Schlagwort: China

Unter Druck

China hat harsch auf die Eröffnung einer taiwanesischen Vertretung in Vilnius reagiert. Hatte der Inselstaat im November mit einem »Vertretungsbüro Taiwan« eine Quasi-Botschaft in der litauischen Hauptstadt eröffnen können, sprach Peking zunächst von einem »Affront« und stufte seine diplomatischen Beziehungen zu dem baltischen Staat herab, der sich dadurch freilich nicht beeindrucken ließ.

Vilnius hielt an seiner Anerkennung Taiwans fest, das die Führung in Peking als abtrünnige »chinesische Provinz« betrachtet, und wird dafür nun seit Monatsanfang mit einem Zusammenbruch des Handels mit der Volksrepublik bestraft: In den Systemen des chinesischen Zolls existiert Litauen offenbar nicht mehr, wodurch Lieferungen aus und nach Litauen nicht mehr abgefertigt werden können.

Mit seinem unausgesprochene Handelsembargo gegen die baltische Demokratie zwingt Peking auch die Europäische Union dazu, Farbe zu bekennen. Respektierte Brüssel bisher die Befindlichkeiten der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt in Bezug auf Taiwan, kann die Europäische Union sich zu den chinesischen Strafmaßnahmen gegen einen ihrer Mitgliedsstaaten nicht lange der Stimme enthalten.

Es ist bereits jetzt klar, daß sich Brüssel nicht mehr lange Zeit lassen kann mit einer Positionierung gegen die anmaßenden Hegemonialansprüche Pekings: Mit der von der Slowakei betriebenen Annäherung an Taipeh – gerade fand in der Hauptstadt Taiwans ein hochrangig besetzter bilateraler Wirtschaftsdialog statt – zeichnen sich schon der nächste »Affront« und neue Konflikte mit dem Regime in Peking ab.

Realitätsverweigerung

Die Entscheidung der amerikanischen Regierung, ihre finanzielle Unterstützung für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vorerst einzufrieren, ist international auf Kritik gestoßen, in die – selbstverständlich – auch das politische Berlin einstimmte. Außenminister Heiko Maas etwa verkündete, »Schuldzuweisungen helfen nicht«, um für weitere Unterstützung der WHO zu werben.

Für die deutsche Regierung erklärte deren Sprecher Steffen Seibert, die UN-Organisation leiste »eine unglaublich wichtige Arbeit«. Berlin habe sich daher entschlossen, seine Zahlungen an die Weltgesundheitsorganisation zu erhöhen, stimmte schließlich auch Bundesentwicklungsminister Gerd Müller ein. »Die WHO muß jetzt gestärkt werden, nicht geschwächt«, gab er zu Protokoll.

Am gleichen Tag, an dem die deutsche Regierung sich uneingeschränkt mit der WHO solidarisierte, veröffentlichte die Nachrichtenagentur Associated Press (AP) einen denkwürdigen Bericht, der der Führung in Peking detailreich vorwirft, sie habe durch ihr langes (Ver-)Schweigen nicht unwesentlich dazu beigetragen, daß das Corona-Virus sich in der ganzen Welt ausbreiten konnte.

Vor dem Hintergrund, daß der amerikanische Präsident seine Entscheidung gegen eine weitere Finanzierung der WHO mit deren politischer Nähe zu China begründet, ist die AP-Recherche überaus bedeutsam. Denn die in Genf stationierte UN-Organisation hat Peking ja ausdrücklich gelobt für dessen Vorgehen gegen das Virus. Ein Lob, für das es aber offenbar keinen Grund gab.

Ist das die Arbeit, die nun in Berlin als »unglaublich wichtig« bezeichnet wird? Die Organisation, die »jetzt gestärkt werden [muß], nicht geschwächt«, lag mit ihrem Urteil über China daneben, trug damit womöglich dazu bei, daß die Bekämpfung des Virus‘ verzögert und dessen Ausbreitung begünstigt wurde. Wer da meint, »Schuldzuweisungen helfen nicht«, will, daß nichts sich ändert.

Konsequenter Schritt

Nachdem US-Präsident Donald J. Trump bereits vor wenigen Tagen harte Kritik an der Weltgesundheitsorganisation (WHO) geübt hatte, kündigte er nun an, die amerikanischen Zahlungen an die Koordinationsbehörde der Vereinten Nationen für das internationale öffentliche Gesundheitswesen einzufrieren. In den nächsten 60 bis 90 Tagen will Washington zudem die Arbeit der WHO evaluieren.

Während amerikanisches Geld bei der Organisation, die ihren Sitz in Genf hat, einerseits stets willkommen ist, scheint dies nicht für Kritik aus Washington zu gelten. Hatte der amerikanische Präsident ihr Anfang April eine unangemessene Zurückhaltung gegenüber Peking vorgeworfen, unternahm die WHO nicht einmal den Versuch, die ja durchaus begründbaren Vorwürfe zu entkräften.

Unterstützt nicht zuletzt von den Staaten des alten Europa, die sich in kollektiver Realitätsverweigerung mit der Organisation und ihrer Führung solidarisierten, wies die WHO brüsk die Vorwürfe Donald J. Trumps zurück, so daß der ihr jetzt nur folgerichtig vorerst die finanzielle Unterstützung entzieht. Denn seine Vorhaltungen, die Weltgesundheitsorganisation habe versagt, sind sehr berechtigt.

So hieß es etwa in einer ihrer Stellungnahmen, die erst viel später »ergänzt« werden sollte, rückblickend geradezu fahrlässig, »die WHO empfiehlt keine spezifischen Gesundheitsmaßnahmen für Reisende. Es wird allgemein angenommen, dass das Screening von Einreisenden wenig Nutzen bietet und gleichzeitig erhebliche Ressourcen erfordert.« Wie sähe die Welt heute ohne diesen Rat aus?

Und bezeichnend ist ja auch die auch in einem Video dokumentierte arrogant-ignorante Reaktion eines hochrangigen WHO-Funktionärs auf Fragen nach Taiwan, die eindrücklich belegt, daß die Gesundheit für die Weltgesundheitsorganisation von nur nachgeordneter Bedeutung ist. Daß Washington diese Rücksichtnahme auf chinesische Befindlichkeiten nicht bezahlen will, ist nachvollziehbar.