nicht unter; das islamistische Regime in Teheran aber werden sie sicher überleben.