Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und sein Kabinett, der Likud und die mit ihm koalierenden Parteien lassen wenig unversucht, sich und die Werte, für die zu stehen sie vorgeben, in Mißkredit zu bringen. Versuchten Politiker bisher wenigstens, sich als Diener eines wie auch immer definierten Gemeinwohls darzustellen, macht Benjamin Netanjahu derzeit ganz offen Politik in eigener Sache.
Das in dieser Woche mit 61 gegen 47 Stimmen in der Knesset beschlossenen Gesetz, das eine Amtsenthebung eines Regierungschefs durch das Parlament nahezu unmöglich macht, ist jedenfalls offenkundig darauf ausgerichtet, den amtierenden Premier gegen juristischen Ärger politisch zu »immunisieren«. Benjamin Netanjahu und seine Mitkoalitionäre demonstrieren mit ihm, daß es ihnen nicht um Israel geht.
Verfügten sie noch über einen Rest politischen Anstands, hätten sie dieses Gesetz, wenn es schon notwendig sein soll, so formuliert, daß es seine Wirkung erst auf zukünftige Amtsinhaber entfaltet. Noch besser freilich wäre, es wäre nie vorgelegt worden: Denn was anderes als eine Einladung an Amtsinhaber, Gesetze zu mißachten, soll es sein? Und welches Zeugnis stellen sich die, die es abnickten, damit selbst aus?
Es gab einmal einen Premier Benjamin Netanjahu, dessen Abwahl oder Amtsverzicht eine deutliche Lücke aufgerissen hätte. In dieser Woche ist es dem Likud-Politiker und seinen Verbündeten gelungen, dem Ansehen der Politik weiteren schweren Schaden zuzufügen, Vertrauen in sie zu erschüttern. Israels Demokratie sollte stark genug sein, sich davon zu erholen. Benjamin Netanjahus Ruf dagegen ist nicht mehr zu retten.