In der niederländischen Hauptstadt hat ein antisemitischer Lynchmob gewaltsam Jagd auf Anhänger einer israelischen Fußballmannschaft gemacht. Mindestens zehn Menschen wurden von den »propalästinensischen« Schlägern verletzt, drei weitere werden nach Angaben des Außenministeriums in Jerusalem noch vermißt. Die israelische Regierung schickte Flugzeuge, Bürger ihres Landes schnellstmöglich in Sicherheit zu bringen.
Niederländische Sicherheitsbehörden, die von israelischen Stellen über geplante Angriffe auf als jüdische Besucher informiert worden waren, zeigten sich unfähig oder womöglich unwillig, dem Mob Einhalt zu gebieten, der mit Stühlen auf Menschen einprügelte oder sie gar mit Autos zu rammen und überfahren suchte: Pogromstimmung mitten in Europa kurz vor dem 86. Jahrestag der »Reichskristallnacht« in Deutschland.
In Berlin hatten am Tag vor dem Pogrom in Amsterdam die Abgeordneten des Deutschen Bundestags einen von den damaligen Koalitions- und der Unionsfraktion formulierten Antrag mit dem Titel »Nie wieder ist jetzt – Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken« debattiert und mehrheitlich beschlossen, der dank seiner Unverbindlichkeit freilich günstigenfalls ein Schrittchen in die richtige Richtung ist.
Zuvor von selbsterklärten Vertretern der »Zivilgesellschaft« und »Menschenrechtsaktivisten« angefeindet, spiegelte auch die Parlamentsdebatte die Unfähigkeit nennenswerter Teile der Politik, Antisemitismus als das zu benennen, was er ist: Haß auf Juden, der untrennbar mit latenter und tatsächlicher Gewalt verbunden ist. Nicht wenige Abgeordnete erklärten im Plenum oder zu Protokoll, seine Ächtung könne Grundrechte gefährden.
Doch Antisemitismus hat nichts mit Meinungs-, Kunst- oder Wissenschaftsfreiheit zu tun. Der »Free Palestine«-Mob in Amsterdam diskutierte oder kritisierte nicht, er schlug wahllos zu, wollte morden. Versuche, Antisemitismus als »Meinung« zu verharmlosen, als »Kunst« oder »Wissenschaft«, ebnen den Weg für Schläger und Mörder. Das Pogrom in Amsterdam hat seine Ursachen auch in dieser Normalisierung von Antisemitismus.