Schlagwort: Islamische Republik Iran

Multilaterale Gesichtswahrung

Die Außenminister der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben bei ihrem jüngsten Treffen am Montag weitere Sanktionen gegen das Regime in Teheran beschlossen. Der Außenministerrat reagiert mit den Strafmaßnahmen auf die »inakzeptable Unterdrückung der anhaltenden Proteste« in der Islamischen Republik Iran. Die Mullahs hatten zuvor einen weiteren Demonstranten hinrichten lassen.

Die neuen Sanktionen richten sich, wie es in einer Mitteilung der Europäischen Union heißt, gegen 20 Personen und eine Organisation, die eine wichtige Rolle bei den immer brutaleren Versuchen Teherans spielen sollen, die Proteste in dem Land zu ersticken. Ob Einreisesperren und das Einfrieren europäischer Konten der Sanktionierten das islamistische Regime ernsthaft treffen, ist derweil zu bezweifeln.

Die Sanktionen sind erneut Sanktiönchen. Die deutsch-iranischen Handelsbeziehungen florieren unterdessen weiter, wie die FAZ meldet, wenn auch auf einem vergleichsweise niedrigem Niveau. Dennoch ist Deutschland damit noch »der größte Handelspartner des Iran in Europa«. Vor diesem Hintergrund sollte man denn auch einige markige Formulierungen der deutschen Außenministerin nicht überbewerten.

Deutet Annalena Baerbock ein gewisses Umdenken Berlins mit Blick auf die (derzeit nicht stattfindenden, aber offiziell auch nicht für gescheitert erklärten) Gespräche um den Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) an, jenes törichte Abkommen, das den Aufstieg der Islamischen Republik zur Atommacht verhindern sollte, ist es wohl zu früh, hier die – längst überfällige – Kehrtwende zu konstatieren.

Nach wie vor nämlich scheint das islamistische Regime in Teheran über einigen Rückhalt unter den europäischen Außenministern zu verfügen. Spricht zwar beispielsweise ein Jean Asselborn, der Außenminister der Steueroase Luxemburg, inzwischen von »Monstern«, die in Teheran herrschten, vermied es der Außenministerrat der EU erneut, etwa deren Pasdaran als die Terrororganisation zu ächten, die sie sind.

So bleiben die europäischen Außenminister einmal mehr hinter dem zurück, was notwendig und gewiß möglich gewesen wäre. Während das islamistische Regime seine Position immer aggressiver zu halten versucht und sich darüber innen- wie außenpolitisch nur weiter diskreditiert, können die Europäer sich doch nicht durchringen, ihm wirksam in den Arm zu fallen. Sie betreiben statt dessen Gesichtswahrung.

Widersprüchliche Signale

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat »harte Maßnahmen« der EU gegen Teheran angekündigt. Europa reagiert damit auf die Hinrichtung eines Mannes, der zuvor in »einem perfiden Schnellverfahren« der »Kriegsführung gegen Allah« für schuldig befunden worden war. Mit der Hinrichtung wurde das erste Todesurteil gegen einen Teilnehmer der Proteste gegen das islamistische Regime vollstreckt.

Die Europäische Union hatte zuletzt vor gut drei Wochen Sanktionen gegen Teheran verhängt, um, wie die Ministerin Mitte November formulierte, damit »ein erneutes und zwar unmißverständliches Signal an das iranische Regime« zu schicken: »Menschenrechte sind unteilbar«. Das »unmißverständliche Signal«, in der Tat freilich eher Sanktiönchen denn Sanktionen, wurde in Teheran wohl entsprechend interpretiert.

Während Deutschland und die Europäische Union sich im Bereich der Menschenrechte derweil wenigstens noch bemühen, den Schein zu wahren, bleiben sie mit Blick auf das iranische Kernwaffenprogramm selbst ähnlich »unmißverständliche« Signale schuldig. Dabei warnte erst vor wenigen Tagen die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) erneut vor Verstößen Teherans gegen den Joint Comprehensive Plan of Action.

Statt die Islamische Republik Iran dafür zu sanktionieren, daß sie ihr Atomprogramm immer weiter vorantreibt – darüber steht das Land längst an der Schwelle zur Atommacht -, sucht Europa weiter das Gespräch mit den Mullas: Am vergangenen Sonntag telefonierte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell Fontelles noch mit Hossein Amir-Aabdollahian, dem »Außenminister« des derweil gründlich diskreditierten Regimes.

Die »schärfste« Antwort der »E3«, der drei europäischen Vertragsstaaten des JCPOA, auf das iranische Streben nach Kernwaffen sind »Drohungen«, »weiterhin mit unseren internationalen Partnern beraten« zu wollen, wie es zuletzt in einer Gemeinsamen Erklärung der »E3« vom 22. November hieß. Wer solche »unmißverständlichen Signale« sendet, sollte sich vernünftigerweise nicht über »perfide Schnellverfahren« wundern.

Beste Freunde

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA), die mit der Überwachung der Umsetzung des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) durch das Regime in Teheran beauftragt ist, hat erneut vor Fortschritten des iranischen Atomprogramms gewarnt. Wie IAEA-Chef Rafael Grossi erklärte, habe Islamische Republik Iran seiner Organisation mitgeteilt, ihre Kapazitäten zur Anreicherung von Uran weiter auszubauen.

»Der Iran hat uns darüber informiert, daß er seine Kapazitäten zur Urananreicherung auf Reinheitsgrade von mindestens 60 Prozent verdreifachen, nicht verdoppeln, sondern verdreifachen werde«, berichtete nach Medienangaben der Leiter der Internationalen Atomenergiebehörde auf einer Pressekonferenz in Rom. Diese Entwicklung warnte Rafael Grossi danach, sei »nicht banal, sie hat weitreichende Folgen«.

Für Uran mit einem Reinheitsgrad von 60 Prozent und mehr gibt es in der Tat keine sinnvollen zivilen Verwendungszwecke. Es ist daher nur logisch, beklagte der IAEA-Chef die weiterhin unkooperative Haltung des Regimes in Teheran und wiederholte er seine Forderung nach Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten, wie sie nicht zuletzt der Joint Comprehensive Plan of Action aus dem Jahr 2015 auch vorsieht.

Freilich tritt das islamistische Regime internationales Recht auch bei diesem Thema nicht erst seit gestern mit Füßen. Ist der Islamischen Republik der Besitz geringer Mengen von Uran, das auf bis zu 3,67 Prozent angereichert ist, verfügte Teheran nach eigenen Angaben im Juni 2021 über 6,5 Kilogramm Uran mit einem Reinheitsgrad von 60 Prozent. Gut ein Jahr später waren es laut IAEA bereits mehr als 55 Kilogramm.

Sollte der JCPOA genau diese Entwicklung verhindern, indem er Teheran die Lockerung und Aussetzung von Sanktionen im Gegenzug für die Einhaltung der in dem Abkommen genannten Obergrenzen für Qualität und Quantität angereicherten Urans und die zu dessen Anreicherung genutzte Technologie verspricht, hat Teheran den Vertrag in ein Instrument verwandelt, das sein Kernwaffenprogramm schützt.

Und auch weil sich insbesondere die »E3«, die europäischen Vertragsstaaten, amerikanischen Vorschlägen zur Überarbeitung des JCPOA ebenso verweigerten wie sie den Einsatz des in dem Abkommen vorgesehenen Instrumentariums ablehnten und ablehnen, mit dem das islamistische Regime möglicherweise noch zu Vertragstreue gezwungen werden könnte, steht Teheran nun an der Schwelle zur Atommacht.

Verbietet es sich ob des Massakers an der »eigenen« Bevölkerung, das iranische »Sicherheitskräfte« im Auftrag der Mullahs spätestens seit Mitte September anrichten, sie überhaupt noch als Gesprächspartner zu akzeptieren, ist es derzeit dennoch einmal mehr Josep Borrell Fontelles, der »Außenminister« der Europäischen Union, der dennoch das Gespräch mit ihnen sucht und ihr blutiges Regime so aufwertet.

Statt sich endlich auf ihr vielfach wiederholtes Versprechen zu besinnen, Teherans Griff nach Kernwaffen zu verhindern, scheinen die Europäer – oder die, die vorgeben, in ihrem Namen zu handeln – fest entschlossen, dem islamistischen Regime den Weg zu eigenen Kernwaffen zu ebnen. Zu verlockend für sie ist wohl dessen Ankündigung, Israel auslöschen zu wollen. Die Verwirklichung dieses Ziels will Europa nicht behindern.

Vorsichtige Kurskorrektur

Das islamistische Regime in Teheran hat, wie iranische Medien am Montag meldeten, den dortigen deutschen Botschafter Hans-Udo Muzel einbestellt. In den vergangenen Wochen war der deutsche Vertreter den Angaben zufolge bereits mehrfach in das »Außenministerium« der Islamischen Republik Iran zitiert worden. Zuletzt beklagte Teheran sich bei dem Diplomaten über »Einmischung« und »haltlose Aussagen«.

Nachdem der »Menschenrechtsrat« der Vereinten Nationen letzte Woche eine auch auf deutsche Initiative zurückgehende Resolution verabschiedet hatte, die erste gegen die Islamische Republik, in der das Vorgehen iranischer »Sicherheitskräfte« gegen Protestierende kritisiert wird, hat sich das deutsch-iranische Klima verschlechtert: Die bilateralen Beziehungen scheinen auf dem Weg einer Abkühlung auf Normaltemperatur.

Wurde unter Außenminister Heiko Maas mit Instex noch ein deutsch-französisch-britisches »Instruments zur Unterstützung von Handelsaktivitäten« gegründet, mit dem amerikanische Sanktionen gegen die Islamische Republik umgangen werden sollten, korrigiert Außenministerin Annalena Baerbock offenbar den unter ihrem sozialdemokratischen Vorgänger betriebenen Kurs der Beschwichtigung gegenüber Teheran.

Schickte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier noch 2019 und – irrtümlich, wie es hinterher hieß – 2020 Glückwünsche zum Jahrestag der »Grünen Revolution« nach Teheran, glauben die Mullahs inzwischen, die seit Ende September anhaltenden Demonstrationen gegen ihre Herrschaft würden von der dortigen deutschen Repräsentanz orchestriert, wenn sie nicht gerade Washington oder Jerusalem beschuldigen.

Ein solches Engagement deutscher Diplomaten existiert allerdings wohl nur in den Wahnwelten des islamistischen Regimes. Noch immer kann es sich fest auf Deutschland verlassen, wenn es um den Joint Comprehensive Plan of Action geht. Auf die Verstöße Teherans gegen das Abkommen, antwortete auch Berlin jüngst mit der »beeindruckenden« Ankündigung, »weiterhin mit unseren internationalen Partnern [zu] beraten«.

Lächerliche Drohung

Die Islamische Republik Iran hat an einem weiteren Standort mit der Anreicherung von Uran auf einen Reinheitsgrad von 60 Prozent begonnen. Wie das Regime in Teheran in dieser Woche mitteilte, wurde nun auch in der unterirdischen Anlage Fordo die Anreicherung von Uran weit über den dem Land im Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) erlaubten Reinheitsgrad von 3,67 Prozent aufgenommen.

Nach eigenen Angaben reagiert die Theokratie damit auf eine Resolution des Gouverneursrats der Internationalen Atomenergiebehörde, mit der dem islamistischen Regime erneut mangelnde Kooperationsbereitschaft vorgeworfen wurde. Das islamistische Regimes weigert sich, Auskünfte über die Herkunft verdächtiger nuklearer Spuren zu geben, die IAEA-Inspekteure an drei undeklarierten Standorten gefunden hatten.

Während die Mullahs immer brutaler gegen die sich verstetigenden Proteste gegen ihre Herrschaft vorgehen und sie damit zusehends selbst diskreditieren, halten sich die internationalen Reaktionen auf ihren neuerlichen Bruch des JCPOA in Grenzen. Besonders die »E3«, die drei europäischen Vertragsstaaten des Atomabkommens aus dem Jahr 2015, brachten einmal mehr nur eine Gemeinsame Erklärung zustande.

Noch immer scheinen sie daran zu glauben, den JCPOA retten zu können. Sollte mit dem Abkommen ein Aufstieg der Islamischen Republik zur Atommacht verhindert werden, nutzt Teheran es inzwischen als Druckmittel, sich vor internationalen Sanktionen zu bewahren. Weil insbesondere die »E3« eine Wiederbelebung des JCPOA nicht gefährden wollen, schrecken sie vor einer Anerkennung der Realität zurück.

In der nämlich ist der JCPOA längst so tot wie die in Wien geführten Verhandlungen mit Teheran zu seiner deshalb ja gerade aus ihrer Sicht notwendigen »Wiederbelebung«. Noch an eine wundersame Einigung in der österreichischen Hauptstadt zu glauben, ist freilich spätestens mit den andauernden Protesten gegen das islamistische Regime immer weniger zu rechtfertigen. Die Mullahs sind als Vertragspartner untragbar.

An Deutschland, Frankreich und dem Vereinigten Königreich, den »E3«, wäre es daher, endlich entweder das im JCPOA vorgesehene Instrumentarium gegen Teheran einmal tatsächlich zu nutzen – nämlich über den »Snap back«-Mechanismus internationale Sanktionen zu reaktivieren -, oder das Abkommen endlich aufzugeben, statt immer wieder zu »drohen«, »weiterhin mit unseren internationalen Partnern [zu] beraten«.

Erklärungsweltmeister

Der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) hat in seiner jüngsten Sitzung eine weitere Resolution beschlossen, die der Islamischen Republik Iran mangelnde Kooperation bei der Klärung wichtiger Fragen im Zusammenhang mit dem Atomprogramm des Regimes in Teheran bescheinigt. Der Resolutionsentwurf war von den »E3« und den Vereinigten Staaten erarbeitet und vorgelegt worden.

Nach wie vor verweigert das Mullah-Regime der Behörde der Vereinten Nationen, die mit der Überwachung der Umsetzung des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) und der Einhaltung des Atomwaffensperrvertrags beauftragt ist, Auskünfte über Uranpartikel, die an undeklarierten Standorten in der Islamischen Republik gefunden wurden. Teheran hat angekündigt, die Fragen nicht beantworten zu wollen.

Washington erklärte in einer Reaktion auf diesen und viele weitere Verstöße Teherans gegen internationale Verträge und Abmachungen, sich nicht mehr in den Wiener Gesprächen zur Wiederbelebung des JCPOA engagieren zu wollen, sondern vermehrt auf Sanktionen zu setzen. Eine ähnliche Verschärfung ihres Kurses scheinen Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich, die »E3«, hingegen nicht zu planen.

Ihr schärfstes »Schwert« bleiben weiterhin diplomatische Noten, in denen sie zwar korrekt festhalten, daß und weshalb sie Teheran nicht trauen, es zugleich aber tunlichst vermeiden, dem islamistischen Regime ernsthaftere Konsequenzen auch nur anzudrohen. So bleibt auch ihre neueste – von Washington mitgetragene – Gemeinsame Erklärung nicht mehr als ein weiteres Dokument ihres kollektiven Versagens.

Überfällige Kurskorrektur

Die Regierung in Washington hat angekündigt, sich nicht mehr für eine Wiederbelebung des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) zu engagieren. Wie Robert Malley, der Sondergesandte der Vereinigten Staaten für die Islamische Republik Iran, in der französischen Hauptstadt Paris erläuterte, reagiert Washington mit diesem Kurswechsel auf die Menschenrechtsverletzungen des islamistischen Regimes.

Zwar bleibt die Regierung von Präsident Joe Biden weiter offen für ein erneuertes Abkommen, den Angaben zufolge will sie zukünftig jedoch gegenüber dem Mullah-Regime auf Druck durch verschärfte Sanktionen setzen. Gleichzeitig kündigte Robert Malley für diesen Dienstag Gespräche mit den europäischen JCPOA-Staaten über gemeinsame Antworten auf Verletzungen des Abkommens durch Teheran an.

Hält sich Washington einige Hintertürchen offen, ist der amerikanische Politikwechsel gegenüber der mörderischen Theokratie doch zu begrüßen. Anders als die Europäer, die es aus Rücksicht auf die offenbar zarten Gefühle der Schlächter von Teheran nicht einmal schaffen, deren Pasdaran als Terrororganisation zu ächten, will Präsident Joe Biden sich in Wien nicht mehr länger durch die Mullahs vorführen lassen.

Seit August liegt dort ein unterschriftsreifer Entwurf für ein erneuertes Abkommen über das iranische Atomprogramm vor, Teheran verweigert ihm jedoch die Zustimmung. Zugleich unterlassen es die »E3«, die drei europäischen JCPOA-Vertragsstaaten, diese mit Nachdruck einzufordern, während sie nicht weniger tatenlos der inzwischen ganz offen betriebenen atomaren Aufrüstung durch Teheran zuschauen.

Mit seinem erneuerten Bekenntnis zu einer Politik der Sanktionen setzt Washington daher nun auch insbesondere Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich, die »E3«, sowie die Europäische Union unter Entscheidungsdruck. Die amerikanische Regierung bietet mit ihrer Entscheidung ihnen die Möglichkeit, sich gesichtswahrend von ihrer unverantwortlichen Beschwichtigungspolitik zu verabschieden.

Verrat

Die Außenminister der Mitgliedsstaaten der EU haben sich bei einem Treffen auf neue Sanktionen gegen des Regime in Teheran verständigt. Mit den Sanktionen soll nach Angaben der deutschen Außenamtschefin Annalena Baerbock ein »klares Signal« an das islamistische Regime verbunden sein. Bei genauerem Hinsehen drängt sich freilich die Frage auf, was genau die Europäische Union da signalisiert.

Die Strafmaßnahmen sind eine Reaktion Brüssels auf die andauernden Menschenrechtsverletzungen der »Führung« in Teheran, die ihre »Sicherheitskräfte« zunehmend brutaler gegen Proteste vorgehen läßt, die seit mehreren Wochen anhalten. Unsanktioniert bleiben nach dem kollektiven Wunsch der europäischen Außenminister derweil die iranischen Verstöße gegen den Joint Comprehensive Plan of Action.

Und schon darin zeigt sich die Unfähigkeit Europas, sich angemessen für die Durchsetzung elementarer Menschenrechte in der Islamischen Republik einzusetzen. Sind sich die Außenminister durchaus einig, daß die Menschenrechtsverletzungen der Mullahs eine baldige Einigung bei den Gesprächen über den JCPOA in Wien unmöglich machen, drohen sie nicht einmal mit ihrem Ausstieg aus diesem Monolog.

So lassen sie zu, daß das islamistische Regime sein illegales Kernwaffenprogramm weiter ausbaut, das Teheran wiederum als Druckmittel nutzt, international jene Anerkennung zu erpressen, die es im Land längst nachhaltig verspielt hat. Diesem Ansehenserhalt oder gar -gewinn stehen ein paar Einreiseverbote als »Strafen« für das immer brutalere Vorgehen Teherans gegen die »eigene« Bevölkerung gegenüber.

Signalisiert die europäische Weigerung, die Wiener Verhandlungen über den JCPOA für gescheitert zu erklären, daß das islamistische Regime trotz vorsätzlicher Vertragsverletzungen und nicht weniger offener Verletzungen von Menschenrechten noch immer als Gesprächspartner willkommen ist, sind Einreiseverbote alles andere als ein »klares Signal« im Sinne eines Bekenntnisses zu zivilisatorischen Mindeststandards.

Tatsächlich bleiben die Außenminister der Europäischen Union weit hinter dem, was möglich wäre, und dem, was vor allem nötig wäre, zumal europäische Einreiseverbote gegen Vertreter Teherans in der Vergangenheit mit oft abenteuerlichen Begründungen gar nicht durchgesetzt wurden. Mit seiner Zurückhaltung gegenüber der Theokratie signalisiert Europa allein seine zuverlässige Kollaborationswilligkeit.

Offene Drohung

Das islamistische Regime in Teheran hat nach eigenen Angaben Raketen entwickelt, die mit fünffacher Schallgeschwindigkeit ihre Ziele erreichen können sollen. »Alle« herkömmlichen Raketenabwehrsysteme sollen wirkungslos sein gegen die Hyperschall-Raketen, die Amir Ali Hajizadeh am Freitag in Teheran vorstellte, ein hochrangiger Kommandeur der »Luft- und Raumfahrtabteilung« der Pasdaran.

Und damit niemand die neuen Raketen der »Elitearmee« der Islamischen Republik Iran als Beitrag zur Erkundung des Weltraums durch die Menschheit mißversteht, rechnen ihre Tehran Times auf ihrer Titelseite stolz und bedrohlich vor: »Weniger als vier Minuten bis nach Tel Aviv«. Einmal mehr bekennt Teheran sich damit unumwunden zu seinem Staatsziel, der Vernichtung Israels, des jüdischen Staates.

In Europa stoßen derweil (und wohl auch nur deshalb vorgetragene) Wünsche der deutschen Regierung nach einer Ächtung der Pasdaran als Terrororganisation auf Widerstand. »Die Maßnahme«, schreibt die tagesschau, könnte nämlich »nach Ansicht von Kritikern die ohnehin schon geringen Chancen auf eine Fortführung des Atomabkommens mit dem Iran mindern«, des Joint Comprehensive Plan of Action.

Von der Theokratie in Teheran freilich ohnehin immer massiver verletzt, zeigt das Abkommen auf diese Weise erneut seine eigentliche »Qualität«: Statt den Aufstieg der Islamischen Republik zu einer Atommacht zu verhindern, dient es längst als Druckmittel, das wirksame Sanktionen gegen die Mullahs behindert. Sie und es machen so die Welt nicht friedlicher, sondern verschärfen bestehende Konflikte weiter.

Amerikakundler

Das islamistische Regime in Teheran steckt in einer tiefen Legitimitätskrise, die sich durch die andauernden Proteste einer- und die brutalen Reaktionen der Mullahs darauf andererseits täglich verschärft. Vielleicht sind die Tage der Grünen Revolution, die inzwischen schon Schulmädchen zu Tode prügelt, die das Loblied auf sie verweigern, noch nicht gezählt, ihre Wochen sind es mit einiger Sicherheit.

Wie schlecht es um um sie tatsächlich steht, das zeigte der jüngste Auftritt Ayatollah Seyed Ali Khameneis, der sich in einer Rede vor »Studenten« ausführlich den Vereinigten Staaten, einem der »Erzfeinde«, widmete und Amerika den baldigen Zusammenbruch vorhersagte. »Eines der Anzeichen für den Niedergang Amerikas« sei »die Wahl von Leuten wie dem derzeitigen und dem ehemaligen Präsidenten«.

Mit Donald J. Trump hätten die Amerikaner einen »Verrückten« zum Präsidenten gewählt und es mit ihrer Entscheidung für Joe Biden als Amtsnachfolger nicht wesentlich besser gemacht. »Das ist ein Zeichen für den Zerfall einer Nation, das sind Zeichen für den Verfall der Zivilisation [in Amerika].« Bei seiner Analyse berief der greise »Revolutionsführer« sich allerdings ausgerechnet auf die beiden Politiker.

Hätte der eine doch erklärt, die Vereinigten Staaten stünden am Abgrund, während der andere sie bereits aus eben diesem retten wolle. Daß damit beide, Joe Biden wie Donald J. Trump, vorführen, was Demokratie ausmacht, nämlich die Fähigkeit zu einer Kritik, die das System nach durchaus widerstrebenden Vorstellungen verbessern soll, entging dem »geistlichen Oberhaupt« der Islamischen Republik freilich.

Selbstkritik dürfte dem Weltbild Ayatollah Seyed Ali Khameneis indes so fremd sein wie die Vorstellung, daß unterschiedliche Gesellschaftsentwürfe gleichberechtigt diskutiert und zur Wahl gestellt werden, sich dem Urteil jener stellen müssen, über deren Leben sie schließlich bestimmen. Die Vereinigten Staaten gehen deshalb noch lange nicht unter; das islamistische Regime in Teheran aber werden sie sicher überleben.