Schlagwort: Bigotterie

Verrat

Die Außenminister der Mitgliedsstaaten der EU haben sich bei einem Treffen auf neue Sanktionen gegen des Regime in Teheran verständigt. Mit den Sanktionen soll nach Angaben der deutschen Außenamtschefin Annalena Baerbock ein »klares Signal« an das islamistische Regime verbunden sein. Bei genauerem Hinsehen drängt sich freilich die Frage auf, was genau die Europäische Union da signalisiert.

Die Strafmaßnahmen sind eine Reaktion Brüssels auf die andauernden Menschenrechtsverletzungen der »Führung« in Teheran, die ihre »Sicherheitskräfte« zunehmend brutaler gegen Proteste vorgehen läßt, die seit mehreren Wochen anhalten. Unsanktioniert bleiben nach dem kollektiven Wunsch der europäischen Außenminister derweil die iranischen Verstöße gegen den Joint Comprehensive Plan of Action.

Und schon darin zeigt sich die Unfähigkeit Europas, sich angemessen für die Durchsetzung elementarer Menschenrechte in der Islamischen Republik einzusetzen. Sind sich die Außenminister durchaus einig, daß die Menschenrechtsverletzungen der Mullahs eine baldige Einigung bei den Gesprächen über den JCPOA in Wien unmöglich machen, drohen sie nicht einmal mit ihrem Ausstieg aus diesem Monolog.

So lassen sie zu, daß das islamistische Regime sein illegales Kernwaffenprogramm weiter ausbaut, das Teheran wiederum als Druckmittel nutzt, international jene Anerkennung zu erpressen, die es im Land längst nachhaltig verspielt hat. Diesem Ansehenserhalt oder gar -gewinn stehen ein paar Einreiseverbote als »Strafen« für das immer brutalere Vorgehen Teherans gegen die »eigene« Bevölkerung gegenüber.

Signalisiert die europäische Weigerung, die Wiener Verhandlungen über den JCPOA für gescheitert zu erklären, daß das islamistische Regime trotz vorsätzlicher Vertragsverletzungen und nicht weniger offener Verletzungen von Menschenrechten noch immer als Gesprächspartner willkommen ist, sind Einreiseverbote alles andere als ein »klares Signal« im Sinne eines Bekenntnisses zu zivilisatorischen Mindeststandards.

Tatsächlich bleiben die Außenminister der Europäischen Union weit hinter dem, was möglich wäre, und dem, was vor allem nötig wäre, zumal europäische Einreiseverbote gegen Vertreter Teherans in der Vergangenheit mit oft abenteuerlichen Begründungen gar nicht durchgesetzt wurden. Mit seiner Zurückhaltung gegenüber der Theokratie signalisiert Europa allein seine zuverlässige Kollaborationswilligkeit.

Solides Vorurteil

Die Regierung in Washington hofft nach eigener Auskunft darauf, daß eine neue Regierung in Jerusalem »die Werte einer offenen und demokratischen Gesellschaft achten« werde, darunter auch der Schutz von Minderheiten. Zwar versuchte Ned Price für sein State Department damit »nur«, einen direkten Kommentar zum Ausgang der Knesset-Wahl zu vermeiden, seine Ausflucht ist dennoch ein Affront.

Am dienstag wurde in Israel ein neues Parlament gewählt, eine Wahl, in deren Vorfeld sich die Spitzenkandidaten wenig schenkten, an deren demokratischen Ablauf bisher keine Zweifel angemeldet wurden. Die bisherigen Auszählungsergebnisse legen die Bildung einer von Benjamin Netanjahu geführten Regierung unter Beteiligung als »populistisch« oder »extremistisch« charakterisierter Politiker nahe.

Auch in der amerikanischen Hauptstadt muß man diese Perpektive nicht unbedingt bejubeln. Dennoch sollte sich Washington vor vorschnellen Urteilen hüten, vor allem aber deren öffentlicher Verkündung. Wie immer die nächste israelische Regierung aussehen wird, sie wird – im Nahen Osten eher selten – demokratisch legitimiert sein und den in Demokratien üblichen Kontrollmechanismen unterliegen.

Mit seinen nicht eben überlegten Worten sät Ned Price allerdings genau daran Zweifel. Er attackiert mit ihnen das demokratische System Israels, ohne für dessen Scheitern auch nur einen Beleg vorbringen zu können. Indem der Sprecher des Außenministeriums in Washington die Achtung demokratischer Selbstverständlichkeiten anmahnt, deutet er an, diese könnten in Gefahr sein. Das steht ihm schlicht nicht zu.

Denunzianten

Das Auswärtige Amt zu Berlin hat sich einer Erklärung der Außenministerien Frankreichs, Italiens und Spaniens angeschlossen, mit der sie ihre Besorgnis über »anhaltende Spannungen in den besetzten palästinensischen Gebieten einschließlich Ostjerusalem« kundtun wollen. Man sei ob der Situation »außerordentlich alarmiert« und rufe daher »alle Parteien« auf, »Spannungen aktiv abzubauen und die Ruhe wiederherzustellen«.

Hatte Annalena Baerbocks Vorgänger im Amt des Außenministers angekündigt, Deutschland wolle sich auf der internationalen Bühne gegen die dort übliche ausgrenzende und unfaire Behandlung Israels einsetzen, ist die aktuelle Erklärung der vier mitteleuropäischen Außenministerien ein Beleg dafür, daß der Befund zwar nach wie vor gültig ist, den Worten Heiko Maas’ entsprechende Taten aber ebenfalls noch ausstehen.

Selbst wenn sich die Diplomaten diesen Eindruck erwecken wollen, gelingt es ihnen nicht, als unbeteiligte und daher äquidistante Dritte zu überzeugen. Ist bereits ihr indifferenter body count dreist, stellt er doch Opfer »palästinensischen« Terrors gleich mit getöteten und verletzten Terroristen, ist die Formulierung »alle Parteien« beleidigend, stellt auch sie Sicherheitskräfte eines Staates und gesetzlose Terroristen auf eine Stufe.

Ihre Maske lassen Berlin und Paris, Rom und Madrid aber fallen, wenn sie zwar einräumen, daß Israel »das Recht« habe, »sich gegen bewaffnete Angriffe zu verteidigen und die dafür Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen«, dann allerdings völlig belegfrei und damit vorverurteilend folgen lassen, »dies« müsse »jedoch unter Achtung der Prinzipien des Völkerrechts und des humanitären Völkerrechts geschehen«.

Können die hier doch so entlarvend offenen Europäer sich zugleich nicht dazu durchringen, »palästinensischen« Terrorismus auch als solchen zu benennen, beseitigt ihre ausdrückliche und stigmatisierende Erwähnung von »Siedlern«, von denen Gewalt ausgehe, alle Zweifel daran, wo Deutschland und Frankreich, Italien und Spanien oder ihre Außenministerien stehen. Die Seite des Staates Israel jedenfalls ist es gewiß nicht.

Grüne Hybris

In der ehemaligen (west-)deutschen Hauptstadt Bonn veranstaltet die Partei Bündnis 90/Die Grünen an diesem Wochenende eine Bundesdelegiertenkonferenz, in deren Rahmen es sich auch Claudia Roth in ihrer Eigenschaft Staatsministerin für Kultur und Medien nicht nehmen lassen wollte, sich und ihr gleichwohl begeistertes Publikum mit einem von bizarrem Selbstlob geprägten Auftritt bloßzustellen.

Freilich sind Parteitage gewiß ganz allgemein weniger von Selbstkritik geprägt. Öffentlich zu erklären, »niemand, liebe Freundinnen und Freunde, keine andere Partei ist besser auf diese Zeit vorbereitet als wir Grüne es sind«, dafür Beifall zu erwarten – und auch zu bekommen -, diese Selbstherrlichkeit sucht ihresgleichen. Hat Claudia Roth, hat ihre Partei schon die documenta fifteen vergessen?

Als Staatsministerin hat Claudia Roth trotz so begründeter wie deutlicher Warnungen nicht verhindert, daß die hunderttägige Antisemitismusschau in Kassel eröffnet und – mit Millionen aus Berlin gefördert – bis zu ihrem geplanten Ende durchgeführt wurde. Zwar zeigte sie etwas, das wohl Einsicht darstellen sollte, doch kaum hatte sie Besserung gelobt, jubelte Claudia Roth schon über den Nobelpreis für Annie Ernaux.

Daß »eine der großen europäischen Schriftstellerinnen der Gegenwart« sich als regelmäßige Unterstützerin der BDS-Bewegung betätigt, übersah Claudia Roth dabei. Doch auch damit trug sie zur Bagatellisierung von Antisemitismus bei, dazu, daß der Haß, den in Europa zwischen 1933 und 1945 6 Millionen Juden mit ihrem Leben bezahlten, inzwischen als – schlimmstenfalls etwas exzentrische – »Meinung« gilt.

Eine deutsche Politikerin und eine Partei, die sie und sich auch und gerade vor diesem Hintergrund als »besser auf diese Zeit vorbereitet« feiert als alle anderen, haben jede Bodenhaftung verloren. Ihre Arroganz ist so entlarvend wie abstoßend. Vor allem aber ist diese so offen zur Schau getragene Selbstherrlichkeit gefährlich. Wer auf grüne Moral und Werte als Lösung wofür auch immer hofft, dem ist nicht zu helfen.

Ewige Verdammnis

Als kürzlich COGAT, die bei den israelischen Streitkräften angesiedelte Zivilverwaltung für die C-Gebiete der umstrittenen Territorien, ankündigte, den Flughafen Eilat für »palästinensische« Reisende öffnen zu wollen, dauerte es nicht lange, bis das Regime in Ramallah die Reiseerleichterungen als »Normalisierung« zurückwies und sie sogar als »Gefahr für die palästinensische Identität« denunzierte.

Die »Palästinenserführung« um »Präsident« Abu Mazen forderte ihre Untertanen deshalb dringend auf, das neue Angebot zu verschmähen. Auch in Amman wurden die Erleichterungen für »Palästinenser« abgelehnt, jordanische Tourismusexperten rechneten vor, daß durch die Öffnung des Ramon Airport für »Palästinenser« die Zahl »palästinensischer« Reisender in Jordanien massiv einbrachen würde.

Andere selbsterklärte Hüter »palästinensischer« Interessen in dem Königreich klangen derweil wie die »Palästinenserführung«, vermuteten sie derweil gemeinsam mit Jerusalem hinter der Verschwörung gegen die »palästinensische Identität«. Zwischenzeitlich hat sich die öffentliche Aufregung um den Flughafen von Eilat, der als sicherster Airport Israels gilt, gelegt, die »Israelkritik« hat ein neues Thema gefunden.

Kamen eben noch Reiseerleichterungen für »Palästinenser« Verbrechen gleich, müssen sie jetzt vor neuen COGAT-Bestimmungen bewahrt werden, die den Verkehr über die Grüne Linie regeln. Nun sind es diese »rassistischen Schikanen«, die die »palästinensische Identität bedrohen«. Mal ist es der Abbau bürokratischer Hürden, mal neue Bürokratie, sie scheint nicht mehr zu retten, die »palästinensische Identität«.

Gedenkweltmeister

Am Montag wurde in Bayern der Opfer des Überfalls »palästinensischer« Terroristen auf die für Israel zu den Spielen der XX. Olympiade 1972 angereisten Sportler gedacht. Leider ersparten die Angehörigen der massakrierten Olympioniken und der israelische Präsident Isaac Herzog mit ihrer Teilnahme an der Veranstaltung in Fürstenfeldbruck Deutschland die wohlverdiente internationale Blamage.

Denn mit ihren auch an diesem Montag wieder geäußerten Bekenntnissen gegen Antisemitismus und Terrorismus fügte die deutsche Politik ihren zahllosen Lippenbekenntnissen, die allenfalls kosmetische Folgen hatten, nur weitere hinzu. Was nützt es, wenn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier – endlich – ein vielfaches deutsches Versagen einräumte, dem Eingeständnis aber kein adäquates Handeln folgt?

Während Frank-Walter Steinmeier am Montag in Fürstenfeldbruck von einem »Versagen« Deutschlands sprach, kündigte ein deutscher Diplomat, Sven Kühn von Burgsdorff, der es bisher bis zum Repräsentanten der Europäischen Union in Ramallah gebracht hat, dem dortigen Regime um »Präsident« Abu Mazen nicht nur weitere finanzielle Transfers im Umfang von nicht weniger als von 35 Millionen Euro an.

Er wagte es auch noch, die Ankündigung der europäischen Zuwendungen an das antisemitische Regime der PLO mit der Forderung an Israel zu verbinden, Jerusalem solle sich gefälligst nicht länger gegen das System der »Märtyrerrenten« wehren. Denn nichts anderes verbirgt sich hinter Sven Kühn von Burgsdorffs Appell an »die israelischen Behörden [..], ihre Verpflichtungen aus dem Pariser Protokoll« einzuhalten.

Während das deutsche Staatsoberhaupt da fragte, weshalb vor 50 Jahren »auch die Politik [..] alles [tat], um so schnell wie möglich zur Tagesordnung überzugehen«, versprach dort ein längst einschlägig berüchtigter deutscher Diplomat namens seiner EU einem Antisemiten 35 Millionen Euro für dessen Regime und prangerte die israelische Weigerung an, hilfreich an der Finanzierung »palästinensischer« Terroristen mitzuwirken.

»Es ist«, da ist Frank-Walter Steinmeier zuzustimmen, »schwer erträglich, daß sich einer der damaligen Täter noch heute dieses Verbrechens rühmt und vor der Kamera versichert, daß er wieder genauso handeln würde«. Überzeugender wäre dieses Bedauern, gehörte Deutschland nicht noch immer zu den großzügigsten Unterstützern eines Regimes, das »palästinensische« Terroristen als »Freiheitskämpfer« feiert.

Zu Gast bei »Freunden«

Am Sonntag ist der israelische Präsident Isaac Herzog zu einem Staatsbesuch in Deutschland aufgebrochen. Während seiner dreitägigen Visite, in deren Mittelpunkt der deutsche Staatsakt zur Erinnerung an die Opfer des Überfalls »palästinensischer« Terroristen auf die XX. Olympischen Spiele vor 50 Jahren steht, wird das israelische Staatsoberhaupt auch im Bundestag erwartet und die Gedenkstätte Bergen-Belsen besuchen.

Kurz vor dem Besuch Isaac Herzogs in Deutschland zeigt eine Umfrage, daß er in ein Land reist, in dem Antisemitismus noch immer oder wieder zum Alltag gehört. Allen gegenteiligen Beteuerungen im Sonntagsgerede deutscher Politiker zum Trotz sind der Haß auf Juden und den jüdischen Staat in Deutschland alles andere als Randphänomene, sondern auch und gerade in den deutschen Eliten noch oder wieder hoffähig.

Die Selbstverständlichkeit, mit der etwa die Führung in Berlin sich nach den antisemitischen Ausfällen des »palästinensischen Präsidenten« Abu Mazen im Kanzleramt zur weiteren bedingungslosen finanziellen Unterstützung dessen Terrorregimes im mittleren dreistelligen Millionenbereich bekannte, ist dafür ebenso ein deutliches Indiz wie die nach wie vor geöffnete Antisemitismusschau documenta fifteen in Kassel.

Setzen nach einer aktuellen Umfrage mehr als drei von zehn repräsentativ befragten Bundesbürgern »die israelische Politik gegenüber den Palästinensern mit der Behandlung von Juden im Nationalsozialismus gleich«, ohne dafür eine gesellschaftliche Ächtung zu fürchten, hat daran wohl auch Frank-Walter Steinmeier einen gewissen Anteil, dessen von Einseitigkeit geprägte »Israelkritik« keineswegs karriereschädigend wirkte.

Daß ausgerechnet der Sozialdemokrat als deutsches Staatsoberhaupt Isaac Herzog mit militärischen Ehren empfangen und über weite Teile seiner Reise begleiten wird, ist so bedauerlich wie entlarvend. Mit seiner Heuchelei steht Frank-Walter Steinmeier, der seine Verneigung an Yassir Arafats Grab nicht als Fehler bedauert, aber auch ein gewandter Streiter gegen Antisemitismus sein will, für ein verlogenes Deutschland.

Bigotterie

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier soll erwägen, kurzfristig zu einem Besuch Israels aufzubrechen. Das deutsche Staatsoberhaupt könnte nach Spekulationen israelischer Medien damit versuchen, Angehörige von Opfern des Überfalls »palästinensischer« Terroristen auf die Olympischen Spiele in München 1972 doch noch zur Teilnahme an den in Bayern geplanten Gedenkveranstaltungen zu bewegen.

Fünf Jahrzehnte nach dem Angriff »palästinensischer« Terroristen auf die israelischen Teilnehmer der Olympiade in München und dem mit der Ermordung aller 11 als Geiseln genommenen Sportler gescheiterten Befreiungsversuch durch die deutschen Behörden, wollte Berlin sich Anfang September mit einem offiziellen Gedenken als Nation inszenieren, der in dieser Disziplin niemand das Wasser reichen kann.

Nicht vorgesehen waren dabei freilich die Weigerung der Angehörigen der Opfer, sich zu billigen Statisten der Veranstaltungen herabwürdigen zu lassen, und die so eindrucksvoll vorgetragene Ablehnung jeder Reuebekundung des im Kanzleramt in Berlin gastierenden »Palästinenserpräsidenten« Abu Mazen, daß dem Hausherrn Olaf Scholz erst Stunden später und auf Nachfrage eine Reaktion darauf einfiel.

Doch die Hoffnung darauf, daß Frank-Walter Steinmeier noch etwas retten könnte, dürfte allerdings vergeblich sein. Ausgerechnet er, der – als Gast des als ein Drahtzieher des Massakers in München geltenden Abu Mazen – für Deutschland einen Kranz am Grab des Terroristenführers Yassir Arafat ablegte und Kritik daran zurückwies, er sei doch bloß dem »palästinensischen Protokoll« gefolgt, soll irgendwie überzeugen?

Überzeugender wäre es, das deutsche Staatsoberhaupt drängte Ramallah seine Visite auf und verkündete dort das Aussetzen aller deutschen Unterstützung für »Palästina« – bis dort ein »Präsident«, der den Holocaust verharmlost und leugnet, nicht mehr gefeiert und umjubelt wird, bis dort Kritik daran nicht mehr offiziell als »Hetze« denunziert wird. Das wäre endlich ein würdiger Auftritt gegen Antisemitismus.

Falsches Gedenken

In Hiroshima wurde am Wochenende – leider unter Beteiligung des UN-Generalsekretärs António Guterres – an den Einsatz einer Atombombe vor 77 Jahren erinnert. Auch in Nagasaki, wo am 9. August 1945 eine weitere Atombombe detonierte, wird das Jubiläum begangen. Bereits vor etwa vier Wochen hatte hier die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock für eine von Kernwaffen freie Welt geworben.

Und ganz ohne Frage gibt es eine ganze Reihe überzeugender Gründe, Kernwaffen zu fürchten und sich daher gegen ihre Herstellung, Verbreitung und ihren Einsatz zu engagieren. Daß dies allerdings vor dem Hintergrund der Einsätze von »Little Boy« und »Fat Man« gegen Japan im August 1945 geschieht, scheint reichlich unangebracht, inszeniert sich das Kaiserreich dabei doch regelmäßig als Opfer, das es nie war.

Nur allzu gern wird nämlich bei dem daher falschen Gedenken in Hiroshima und Nagasaki ausgeblendet, welche Verbrechen Japan im Zweiten Weltkrieg an der Seite des Deutschen Reichs und Italiens beging, seit es am 7. Dezember 1941 mit seinem Überfall auf den damaligen amerikanischen Flottenstützpunkt Pearl Harbour den Zweiten Weltkrieg in Südostasien und dem südwestlichen Pazifik eröffnet hatte.

Der Abwurf der Atombomben über Hiroshima und Nagasaki rettete nicht nur zahlreichen amerikanischen Soldaten das Leben, die sonst im Kampf gegen das Kaiserreich noch verletzt worden oder gefallen wären. Weil sie halfen, das Ende der japanischen Schreckensherrschaft in weiten Teilen der Region zu beschleunigen, Tokyo kapitulierte im September 1945, waren sie womöglich ein Segen für die Menschheit.

»Little Boy« und »Fat Man« haben einen Kontext eine Vorgeschichte, den und die selbst das heutige Japan noch nur allzu gern beschweigt und verleugnet. Als billige Statisten der alljährlichen japanischen Selbstviktimisierung haben sich Annalena Baerbock und António Guterres zu Komplizen einer Geschichtsfälschung derer gemacht, die in Japan bis heute der »Großasiatischen Wohlstandssphäre« hinterhertrauern.

Münchner Klarheit

Vor zwischenzeitlich einigen ereignisreichen Wochen wollte es Dieter Reiter, von der SPD gestellter Oberbürgermeister der bayerischen Landeshauptstadt, genau wissen: Wie hält es Valery Gergiev, damals noch als Chefdirigent bei den Münchner Philharmonikern beschäftigt, mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, der gerade die Armee seines Landes in die Ukraine hatte einmarschieren lassen?

Die Antwort, die Valery Gergiev nicht gab, kostete den Russen die Arbeitsstelle. »Valery Gergiev hat sich trotz meiner Aufforderung, ›sich eindeutig und unmissverständlich von dem brutalen Angriffskrieg zu distanzieren [..]‹, nicht geäußert«. Da aber ein »klares Signal« Valery Gergieva »unabdingbar gewesen« sei, um »weiter zusammenarbeiten zu können«, sei »nur eine sofortige Trennung« geblieben.

Und auch Katrin Habenschaden, Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen und Zweite Bürgermeisterin Münchens, äußerte sich recht präzise dazu, was Valery Gergiev zur Last gelegt wurde: »Man kann gar nicht anders, als Gergievs Schweigen als Zustimmung zum Krieg [..] zu verstehen«. In der Folge warfen auch weitere Häuser Valery Gergiev sein Schweigen vor und beendeten ihre Zusammenarbeit mit ihm.

Dieter Reiter hatte unterdessen viel zu tun, so ließ sich der sozialdemokratische Politiker, wie etwa die Tageszeitung Die Welt berichtet, »im Rahmen von Besuchen türkischer Unternehmer in München mit mehreren Führungsfiguren der Grauen Wölfe ablichten«. Bei den »Grauen Wölfen« handelt es sich um türkische Rechtsextremisten, Nationalisten, zu deren Weltbild ein ausgeprägter Antisemitismus zählt.

Befragt zu den Fotos gibt sich Dieter Reiter jetzt recht wortkarg. Nach Angaben der Welt erklärte er lediglich, daß »es zu seinem Job gehöre, Wünschen nach Selfies nachzukommen«. Ist das für einen Politiker, der doch »klare Signale« liebt, eine angemessene Auskunft? Oder kann seine fehlende Distanzierung von den »Grauen Wölfen« gar nicht anders als als Zustimmung zu ihrer Ideologie gewertet werden?