Emanzipation

Zahlreiche Teilnehmer und Gäste haben der im Berliner Kanzleramt angesiedelten Kulturstaatsministerin Claudia Roth am Freitag zur Eröffnung des diesjährigen Jewrovision-Wettbewerbs einen in dieser Form wohl nicht erwarteten Empfang bereitet: Von Pfiffen und Buhrufen begleitet, mußte die sichtlich irritierte Politikerin ihre aus allerlei Floskeln zusammengewürfelte Retortenrede mehrmals unterbrechen.

Jewrovision ist ein seit 2002 jährlich stattfindender Musik- und Tanzwettbewerb jüdischer Jugendzentren in Deutschland, die größte Veranstaltung ihrer Art im Bundesgebiet. Beteiligten sich sechs Jugendzentren an der ersten Jewrovision, nahmen am 20. Wettbewerb (2020 wurde er abgesagt) Talente aus 13 Städten bzw. Bundesländern teil. Ein unverfänglicher Termin, mag die Politikerin angenommen haben.

Spätestens seit der mit Zuwendungen aus ihrem Haus erst ermöglichten antisemitischen documenta fifteen muß sich Claudia Roth Vorwürfe gefallen lassen, mit ihren Entscheidungen einen der wohl bedeutendsten Beiträge der jüngeren Vergangenheit zur Verharmlosung und Verbreitung von Haß auf Juden und den jüdischen Staat geleistet zu haben. Da lag es nahe, sich um eine Einladung zur Jewrovision zu bemühen.

Freilich ging das Kalkül Claudia Roths unüberhörbar nicht auf. Wollte sie sich mit jungen jüdischen Künstlern schmücken und ihr aus eigener Arroganz ruiniertes Ansehen aufpolieren, geriet ihr Auftritt zu einem spektakulären Debakel, das die Selbstherrlichkeit insbesondere dieser Politikerin nur erst recht bloßstellte. Und es drängt sich die Frage auf, weshalb ihr Kanzler Olaf Scholz sie noch im Amt duldet.

Der Protest gegen Claudia Roth in Frankfurt/Main hat aber vor allem gezeigt, daß sich junge Juden nicht als Statisten einer Politik vereinnahmen lassen wollen, deren alltägliche Entscheidungen noch immer die Bekenntnisse ihrer Sonn- und Gedenktagsreden dementieren und durchaus nicht selten jüdisches Leben in Deutschland, aber auch anderswo in Gefahr bringen. Claudia Roth ist nämlich leider kein Einzelfall.