Verantwortungslosigkeit

Der amerikanische Präsident Joe Biden hat gegenüber Medienvertretern deutlich gemacht, den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu jedenfalls »in nächster Zeit« nicht zu einem Besuch nach Washington einladen zu wollen. Verbunden mit erneuerter Kritik an innenpolitischen Entscheidungen des Likud-Politikers ist die öffentliche Absage an einen Besuch Benjamin Netanjahus ein Affront.

Zwar wäre es wohl keine Übertreibung, dem israelischen Premier zu bescheinigen, er sei umstritten, repräsentiert Benjamin Netanjahu in diesem Amt noch immer einen der engsten Alliierten der Vereinigten Staaten auf der Welt, ganz bestimmt aber im Nahen Osten. Joe Bidens demonstrative Verweigerung einer Einladung an ihn beschädigt daher auch die bilateralen Beziehungen zwischen Washington und Jerusalem.

Während sich Peking gerade mit der Vermittlung einer (Wieder-)Annäherung zwischen dem islamistischen Regime in Teheran und dem Königshaus in Riyadh als neue potentielle Hegemonialmacht in der Region in Stellung zu bringen versucht, riskiert der demokratische Präsident mit der Herabwürdigung des israelischen Regierungschefs einen weiteren Ansehens- und – vor allem – Einflußverlust in der Region.

Niemand verlangt ein Verstummen jeglicher Kritik an politischen Entscheidungen in der jeweils anderen Hauptstadt. Geht sie – unter Verbündeten, die mit Differenzen zumindest bisher umzugehen vermochten – allerdings so weit, daß man sich offiziell aus dem Weg geht, hat sie jedes Maß verloren. Joe Bidens möglicherweise folgenschwere Entscheidung und ihre öffentliche Kommunikation sind unverantwortlich.