Schlagwort: Islamische Republik Iran

»Kulturnation«

Das islamistische Regime in Teheran veranstaltet in wenigen Tagen ein »internationales Kulturfestival«, das unter dem Motto »Die Vernichtung Israels« stehen wird. Mit einem nach Qassem Soleimani benannten Kampfschiff konnte Teheran auch einen passenden Ort für das zum 17. Mal stattfindende »International Resistance Film Festival« auftun, mit dem alljährlich die berüchtigten Basij-»Milizen« gefeiert werden.

Während der iranische »Außenminister« Hossein Amir Abdollahian gerade noch erklärte, die Politik seiner Islamische Republik richte sich »gegen Kriege«, demonstriert sein Regime mit dem »Filmfestival« anschaulich, daß im Weltbild der derzeit noch mit brutaler Gewalt in der islamistischen Theokratie herrschenden Mullahs jedenfalls Frieden wohl nicht das erstrebenswertere Gegenteil von Krieg darstellt.

Hält sich das Regime neben den regulären iranischen Streitkräften mit den auch als Pasdaran kannten Revolutionsgarden (IRGC) eine hochgerüstete Armee, sind die paramilitärischen Basij eine Art »Polizei«, auf die die Mullahs vor allem dann zurückgreifen können, wenn sie Proteste im Inland niederschlagen wollen. Im Ersten Golfkrieg rekrutierten die Basij unzählige Kindersoldaten und schickten sie in den Tod.

Qassem Soleimani befehligte bis zu seinem mittels Drohne herbeigeführten Tod im Januar 2020 in Bagdad »Spezialeinheiten« der Pasdaran, eine »Elite« innerhalb der »Elite«, und galt etwa als Organisator iranischer Waffenlieferungen an »palästinensische« Terroristen in Gaza und den umstrittenen Gebieten. Von den Vereinten Nationen mit einem Reiseverbot belegt, traf ihn eine amerikanische Drohne im Irak.

Nicht zuletzt spiegelt auch das martialische Motto des »Filmfestivals« einmal mehr den aggressiven Antisemitismus des islamistischen Regimes in Teheran, das mittlerweile einräumen muß, mit Waffenlieferungen mitverantwortlich zu sein für zahlreiche Opfer des russischen Einmarschs in die Ukraine, darunter viele Zivilisten. Und dennoch gibt es besonders im Westen Gestalten, die eine Isolation Teherans ablehnen.

Infantile Hoffnung

Während sich die Europäische Union nach wie vor weigert, mit der Wiedereinsetzung von Sanktionen gegen das iranische Kernwaffenprogramm auch nur zu drohen, sollte Teheran seine massiven Verstöße gegen den Joint Comprehensive Plan of Action nicht einstellen, konnten ihre Außenminister sich in dieser Woche immerhin auf Sanktiönchen als Antwort auf iranische Drohnen im Ukraineeinsatz verständigen.

Die Drohnen, für deren iranische Herkunft der EU nach eigener Auskunft Beweise vorliegen, werden von den russischen Invasionstruppen in der Ukraine in zunehmendem Umfang gegen die zivile Infrastruktur des Landes eingesetzt und haben diese nach Aussagen Kiews bereits in weiten Teilen zerstört. Die angerichteten Schäden dürften das Leben in der Ukraine besonders im bevorstehenden Winter stark beeinträchtigen.

Vor dem Hintergrund dystopischer Zukunftsaussichten jedenfalls für das zivile Leben in den betroffenen Gebieten wirkt die Reaktion Brüssels auf die iranische Verwicklung in den auf europäischem Boden ausgetragenen Krieg freilich geradezu lachhaft: Die Vermögen dreier Personen und einer iranischen Einrichtung, die für die Drohnenlieferungen an Rußland verantwortlich gemacht werden, sollen eingefroren werden.

Einmal mehr zeigt Europa sich unfähig oder unwillig, angemessen sich zuspitzenden Konflikten zu begegnen. Es kann ob dieser Inkompetenz oder eben dieses Unwillens nicht verwundern, daß das Mullah-Regime demnächst vielleicht zwar gestürzt werden wird, aber mit Atombomben in den Untergrund gehen könnte, nachdem es noch mitgeholfen hat, menschenwürdiges Leben in der Ukraine unmöglich zu machen.

Späte Erkenntnis

Während die Proteste gegen das islamistische Regime in Teheran ebenso anhalten wie dessen brutalen Versuche, das Aufbegehren zu ersticken, mehren sich in Deutschland Stimmen, die für ein Ende der Gespräche mit Teheran über eine Wiederbelebung des Joint Comprehensive Plan of Action plädieren. Zuletzt meinte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken, es sei Zeit für ein Zeichen: »Bis hierhin und nicht weiter«.

Die Erkenntnis kommt zwar mindestens sieben Jahre zu spät, richtig war und bleibt sie dennoch. Das zeigt nicht zuletzt die Dürftigkeit des »Gegenarguments«, das Parteifreund Nils Schmid vortrug, der der Partei den »außenpolitischen Sprecher« macht: Saskia Eskens Vorschlag »›hat mit verantwortungsvoller Außenpolitik nichts zu tun‹. Der Iran würde mit Atombomben Israel und die regionale Stabilität bedrohen.«

So dumm, zu glauben, Teheran könne durch ein Abkommen von seinem Streben nach Kernwaffen abgehalten werden, war nicht einmal Präsident Barack Hussein Obama: Für den war klar, daß man mit dem JCPOA günstigenfalls Zeit kaufe. Und er hoffte auf bessere Informationen über das iranische Kernwaffenprogramm. Die liegen heute teils vor, das klerikale Regime verweigert derweil weiter wichtige Informationen.

Vor acht Jahren – ohne JCPOA, allerdings mit vergleichsweise harten internationalen Sanktionen gegen Teheran – waren die Mullahs weiter davon entfernt, ihre Islamische Republik zur Atommacht zu aufsteigen zu lassen als heute, sieben Jahre nach Unterzeichnung des Abkommens. Nach Angaben der IAEA verfügen sie heute über mehr angereichertes Uran als je zuvor, das sie jederzeit waffenfähig machen können.

Die Behauptung, ein Scheitern der Wiener Verhandlungen mit Teheran würde die Situation wesentlich zuspitzen, ist daher ein Scheinargument. Die Realitätsverweigerung des Westens – und hier insbesondere der »E3« – und seine Weigerung, auf Vertragsverstöße des islamistischen Regimes mit mehr zu antworten als mit Gemeinsamen Erklärungen, haben den JCPOA noch schwächer gemacht als er ohnehin konstruiert war.

Die Islamische Republik Iran steht heute an der Schwelle zur Atommacht. Deshalb wird die Zeit, etwas dagegen zu tun, in der Tat knapp. Verhandlungen mit den Islamisten würden deren gründlich diskreditiertes Regime aufwerten, sie aber gewiß nicht davon abbringen, sich alle atomaren Optionen zu erhalten. Das können – vielleicht – internationale Sanktionen oder auch militärische Maßnahmen, sollten die nötig werden.

Davor schrecken Beschwichtiger wie Nils Schmid freilich zurück. Andererseits gilt »Kriegsmüdigkeit« in deutschen Regierungskreisen durchaus schon als ein Schimpfwort – jedenfalls im Zusammenhang mit dem, was Deutschland als Solidarität mit der Ukraine bezeichnet. Waffen und ihr Einsatz können Probleme lösen. Gilt das für die Ukraine, weshalb sollte es mit Blick auf das iranische Atomprogramm nicht gelten?

Saskia Eskens außenpolitische Kompetenzen sollte man nicht überschätzen. Nils Schmid hat seine derweil an der Seite eines sozialdemokratischen Außenministers erworben, der 2018 erklären zu können glaubte, »es gibt keine Abhängigkeit Deutschlands von Russland, schon gar nicht in Energiefragen«. Seinerzeit war Donald J. Trump Präsident in Washington und erdreistete sich, das Gegenteil zu behaupten.

Erfolgsrezept

Die Internationale Atomenergiebehörde warnt erneut vor dem iranischen Atomprogramm. In einem vertraulichen Bericht der IAEA, aus dem die Nachrichtenagentur Reuters zitiert, geht hervor, daß das islamistische Regime seine Aktivitäten zur Anreicherung von Uran mit weiteren Kaskaden moderner Zentrifugen an den unterirdisch installierten Standorten Natanz und Fordo noch einmal beschleunigt hat.

Gestattet der Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) der Islamischen Republik Iran allenfalls den Besitz geringer Mengen auf niedrige Reinheitsgrade angereicherten Urans und den Einsatz von IR-1-Zentrifugen, setzt das Mullah-Regime nach Angaben der IAEA, die mit der Überwachung der Einhaltung des JCPOA durch Teheran beauftragt ist, inzwischen immer weitere Zentrifugen vom neueren Typ IR-6 ein.

Darüber verfügen die Mullahs inzwischen über das Wissen, die Technologie und Uran-Vorräte, um innert kürzester Zeit mehrere einsatzfähige Atomsprengköpfe herstellen zu können; die passenden Raketen präsentiert befinden sich längst im Besitz der iranischen Streitkräfte und ihrer terroristischen »Elite«, den Pasdaran. Dennoch sind große Teile der Weltgemeinschaft nicht gewillt, den JCPOA durchzusetzen.

Insbesondere die »E3«, die europäischen Vertragspartner Teherans, schauen untätig zu, wie das islamistische Regime das Abkommen, das eine weitere atomar bewaffnete Islamische Republik eigentlich verhindern soll, von den Mullahs tagtäglich offen verletzt wird. Aus irgendwelchen Gründen glauben sie, das doch so offenkundig gescheiterte Abkommen auf dem Verhandlungsweg wiederbeleben zu können.

Die in Wien geführten Verhandlungen sind freilich seit zwei Monaten beendet, ein unterschriftsreifes Abschlußdokument soll zwar vorliegen. Doch inzwischen müssen sogar die seit September anhaltenden Proteste gegen die klerikale Tyrannei als Grund dafür herhalten, daß so bald mit dessen Unterzeichnung zu rechnen ist: Die Mullah-Herrschaft sei durch ihr brutales Vorgehen gegen die Proteste diskreditiert.

Wäre die logische Konsequenz, die Wiener Gespräche für gescheitert zu erklären – denn das islamistische Regime wird kaum wieder an Legitimität gewinnen – und ausgesetzte internationale Sanktionen zu reaktivieren, hoffen die »E3« weiter auf ein Wunder. Seit vier Wochen wollen sie »gemeinsam mit unseren internationalen Partnern darüber beraten, wie wir mit Irans fortgesetzter nuklearer Eskalation [..] umgehen«.

Feministische Außenpolitik

Vier Wochen ist es inzwischen her, daß Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich, die »E3«, die europäischen Vertragsstaaten des Joint Comprehensive Plan of Action, in einer Gemeinsamen Erklärung »ernsthafte Zweifel an Irans Absichten und seinem Bekenntnis« zu einer Einigung bei den Wiener Verhandlungen über das Abkommen äußerten, mit dem sie Teherans Aufstieg zur Atommacht verhindern wollen.

Weitere vier Wochen, insgesamt also bereits zwei Monate, ist es her, daß Josep Borrell Fontelles, der Hohe Außenbeauftragte der Europäischen Union, die Gespräche in der österreichischen Hauptstadt nach einer seit dem Frühjahr andauernden Pause für abgeschlossen erklärt hatte: »Was ausgehandelt werden konnte, ist ausgehandelt und in einem endgültigen Text festgehalten«, der nur noch unterschrieben werden müsse.

Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bekräftigte zwischenzeitlich, sie könne dem islamistischen Regime in Teheran ganz ausdrücklich nicht bescheinigen, es verfolge mit seinem Atomprogramm allein friedliche Zwecke. Ganz im Gegenteil: Die Islamische Republik Iran, warnt die UN-Behörde, verfüge über eine »signifikante Menge« Uran, das auf einen Reinheitsgrad von mindestens 60 Prozent angereichert wurde.

Zudem weigert sich das Mullah-Regime weiter, Fragen der mit der Überwachung der Umsetzung des JCPOA durch Teheran beauftragten IAEA zu Funden strahlender Spuren in dem Land zu beantworten, dessen Herrscher ihr Kernwaffenprogramm derweil ausbauen und immer schneller vorantreiben. Dennoch scheinen ihre seit einem Monat anhaltenden »ernsthaften Zweifel« die »E3« nicht allzu sehr zu bekümmern.

Von den in ihrer Gemeinsamen Erklärung Anfang September angekündigten Beratungen »mit unseren internationalen Partnern darüber«, »wie wir mit Irans fortgesetzter nuklearer Eskalation und seinem Mangel an Kooperationsbereitschaft [..] umgehen«, ist seither nichts mehr zu hören gewesen. Schlagzeilen machte dafür Teheran wegen seiner anhaltenden und immer brutaleren Versuche, zunehmende Proteste zu ersticken.

Dennoch denken die »E3« und insbesondere Berlin offenbar nicht daran, das Scheitern der Verhandlungen von Wien einzugestehen, wie für die deutsche Regierung deren Menschenrechtsbeauftragte Luise Amtsberg in einem Interview erläuterte. Der aktuellen Lage wegen liefen »derzeit« nicht bloß »keine aktiven Verhandlungen«, es gebe ihretwegen »natürlich« auch »keine Bestrebungen, die Verhandlungen weiterzuführen«.

Gleichwohl jedoch wollen die »E3« – zumindest jedenfalls Berlin – am JCPOA festhalten, »denn«, so Luise Amtsberg, wem werde es helfen, wenn an der Stelle« des Abkommens »wir als Konsequenz haben, dass der Iran an Atomwaffen kommt und damit auch ein bisschen zu einem Wettrüsten in der Golfregion beiträgt, und gleichzeitig ein Regime, das so eklatant Menschenrechtsverletzungen betreibt, in dieser Machtposition ist«?

Es ist eine bemerkenswerte Logik, die sich da: entfaltet: Wegen der Proteste gegen das Mullah-Regime, das sich dabei immer weiter diskreditiert, ist es gegenwärtig »natürlich« unmöglich, mit Teheran über den JCPOA zu verhandeln. Das Abkommen soll aber dennoch unbedingt irgendwie wiederbelebt werden, obwohl das gleichbedeutend wäre mit einer Anerkennung und Stärkung des dann noch weiter diskreditierten Regimes.

Derweil pausiert das iranische Kernwaffenprogramm freilich nicht. Dank wachsender Uran-Vorräte fällt es den Mullahs immer leichter, sich tatsächlich für den Bau einsatzfähiger Atomsprengköpfe zu entscheiden, zumal sie ihre Herrschaft damit auch nach innen sichern könnten. Doch Luise Amtsberg möchte nicht einmal einen Botschafter abberufen, weil dadurch »die Informationslage dünner« würde, »die ja jetzt schon sehr, sehr schlecht ist«.

Ankündigung eines Blutbads

Ayatollah Seyed Ali Khamenei, das Oberhaupt der Islamischen Revolution, hat am Montag »Amerika, das zionistische Regime und deren Gefolgsleute« für die Proteste in der Islamischen Republik Iran gemacht. Trotz zunehmender Brutalität der iranischen Sicherheitskräfte haben in den jüngsten Tagen immer mehr Menschen sich an den Demonstrationen gegen das islamistische Regime von Teheran beteiligt.

»Diese Entwicklungen«, wie das »religiöse Oberhaupt« des klerikalen Regimes die sich möglicherweise zum Aufstand entwickelnden Proteste in einer Ansprache vor Angehörigen der iranischen Armee nannte, seien »ganz klar von Amerika und dem zionistischen Regime geplant« worden, die eine »starke und unabhängige Islamische Republik« fürchteten. Die »Revolution« werde sich aber gegen sie behaupten.

Hieß es kürzlich noch, hinter den Protesten stecke – ausgerechnet – die deutsche Botschaft in Teheran, die als Zentrum gegen die Islamische Republik gerichteter Bemühungen mehrerer europäischer und eines asiatischen Landes fungiere, ist es schon wieder aus mit dem Ruhm für Berlin. Teheran besinnt sich auf seine antisemitischen Traditionen und diffamiert die Demonstrierenden als Handlanger seiner »Erzfeinde«.

Mit seinen Ausführungen läßt Ayatollah Seyed Ali Khamenei erkennen, daß das Regime in Teheran sein Vorgehen gegen die Proteste noch verschärfen dürfte, denn selbst das geringste Eingehen auf Forderungen von zu Marionetten des »großen« und des »kleinen Satans« erklärten Demonstranten verbietet sich in der islamistischen Logik von selbst. Die Theokratie scheint zu blutiger Rache entschlossen.

Die Islamische Republik Iran demonstrierte mit den Äußerungen ihres »geistlichen Führers« einmal mehr ihren so antisemitischen wie barbarischen Charakter. Es ist gerade vor diesem Hintergrund unverständlich und unverantwortlich, daß insbesondere das offizielle Europa noch immer meint, den Joint Comprehensive Plan of Action wiederbeleben zu müssen, der die islamistische Barbarei legitimieren und stärken würde.

Zu späte Einsicht

In einer Aktuellen Stunde des Deutschen Bundestags hat Außenministerin Annalena Baerbock angekündigt, sich für Sanktionen der Europäischen Union gegen die Islamische Republik Iran einsetzen zu wollen. Mit den Strafmaßnahmen soll die EU auf den Tod Mahsa Aminis reagieren, die vor zwei Wochen von iranischer Sicherheitskräften festgenommen worden war und den Gewahrsam nicht überlebte.

Versuche des Regimes, die seither wachsenden Proteste gegen das Vorgehen seiner »Sittenpolizei« zu ersticken, scheiterten. Weder mit brutaler Gewalt noch mit inszenierten Gegendemonstrationen konnten die Mullahs die Menschen bisher davon abbringen, sich auf den Straßen zu versammeln. Die jüngste »Enthüllung«, die Botschaft Berlins in Teheran organisiere den Protest, zeigt eine gewisse Hilflosigkeit der Mullahs.

Vor diesem Hintergrund wirkt die angekündigte Initiative der deutschen Außenministerin ein wenig wie der Versuch, auf einen fahrenden Zug aufzuspringen. Sollte die Theokratie fallen, der Anteil Berlins daran dürfte tatsächlich eher unbedeutend sein, was für eine »werteorientierte« Außenpolitik freilich nicht gerade ein Kompliment wäre. Ein solches hat das offizielle Deutschland allerdings auch nicht verdient.

Es ist noch gar nicht lange her, daß in Teheran Grüße des deutschen Staatsoberhaupts Frank-Walter Steinmeier zum Jahrestag der »Revolution« eingingen. Weil man das schon immer so gemacht habe, hieß es, nachdem diese Praxis öffentlich hinterfragt worden war. Und im Zusammenhang mit dem Joint Comprehensive Plan of Action, gegen den Teheran inzwischen offen verstößt, wurde Berlin sogar aktiv gegen Sanktionen.

Mit Instex, einem Projekt, an dem sich neben Berlin noch London und Paris beteiligten, wurde ein Instrument geschaffen, mit dem ganz ausdrücklich amerikanische Sanktionen gegen das Mullah-Regime umgangen werden sollten. Seit 2019 wachsen die deutschen Importe aus der Islamischen Republik – wenn auch auf niedrigem Niveau -, während die deutschen Exporte in die Theokratie relativ stabil blieben.

Deutschland gehört jedenfalls gewiß nicht zu jenen wenigen Staaten, die die Konfrontation mit dem Mullah-Regime suchen, wenn es um dessen Kernwaffenprogramm geht, aber auch dessen Verständnis von Menschenrechten. Es wäre wohl nicht falsch, der deutschen Außenpolitik gegenüber Teheran eine das dortige Regime legitimierende Tendenz zu unterstellen. Annalena Baerbocks Initiative ist daher kaum glaubwürdig.

Übertriebenes Lob

Das islamistische Regime in Teheran ist nach eigener Auskunft todunglücklich über den tragischen Tod einer jungen Frau, die ihre letzte Begegnung mit dessen Sittenwächtern nicht überlebte. Noch unglücklicher sind die Mullahs darüber, daß inzwischen seit Tagen immer wieder und immer mehr Menschen in der gesamten Islamischen Republik Iran gegen ihre klerikale Herrschaft auf die Straßen gehen.

Dabei geht der Tod Mahsa Aminis niemandem näher als Ebrahim Raisi, dem iranischen »Präsidenten«. Der arme Mann vergießt, wie er der Zeitung Tehran Times verriet, nur noch Tränen um Mahsa Amini, seit er von dem »Zwischenfall« hörte. »Eure Tochter«, kondolierte der »Präsident« danach den Angehörigen der jungen Kurdin, »ist wie meine Tochter, es ist als hätte ich ein geliebtes Familienmitglied verloren«.

Leider allerdings scheinen die Worte Ebrahim Raisis auf taube Ohren zu stoßen. Gesteuert von der Botschaft Berlins in Teheran versuchten, wie die der »reinen Wahrheit« verpflichteten Tehran Times berichten, vier europäische und ein asiatisches Land, den Tod Mahsa Aminis dazu zu mißbrauchen, die Islamische Republik Iran in eine Krise zu stürzen, die deutsche Botschaft heize die Proteste in Teheran an.

Dabei seien friedliche Demonstrationen, die Aufklärung über die Umstände des Todes der Frau verlangen, nur zu verstehen. Doch für Gewalt, die inzwischen von ihnen ausgehe und für die die Berliner Vertretung verantwortlich sei, gäbe es keine Rechtfertigung. Deutschland, beklagen die Tehran Times, schrecke nicht einmal davor zurück, die Familie Mahsa Aminis mit falschen Versprechungen zu instrumentalisieren.

Beinahe möchte man Mitleid haben mit dem auch als »Schlächter von Teheran« berüchtigten Ebrahim Raisi und dem islamistischen Regime, das er repräsentiert. Doch ausgerechnet Berlin und dessen Vertretung in der Islamischen Republik verantwortlich zu machen für Proteste, die die Mullahs womöglich stürzen könnten, scheint doch recht kühn. Es wäre zu schön, stimmten die »Enthüllungen« der Tehran Times.

Verhängnisvolles Abwarten

Das islamistische Regime in Teheran hat seine Weigerung bekräftigt, der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) Fragen zur Herkunft radioaktiver Spuren zu beantworten, die Inspekteure der Organisation an mehreren Orten in der Islamischen Republik Iran gefunden hatten. Die IAEA überwacht im Auftrag der Vereinten Nationen die Einhaltung des Joint Comprehensive Plan of Action durch Teheran.

In der österreichischen Hauptstadt Wien, die auch der Sitz der IAEA ist, tagt seit Montag und noch bis zum Freitag die jährliche Hauptversammlung der UN-Behörde, in deren Rahmen Vertreter der IAEA-Mitgliedsstaaten in bi- und multilateralen Treffen zahlreiche Themen diskutieren können. Zu den drängendsten Problemen gehört dabei nicht erst seit gestern das Kernwaffenprogramm des Regimes in Teheran.

Während das islamistische Regime mit seinem Atomprogramm inzwischen offen und immer massiver gegen den JCPOA verstößt, sind insbesondere die »E3«, die europäischen Vertragsstaaten, und die Europäische Union an einer Wiederbelebung des Abkommens interessiert, zu dessen Scheitern freilich gerade ihr Unwille beiträgt, selbst dessen beschränktes Instrumentarium gegen iranische Verstöße anzuwenden.

Zu den Streitpunkten gehört dabei immer wieder die mangelnde Kooperationsbereitschaft Teherans gegenüber der IAEA, deren Tätigkeit das islamistische Regime nach Kräften sabotiert. Während es sein Kernwaffenprogramm aggressiv vorantreibt, hat Teheran durch das Entfernen von Kameras und die Verweigerung von Auskünften die Möglichkeiten der IAEA, ihren Auftrag zu erfüllen, immer weiter eingeschränkt.

Während die Islamische Republik Iran heute kurz davor steht, zur Atommacht aufzusteigen, wachsen gleichzeitig die durch Teherans Sabotageakte verursachten Wissenslücken bei der Internationalen Atomenergiebehörde. Dennoch scheint die Weltgemeinschaft fest entschlossen, Teheran gewähren zu lassen, und damit den Weg in weitere Konflikte ebnen zu wollen. Es gibt wohl noch nicht genug Gewalt in der Welt.

Linke Tugendwächter

Seit vor wenigen Tagen eine junge Frau in Teheran ihre Begegnung mit Tugendwächtern des islamistischen Regimes nicht überlebte, sehen die dort herrschenden Mullahs sich mit zunehmenden Protesten konfrontiert. Während die Islamische Revolution die Demonstrationen mit Repressionen und blanker Gewalt beantwortet, wollten sich auch deutsche »Linke« in Leipzig solidarisch zeigen mit den Aufbegehrenden.

Deutsche Solidarität freilich ist keine unbedingte. Stehen in Teheran und vielen weiteren Städten in der Islamischen Republik Iran Menschen vor allem auf gegen Bekleidungsvorschriften und in der Folge gegen das Regime, das sie durchsetzen will, erließen die solidarischen »Linken« in Leipzig welche: In einem in sozialen Netzwerken verbreiteten Aufruf verbaten sie sich israelische Fahnen auf ihrer Kundgebung.

Denn, genderten sie da, »die Anwesenheit von Unterstützer*innen Israels auf der Demonstration ebnet den Weg für weitere Repression und die Legitimation des Massakers« in der Islamischen Republik. Die nämlich hätte ihre Spitzel überall, sogar in Leipzig, und so gefährdeten israelische Fahnen ihrer Ansicht nach »Iraner*innen, die an der Demonstration in Leipzig teilnehmen« und »zukünftig in den Iran reisen«:

»Wenn sie neben einer Israelfahne gesehen werden, setzt sie das dem Risiko von Exekutionen aus.«

In der irren Welt deutscher »Linker« unterscheiden die Mullahs und ihre Henker nämlich sorgfältig zwischen Protestierenden, die nicht in der Nähe einer israelischen Fahne gesehen werden, und solchen, die ins Umfeld einer solchen geraten könnten. Es verwundert allerdings, daß die »Iraner*innen, die an der Demonstration in Leipzig teilnehmen«, nicht gleich noch an die in Teheran geltenden Bekleidungsregeln erinnert wurden.

Könnte der Verstoß gegen sie, selbst wenn in Leipzig begangen, denn nicht erst recht zukünftige Reisen in die Islamische Republik zum Himmelfahrtskommando ohne Rückkehrmöglichkeit machen? Jene deutsche »Linke«, die sich so entlarvt, hat weniger ein Problem mit islamistischer Geschlechterapartheid, sondern tatsächlich eins mit dem Symbol der jüdischen Demokratie. Ihre »Solidarität« ist eine falsche.