Die Regierung in Jerusalem hat die sichere Rückkehr der aus dem Norden Israels evakuierten Menschen in ihre Wohnorte zum Kriegsziel erklärt. Galten bisher – und gelten auch weiterhin – die Zerschlagung der Hamas sowie die Befreiung israelischer Geiseln aus der Gewalt der Islamisten als Hauptaufgaben der Streitkräfte, deutet sich mit dem neuen Ziel auch eine Ausweitung der Militäroperationen im Norden des Landes an.
Während der amerikanische Präsident Joe Biden seinen Unterhändler Amos Hochstein in die Region entsandt hat, für eine Deeskalation der Auseinandersetzungen zwischen der islamistischen Hisbollah, die mit Duldung der Regierung in Beirut von libanesischem Boden aus Israel fast täglich angreift, und dem jüdischen Staat zu werben, zeigt die überfällige Entscheidung Jerusalems, daß die Zeit dafür wohl bald ablaufen könnte.
US-Außenminister Antony Blinken hat bereits im Juli analysiert, daß Jerusalem wegen der Angriffe aus dem Libanon die Kontrolle über den Norden des Landes verloren habe und dort die Sicherheit der Bevölkerung nicht mehr gewährleisten könne. Etwa 60.000 bis 70.000 Menschen mußten deswegen aus den Orten in Grenznähe ins Zentrum Israels fliehen, die verbliebenen Einwohner leben in beständiger Gefahr, massakriert zu werden.
Verpflichtet die Resolution 1701 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen Beirut, Terrororganisationen auf libanesischem Territorium zu entwaffnen, unter ihnen insbesondere die Hisbollah, und sind zu diesem Zweck sogar UNIFIL-Blauhelme im Land stationiert, deren Mandat den Einsatz von Waffengewalt zur Durchsetzung dieses Auftrags erlaubt, können die von Teheran gesteuerten Islamisten dennoch praktisch ungehindert agieren.
Die Wiederherstellung relativer Sicherheit auch im Norden Israels ist daher längst überfällig. Da zudem weder Beirut noch die Vereinten Nationen gewillt scheinen, einen Beitrag dazu zu leisten, werden kriegerische Auseinandersetzungen zwischen israelischer Armee und der Hisbollah im Libanon jedenfalls nicht unwahrscheinlicher. Jerusalem hat nicht bloß das Recht, sich und die israelische Bevölkerung zu verteidigen, sondern die Pflicht.