Schlagwort: Bigotterie

Deutscher Rat

Sabine Schormann, die bisherige Generaldirektorin der documenta fifteen, hat bei einer Aufsichtsratssitzung der »Kunstausstellung« ihren Rückzug angekündigt. Nachdem sie kurz zuvor in einer Erklärung noch jede Verantwortung für den mit der Veranstaltung unübersehbar gewordenen Antisemitismus zurückgewiesen hatte, dürfte Sabine Schormanns Rücktritt weniger »einvernehmlich« erfolgt sein als behauptet.

Nachdem die documenta fifteen vor bereits gut vier Wochen eröffnet worden war, ist damit – wenn überhaupt – allenfalls ein erster Schritt getan, der Antisemitismus, der sich auch und gerade im Umgang mit den Vorwürfen gegen die an der Veranstaltung Beteiligten offenbarte, war und bleibt erschreckend. Nach wie vor wird der Haß auf Juden auch in der veröffentlichten Meinung geleugnet oder zumindest offen verharmlost.

Exemplarisch dafür sind etwa Sätze, die Tobias Rapp auf der Website des »deutschen Nachrichtenmagazins« Der SPIEGEL veröffentlichen durfte: »Abhängen?« wollte er da im Zusammenhang mit einem besonders unappetitlichen Exponat der »Kunstausstellung« wissen, nur um sich seine Frage gleich selbst zu beantworten: »Nein, aushalten.« Denn: »Israel wird nicht durch ein paar miserable Kunstwerke bedroht.«

Juden und der jüdische Staat sollen sich, wird da ernsthaft empfohlen, sollten sich wegen »ein paar miserable[r] Kunstwerke« nicht so haben, sondern »aushalten«, daß sie beleidigt werden, ausgegrenzt, verleumdet und dämonisiert. Denn es gibt doch bestimmt noch viel, viel schlimmere Bedrohungen als »ein paar miserable Kunstwerke«. Was müßte geschehen, damit Tobias Rapp nicht mehr ratschlagt: »Aushalten«?

Doppelmoral

In Israel ist Mohammed Halabi von einem Gericht für schuldig befunden worden, im Auftrag der islamistischen Hamas eine in Gaza tätige Hilfsorganisation unterwandert und in seiner Funktion als deren lokaler Direktor Hilfsgelder Millionenhöhe veruntreut und an die Terrororganisation weitergeleitet zu haben. Mohammed Halabi hatte nach seiner Festnahme 2015 gestanden, seine Aussagen aber widerrufen.

Das Gericht begründet seinen Schuldspruch in dem seit nunmehr sechs Jahren andauernden Verfahren auch mit der Stimmigkeit des ursprünglichen Geständnisses und weiteren Erkenntnissen israelischer Nachrichtendienste. Der Verurteilte hat über seinen Anwalt angekündigt, in Berufung gehen zu wollen. Unterstützt wird Mohammed Halabi dabei auch durch die Vertreter der Europäische Union in Ramallah.

Für den deutschen Diplomaten Sven Kühn von Burgsdorff, der die europäische Repräsentanz beim PLO-Regime leitet, ist das Urteil ganz offenbar ein Unrechtsurteil: »Ohne ein faires und ordnungsgemäßes Verfahren kann es keine Gerechtigkeit für Halabi geben«, kommentiert die EU-Vertretung jedenfalls via Twitter und wirft Israel die Mißachtung »internationaler Standards« vor, ohne freilich ins Detail zu gehen.

Der Verweis auf angeblich verletzte »internationale Standards« legt freilich vor allem die Bigotterie des europäischen Repräsentanten in Ramallah bloß. Erst wenige Tage ist es her, daß sich sein Haus im Fall eines getöteten jugendlichen Terroristen über einen angeblich »fortgesetzten Gebrauch exzessiver Gewalt durch israelische Sicherheitskräfte« beschwerte, ohne dieses »Urteil« auch nur im Ansatz zu belegen.

Wo es für Mohammed Halabi ganz selbstverständlich die Möglichkeit gibt, seine Verurteilung anzufechten, verweigern Sven Kühn von Burgsdorff und seine »Botschaft« Israel und seinen Sicherheitskräften die Berufung. Mit ihrer durch keine Belege abgesicherten Behauptung verleumden sie den jüdischen Staat ganz ungeniert. Die »internationalen Standards«, die sie da zitieren, sind ihnen hier völlig gleichgültig.

Täuschungsmanöver

Fünf Wochen nach dem Beginn der »Entnazifizierung« und »Entwaffnung« der Ukraine durch die russische Armee und deren Verbündete ist ein baldiges Ende der Auseinandersetzungen noch lange nicht in Sicht. Moskau hat ganz offenbar die Fähigkeiten der eigenen Armee weit über- und die Einsatzbereitschaft der ukrainischen Streitkräfte und der sie tragenden Bevölkerung noch weiter unterschätzt.

Gleichwohl ist ein russischer Sieg noch immer nicht ausgeschlossen, denn auch wenn Kiew inzwischen vom Westen nicht mehr nur mit wohlklingenden Worten, sondern zunehmend mit Waffenlieferungen unterstützt wird, führt die Ukraine weiterhin tatsächlich einen ziemlich einsamen Kampf: Weil »unsere Freiheit« eben gerade nicht in Mariupol verteidigt wird, bleiben »wir« kaum mehr als Zuschauer.

In Deutschland inszenieren derweil Teile der Politischen Klasse, die gestern noch keinem Termin mit Wladimir Putin aus dem Weg gehen wollten, etwas, das wohl Selbstkritik sein soll. Exemplarisch für sie steht der Christdemokrat Wolfgang Schäuble, lange Jahre in verschiedenen Ressorts als Minister tätig, von 2017 bis 2021 als Bundestagspräsident und gegenwärtig Alterspräsident des deutschen Parlaments.

In einem am vergangenen Wochenende veröffentlichten Interview erklärte er, »heute weiß ich: Ich lag falsch, wir alle lagen falsch«. Was nach dem Eingeständnis eines Fehlers bloß klingt, ist in der Tat ein Versuch, von der eigenen Verantwortung abzulenken. Lagen »wir alle« falsch, ist niemandem ein Vorwurf zu machen. Doch es bedurfte nicht erst des Wissens von heute, »wir alle« lagen nicht falsch.

Wladimir Putin hat nicht »uns alle« getäuscht, betrogen oder was auch immer, die, die sich heute im und hinter dem »Wir« verstecken, haben Warnungen, an denen es durchaus nicht mangelte, nicht wahrnehmen wollen, sich über sie lustig gemacht, sie verleumdet und es dabei ab und an nicht so genau genommen mit der Wahrheit oder sie schlicht ignoriert, weil sie nicht in das eigene Weltbild paßten.

Und dieses Verleugnen setzt sich bis heute fort, wenn Wolfgang Schäuble et al. sich in ein Kollektiv (»wir alle«) flüchten, das es so nie gab. Und es waren nicht bloß Stimmen wie die des als »Haßprediger« geschmähten oder als Witzfigur verhöhnten Donald J. Trump, sondern auch Institutionen wie etwa das Europäische Parlament, die ganz bewußt ignoriert wurden. Wer das bis heute leugnet, lügt weiter.

Sabotage

Der Oberste Gerichtshof in Jerusalem hat das israelische Innenministerium angewiesen, das Staatsbürgerschaftsgesetz nicht länger umzusetzen, da es ausgelaufen sei. Das erstmals 2003 aus Sicherheitsgründen beschlossene Gesetz soll ein »automatisches« Aufenthaltsrecht für Ehepartner israelischer Bürger aus feindlichen Gebieten verhindern. Es war seither jährlich in der Knesset verlängert worden.

Das Gesetz ist innerhalb der großkoalitionären israelischen Regierung umstritten, so daß ihr im Parlament die nötige Mehrheit dafür fehlt. Und auf die Opposition, insbesondere die Abgeordneten der Partei des ehemaligen Premiers Benjamin Netanjahu kann Amtsnachfolger Naftali Bennett nicht zählen: Inhaltlich teilt der Likud die Ziele des Gesetzes, stimmt ihm jedoch aus »politischen« Gründen nicht zu.

Bereits im vergangenen Juli, als die Verlängerung des Gesetzes erstmals nach der Bildung einer der neuen israelischen Regierung in der Knesset anstand, zogen die Abgeordneten der einstigen Regierungspartei es vor, Naftali Bennett eine Abstimmungsniederlage zu bereiten, statt für die Verlängerung der Geltungsdauer des zuvor von ihnen regelmäßig im Parlament unterstützten Gesetzes zu stimmen.

Die an Innenministerin Ayelet Shaked gerichtete Mahnung des Obersten Gerichtshofs, das von ihr unterstützte Gesetz nicht länger zu vollziehen, ist daher vor allem ein »Verdienst« der bizarren Haltung der stärksten Oppositionspartei. Statt ein von ihnen eigentlich befürwortetes Gesetz mit einigen Stimmen zu unterstützen, lassen deren Abgeordnete es scheitern – und spielen so mit der Sicherheit des Landes.

Deutsche Leitkultur

Seit das Polnische Verfassungsgericht vor wenigen Tagen ein Urteil gefällt hat, nach dem EU-Recht jedenfalls in Teilen unvereinbar sei mit nationalem polnischen Recht, wird ausgerechnet die deutsche Politik nicht müde, sich ob der unbotmäßigen Polen zu empören. Hat in Warschau derzeit leider eine in der Tat unappetitliche Regierung das Sagen, ist die deutsche Aufregung über das Urteil dennoch bigott.

Denn wir hält denn Berlin es mit Europa? Recht aussagekräftig in mehrfache Hinsicht ist dafür der Umgang Berlins mit Nord Stream 2, einer Pipeline, über die Erdgas aus Rußland nach Deutschland geliefert werden soll und von dort an weitere Abnehmer in Europa. Das russisch-deutsche Projekt ist innerhalb der EU einigermaßen umstritten. Das Europäische Parlament etwa lehnte die Leitung ausdrücklich ab.

Das hielt Berlin vor wenigen Wochen nicht ab, sich über die Einwände hinwegzusetzen, und mit der neuen Regierung in Washington ein zweifelhaftes Abkommen zu vereinbaren, nach dem die Vereinigten Staaten den Weiterbau, die Fertigstellung und den Betrieb von Nord Stream 2 nicht mehr mit Sanktionen zu verhindern suchen. Völlig übergangen wurden bei dem Deal die Ukraine, aber auch Polen.

Noch könnte die Pipeline freilich scheitern: Die Pipeline unterliegt den Richtlinien der EU zur Regulierung des Gasmarkts, die vorsehen, daß die Produktion, der Transport und Vertrieb von Erdgas getrennt sein müssen. Das ist bei dem russisch-deutschen Projekt (noch) nicht der Fall. Dem Kreml ist das indes so gleichgültig wie der amtierenden deutschen Regierung und dem möglichen Nachfolger Angela Merkels.

Diktierte Angela Merkels Außenminister Heiko Maas in der deutsch-amerikanischen Debatte um Nord Stream 2, »Fragen der europäischen Energiepolitik müssen in Europa entschieden werden, nicht in den USA«, und maßte sich so an, für ein Europa zu sprechen, dessen Haltung er ignorierte, ging die Sache mit dem »Nicht in den USA« dann doch locker über die Bühne, als es um die Interessen des Kreml ging.

Spielt die deutsche Politik sich gegenüber Polen als ganz besonders treu gegenüber Europa und der EU auf, demonstriert Nord Stream 2 mustergültig, daß Berlin bereit ist, sich im Verein mit Moskau über Europa hinwegzusetzen, europäisches Recht zu ignorieren und – womöglich – auch zu beugen. Das macht die Regierenden in Warschau nicht sympathischer, stellt aber die deutsche Verlogenheit bloß.

Halbherziges Gedenken

In dieser Woche wurde Tokyo 2020 eröffnet, die Spiele der XXXII. Olympiade. Bei der Eröffnungsfeier wurde erstmals offiziell der Opfer des Überfalls auf die Olympiade in München gedacht, ein freilich etwas seltsames Gedenken: Die amtliche Website zu den Olympischen Spielen in Japan erweckt ganz den Eindruck, die 11 israelischen Olympioniken seien 1972 an einer Krankheit »verstorben«.

»Anschließend wurden die Menschen auf der ganzen Welt gebeten, der von der Coronavirus-Pandemie Betroffenen und der verstorbenen Olympioniken zu gedenken, einschließlich der israelischen Athleten, die 1972 in München ihr Leben verloren.«

Die Formulierung offenbart, daß die Veranstalter, das Internationale Olympische Komitee, zwar einerseits gewillt zu sein scheinen, ihr schon beinahe traditionelles Verleugnen der Opfer des Überfalls »palästinensischer« Terroristen auf die Olympischen Spiele in der bayerischen Landeshauptstadt zu beenden. Davon jedoch, ein Verbrechen auch ein Verbrechen zu nennen, sind sie noch weit entfernt.

Mit seinem deshalb allenfalls als halbherzig zu bezeichnenden Gedenken nimmt das IOC Rücksicht auf die »Palästinenserführung« in Ramallah, die Führung einer Terrororganisation, die sich bis heute des Überfalls auf die israelischen Sportler rühmt und die daran beteiligten Terroristen als Helden feiert, zugleich aber eine »Nation« repräsentieren will, die auch bei Tokyo 2020 in Japan vertreten ist.

Und auch deshalb ist das Gedenken an die »Athleten, die 1972 in München ihr Leben verloren«, bestenfalls ein erster Schritt: Mit Jibril Rajoub, dem Chef des »Palästinensischen Olympischen Komitees«, duldet das IOC in seinen Reihen und nun in Japan einen Funktionär, der es als »rassistisch« denunzierte und als »Generalsekretär«, just der Fatah vorsteht, die »1972« bis heute als »Erfolg« feiert.

Bigotte Selbstdarsteller

Aktuell mehr als 800 »Wissenschaftler, Künstler und Intellektuelle aus 45 Staaten«, unter ihnen zahlreiche einschlägig berüchtigte Unterstützer der antisemitischen BDS-Bewegung, haben einen Appell unterzeichnet, der einmal mehr Israel der Errichtung eines »Apartheid«-Regimes auf dem »gesamten Gebiet des historischen Palästina« bezichtigt und dem jüdischen Staat schwere Verbrechen vorwirft.

Der Zeitpunkt für die Veröffentlichung des Pamphlets hätte freilich kaum ungünstiger gewählt werden können. Mit ihm entlarven sich die zahlreichen Unterzeichner nämlich nachgerade mustergültig als das, was sie sind: Antisemiten, denen das Schicksal von »Palästinensern« und Menschenrechte herzlich gleichgültig sind, die sie allenfalls mißbrauchen, ihren obsessiven Haß auf Juden auszuleben.

So entblöden die »Wissenschaftler, Künstler und Intellektuelle[n]« sich beispielsweise nicht, Jerusalem im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie »Impfrassismus« gegenüber den »Palästinensern« anzudichten, was angesichts der Tatsache, daß Ramallah gerade mehr als eine Million Impfdosen aus israelischen Beständen zurückgewiesen hat, schon ein ziemlich eigentümlicher Vorwurf ist.

Während die Hamas in Ferienlagern in Gaza Kinder zu Terroristen ausbildet, während in Ramallah und anderen Städten in den umstrittenen Gebieten zahlreiche »Palästinenser« gegen die Ermordung von Kritikern des PLO-Regimes um »Präsident« Abu Mazen durch dessen »Sicherheitskräfte« protestieren, haben diese 800 Gestalten nichts anderes im Sinn, als Israel als »Verbrechen« zu diffamieren.

Es kümmert sie nicht, daß die Clique um Abu Mazen »Palästinenser« ihrer dissidenten Ansichten wegen bis hin zur Ermordung verfolgt, es stört sie nicht, daß die Islamisten der Hamas mit ihren Angriffen auf Israel immer wieder Leid über die »Palästinenser« in Gaza bringt. Dazu verlieren die »Wissenschaftler, Künstler und Intellektuelle[n]« kein Wort. Und damit ist zu ihnen gesagt, was zu sagen ist.

Affront

Die Regierung in Washington hat durch ihre Botschaft in Jerusalem Israel für die Zerstörung eines Hauses in den umstrittenen Gebieten kritisiert, das einem »palästinensischen« Terroristen gehörte. Muntasir Shalabi, der einen amerikanischen Paß besitzt, war im Mai an einem terroristischen Anschlag bei Nablus beteiligt, bei dem ein junger Mann ermordet und zwei weitere verletzt worden waren.

Hatten israelische Medien am Dienstag noch gemeldet, die geplante Zerstörung des Hauses sei auf Druck der US-Botschaft in der israelischen Hauptstadt verschoben worden, wurde es am Donnerstag bei einer kontrollierten Sprengung dem Erdboden gleichgemacht. Die Vertretung Washingtons hatten vor »Schritten gewarnt, die die Bemühungen um eine verhandelte Zwei-Staaten-Lösung unterminieren«.

Es mag durchaus gewichtige Gründe geben, die gegen die von israelischen Sicherheitskräften praktizierten Zerstörungen von Unterkünften »palästinensischer« Terroristen sprechen. Gleichwohl dürfte jeder »Palästinenser« um diese Praxis wissen, wenn er sich für eine terroristische Karriere entscheidet. Für die Folgen dieser Entscheidung tragen die Terroristen daher eine gehörige Mitverantwortung.

Indem die amerikanische Botschaft in Jerusalem allerdings gar nicht auf die Spezifik dieses konkreten Falls eingeht, sondern ausdrücklich eine gegen Terrorismus gerichtete und gerichtlich überprüfte Maßnahme rhetorisch gleichstellt mit Verbrechen, verleumdet sie auf überzogene Weise den Kampf gegen antisemitischen Terror. Folgte man ihrer Argumentation, dürfte kein Verbrechen verfolgt werden.

Denn ohne Zweifel tragen Ermittlungen und die Aussicht auf Strafen kaum jemals zu einer Entspannung auf der Seite der je Verfolgten bei. Es ist aber nicht die Verfolgung von Terrorismus, die Aussichten auf eine Konfliktlösung stört, es sind Terroristen, die sie bedrohen und gewaltsam attackieren. Mit ihren inakzeptablen Aussagen stellt die Botschaft Washingtons sich leider an die Seite letzterer.

Selbstdemontage

Die neue Regierung in Jerusalem hat sich im israelischen Parlament nicht mit ihrem Wunsch durchsetzen können, eine 2003 erstmals beschlossene Verordnung über Familienzusammenführungen erneut zu verlängern. Die Verordnung war aus Sicherheitsgründen erlassen worden und soll ein »automatisches« Aufenthaltsrecht für Ehepartner israelischer Bürger aus feindlichen Gebieten verhindern.

Nach einer hitzigen Debatte in der Knesset stimmten 59 Parlamentarier für und 59 Abgeordnete gegen die Verordnung, während sich zwei Parlamentarier der Koalition hinter Premierminister Naftali Bennett der Stimme enthielten. Das Scheitern der Verordnung ist für die neue Regierung zweifellos eine Schlappe, die jedoch ob ihrer politisch herausfordernden Zusammensetzung nicht verwundern kann.

Für die Fraktionen der Opposition allerdings, allen voran die des ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, die die Abstimmung als ein Mißtrauensvotum gegen dessen Nachfolger inszenierte, kommt das Abstimmungsergebnis einem Debakel gleich. Denn sie scheiterten nicht nur mit ihrem Mißtrauensvotum, sondern stimmten auch gegen eine Verordnung, die sie inhaltlich tragen.

Standen sie in den vergangenen Jahren stets hinter ihr und ihrer inhaltlichen Begründung, war den Likud-Abgeordneten das Votum gegen die neue Regierung wichtiger als das für die Sicherheit Israels. Bezichtigten Likud-Politiker vor kurzem noch jeden, der die Bildung einer neuen Koalitionsregierung unterstützte, des »Verrats«, haben die wahren Verräter sich mit ihrem Votum nun selbst bloßgestellt.

Berliner Sorgen

Der deutsche Außenminister Heiko Maas und sein Auswärtiges Amt haben mit Äußerungen zu dem »Zwischenfall« in der iranischen Atomanlage Natanz Kritik auf sich gezogen. Wie Associated Press meldet, hat der sozialdemokratische Minister im Zusammenhang mit dem Stromausfall in der unterirdischen Anlage zur Anreicherung von Uran am Wochenende von »keinem positiven Beitrag« gesprochen.

Christofer Burger, ein Sprecher des deutschen Außenministeriums, erklärte derweil, »grundsätzlich sehen wir alle Entwicklungen und Ereignisse kritisch, die geeignet sind, die Verhandlungen in Wien negativ zu beeinflussen«. Konflikte um das iranische Atomprogramm müßten unbedingt mit »diplomatischen Mitteln« ausgeräumt werden. »Dazu gibt es keine vertretbare und nachhaltige Alternative.«

Auch wenn Heiko Maas und der Sprecher seines Ministeriums vor allzu offener Kritik an Israel zurückschrecken, ist aber doch klar, daß sich ihre Äußerungen gegen Jerusalem richten, das als treibende Kraft hinter dem »Zwischenfall« in der Islamischen Republik vermutet wird, die Israel »antiatomaren Terrorismus« – interessante Wortwahl – und und ein »Verbrechen gegen die Menschheit« vorwirft.

Und es waren diese Vorwürfe, nach denen sich die deutsche Außenpolitik äußerte. Weder der Minister noch einer seiner Vertreter kommentierten dagegen die Inbetriebnahme moderner Zentrifugen in Natanz, mit der Teheran inmitten der Gespräche in Wien ein weiteres Mal seine Mißachtung des Joint Comprehensive Plan of Action demonstrierte und der Resolution 2231 des UN-Sicherheitsrats.

Mit seinem Schweigen zu den offenen Verstößen Teherans gegen Völkerrecht einer- und seinen Anmerkungen zu dem andererseits, was darauf folgte, entlarvt Berlin seine heuchlerische Doppelmoral. Ist Israel dafür verantwortlich, daß das Mullah-Regime um Monate in seinem Atomprogramm zurückgeworfen wurde, hat es etwas erreicht, das bisher weder JCPOA noch sonstiger Diplomatie gelang.

Mit einiger Berechtigung müssen sich das Auswärtige Amt und die Regierung in Berlin deshalb fragen lassen, an wessen Seite ihr Deutschland steht. Die jüngsten Stellungnahmen aus Berlin passen jedenfalls zu einer ganzen Reihe weiterer Äußerungen und aktiver Handlungen – man denke etwa an Instex -, die den Verdacht nähren, florierende Beziehungen zu den Mullahs hätten in Berlin Priorität.