Schlagwort: Joe Biden

Üble Nachrede

»Benjamin Netanjahu sagt, er sehe keine Möglichkeit für einen eigenen Staat für die Palästinenser.«
Josephine Schulz, Deutschlandfunk, (Des-)Informationen am Morgen, 20. Januar 2024

»Auf die Frage, ob eine Zwei-Staaten-Lösung unmöglich sei, solange Netanjahu noch im Amt sei, sagte Biden: ›Nein, das ist sie nicht‹. Im Gespräch mit Reportern nach einem Treffen mit US-Bürgermeistern erklärte Biden, Netanjahu sei nicht gegen alle Zweistaatenlösungen [..].«
Reuters, 20. Januar 2024

Siegesfeier

Das islamistische Regime in Teheran, jenes, mit dem Washington sich jüngst hergab, einen schmutzigen Menschenhandel abzumachen, feiert sich in diesen Tagen als das Zentrum einer »Achse des Widerstands«, die an vielen Fronten »Sieg« auf »Sieg« erringt. Wo immer die Kräfte der »Achse« zuschlagen, ob in Syrien, dem Irak, dem Libanon oder anderswo, sind sie, begeistern sich die Tehran Times, erfolgreich.

Wer wissen möchte, um was für ein Regime es sich bei dem in Teheran handelt, dem jetzt der amerikanische Präsident Joe Biden noch einen weiteren milliardenschweren Erfolg bescherte, dem sei die Lektüre der im Vergleich zu anderen iranischen Sprachrohren als »gemäßigt« geltenden »Tageszeitung« empfohlen. Offen feiert das Blatt etwa die »Siege« der Hisbollah in den letzten größeren Auseinandersetzungen mit Israel.

Auf einer ganzen Seite darf sich da ein als »Kommandeur« der Hisbollah vorgestellter Sayyid Haidar an den Juli 2006 erinnern. Die Hamas überzog damals den Süden Israels mit Raketen, während die Hisbollah vom Libanon aus im Schutz eines Ablenkungsangriffs auf den Norden des jüdischen Staates mehrere seiner Soldaten in den Libanon verschleppte und damit einen Krieg auslösten, der gut einen Monat andauern sollte.

Wollte die Hisbollah mit ihren Geiseln in Israel inhaftierte Terroristen freipressen, machte Jerusalem den Islamisten einen Strich durch die Rechnung. Statt eines Verhandlungsangebots setzte Jerusalem auf den Einsatz seiner Streitkräfte. Die zerstörten von der Hisbollah genutzte Infrastruktur, die die Islamisten auch und gerade in bewohnten Gegenden unterhielt, schalteten zahlreiche Terroristen aus, töteten aber auch Zivilisten.

Als der »33-Tage-Krieg« im August 2006 in einen Waffenstillstand mündete, der seither mal mehr, mal weniger hält, hatten – nach Angaben aus Beirut – bis zu 1.300 Libanesen ihr Leben verloren, waren etwa eine Million Libanesen zu Flüchtlingen im »eigenen« Land geworden, nur etwas weniger als 20 Prozent der Gesamtbevölkerung, waren auch große Teile libanesischer ziviler Infrastruktur in Mitleidenschaft gezogen worden.

Von diesem und weiteren verheerenden »Siegen« der Hisbollah, von dem die Tehran Times und das Regime, das sie verantwortet, so schwärmen, hat sich der Libanon bis heute nicht erholt. Mit seinem erbärmlichen Kniefall vor Teheran, der gleichzeitig einer vor der von dort gesteuerten »Achse des Widerstands« ist, hat Präsident Joe Biden den Weg in weitere »Siege« geebnet, den Triumph der Barbarei über Vernunft und Zivilisation.

Washington: 0, Teheran: 6.000.000.000

»Irans eiserne Entschlossenheit zahlt sich aus«, erklären die dem »Außenministerium« des islamistischen Regime in Teheran nahestehenden Tehran Times auf dem Titel ihrer aktuellen Ausgabe, und leider ist dieser Schlagzeile schlicht wahr: Washington und die Mullahs haben sich in dieser Woche auf einen schmutzigen Deal verständigt, der ungezählte Menschen in Gefahr bringt, ins Visier der staatlichen iranischen Geiselnehmer zu geraten.

Im Gegenzug für die Entlassung amerikanischer Geiseln aus teils mehrjähriger Haft in Kerkern der Islamischen Republik Iran, in denen sie als Geiseln Teherans gehalten wurden, stimmte Washington der Freigabe bislang eingefrorene Konten der klerikalen Tyrannei in Südkorea zu. Die Islamische Republik kann damit auf einen Schlag über Mittel im Umfang von mindestens 6 Milliarden Dollar verfügen – und zwar frei, wie Teheran betont.

Während es aus Washington abwiegelnd heißt, die aus iranischen Ölverkäufen stammenden Mittel dürften nur für den Einkauf »humanitärer Güter« genutzt werden, widersprechen die islamistischen Staatsterroristen: »[Mohammad] Marandi«, ein »Berater« Teherans in den Gesprächen über den JCPOA, »erklärte, daß iranische Banken vollen Zugriff auf die freigegebenen Guthaben und können sie ohne Einschränkungen verwenden«.

Selbst wenn die Darstellung Washingtons zutreffen sollte, ist sie ein Selbstbetrug: Kann das Regime seine Einkäufe »humanitärer Güter« mit den nun freigegebenen 6 Milliarden Dollar finanzieren, muß es dafür keine Mittel aus Vermögen aufbringen, über die es ohnehin frei verfügen und die es damit auch ohne Einschränkungen verwenden kann – zur Finanzierung etwa seines Kernwaffenprogramms, seiner terroristischen Aktivitäten.

Washington hat sich Teheran gebeugt, sich auf (indirekte) Verhandlungen mit den staatlichen Geiselnehmern eingelassen und schließlich einem Deal zugestimmt, nach dem die Geiseln zwar aus dem Gefängnis entlassen wurden, aber noch lange nicht ihre Freiheit wiedererlangten: Gegenwärtig jedenfalls stehen sie unter »Hausarrest« in Hotels und sind so weiterhin der Willkür des islamistischen Regimes in Teheran ausgeliefert.

Die von Joe Biden geführte Regierung in Washington hat sich erpressen und von einem verbrecherischen Regime vorführen lassen. Sein schmutziger Deal signalisiert eben in der Tat, daß Verbrechen, daß staatlich betriebener Menschenhandel sich lohnt – Teheran kann dank seiner »eisernen Entschlossenheit« über 6 Milliarden Dollar zusätzlich verfügen und damit nach Gutdünken die Stabilität in der Region oder den Weltfrieden gefährden.

Im Abseits

Der amerikanische Präsident Joe Biden hat angedeutet, daß seine Regierung an einer Vereinbarung mit dem Königreich Saudi-Barbarien arbeite, nach der Riyadh ganz offiziell Beziehungen zu Jerusalem aufnehmen könne. Zwar ist das Verhältnis zwischen der islamistischen Monarchie und der jüdischen Demokratie derzeit vergleichsweise entspannt, Beziehungen, wie sie unter Staaten üblich sind, gibt es jedoch noch nicht.

Macht die Regierung in Washington kein Geheimnis daraus, daß sie mit der Regierungskoalition in Jerusalem nur wenig verbindet, sind Joe Bidens Andeutungen vor Anhängern seiner Partei in der in Maine gelegenen Stadt Freeport freilich als Hinweis auf eine dennoch bestehende enge Verbundenheit von Teilen des US-Establishments zu Israel zu deuten. Trotz gewisser Differenzen steht Washington an der Seite Israels.

Leiten europäische »Freunde« Israels ihre Angriffe auf den jüdischen Staat regelmäßig mit Hinweisen darauf ein, daß Uneinigkeit ja gerade ein Merkmal besonders enger Beziehungen sei, daß eine Freundschaft auch Kritik aushalte, fällt doch auf, wie wenig sie im Gegensatz zu Washington verzuweisen haben, ihre behauptete Verbundenheit zu belegen. Schon die Abraham Accords kamen ohne sie zustande, womöglich gegen sie.

Sollte es Joe Biden tatsächlich gelingen, erfolgreich fortzuführen, was sein Amtsvorgänger Donald J. Trump begann, dem Friedensprozeß zwischen Israel und arabisch-islamischen Staaten mit neuen Impulsen voranzubringen, wären die Europäer und ihre in der Tat israelfeindliche Nahost-Politik zugleich einmal mehr blamiert. Während sie mit erklärten Feinden Israels kuscheln, können sie Solidarität mit Israel nur behaupten.

Könnte Präsident Joe Biden seine Bemühungen um eine (weitere) Annäherung zwischen Saudi-Barbarien und Israel durchaus auch als Druckmittel gegen die ungeliebte Regierung in Jerusalem einsetzen, was allerdings nicht eben freundlich wäre, hat Brüssel das europäisch-israelische längst so nachhaltig ruiniert, daß Diplomaten des Auswärtigen Diensts nicht einmal mehr über eine solche Möglichkeit nachdenken können.

Überschattetes Verhältnis

In der Nacht zum Dienstag wird der israelische Präsident Isaac Herzog zu einem Staatsbesuch nach Washington aufbrechen. Eingeladen vom amerikanischen Präsidenten Joe Biden, der bisher eine entsprechende Geste gegenüber Benjamin Netanjahu vermieden hat, dem israelischen Regierungschef, findet der Besuch in einer Zeit statt, in der das amerikanisch-israelische Verhältnis leider deutlich abgekühlt ist.

Freilich noch immer weit vom Niveau der deutsch- oder europäisch-israelischen Beziehungen entfernt, bemühen sich derweil Parteifreunde des amerikanischen Präsidenten darum, ihren Vorbildern in Europa nachzueifern: Mehrere demokratische Abgeordnete, die dort als »progressiv« gelten, haben angekündigt, eine Rede Isaac Herzogs vor beiden Kammern des Parlaments in Washington zu boykottieren.

Angeführt werden die Boykotteure von IIhan Omar, der selbst ihre Fraktionsführung einmal die Benutzung »antisemitischer Stereotype« bescheinigte. Unterstützt wird die muslimische Abgeordnete von Alexandria Ocasio-Cortez, Jamaal Bowman sowie Cori Bush, allesamt Mitglieder einer »The Squad« genannten Gruppe demokratischer Kongreß-Abgeordneter. Weitere Mitglieder der Gruppe könnten sich anschließen.

Experten rechnen allerdings auch damit, daß diese Abgeordneten an der gemeinsamen Sitzung beider Häuser des amerikanischen Parlaments teilnehmen und dabei versuchen könnten, die Ansprache Isaac Herzogs zu stören. Wofür auch immer sie sich noch entscheiden mögen, bereits jetzt ist klar, daß ein Boykott ebenso wie Störungen der Rede Isaac Herzogs nicht einer beliebigen Privatperson gelten, sondern dem Staat Israel.

Denn Isaac Herzog ist der Repräsentant des jüdischen Staates. Damit wird aber auch das Antisemitismus-Problem der amerikanischen Demokraten sichtbar. Die Mitglieder von »The Squad« sind leider durchaus prominent, und selbst wenn sie innerhalb der Demokratischen Partei eine Minderheitenmeinung vertreten sollten, machen sie mit ihren Ansichten und Aktionen Antisemitismus zunehmend gesellschaftsfähig.

Präsident Joe Biden hat sich zwar wiederholt und deutlich gegen Antisemitismus ausgesprochen. Er hat es jedoch gleichermaßen versäumt, das Problem in den eigenen Reihen anzugehen. Er könnte daher versucht sein, mit dem Empfang Isaac Herzogs von seinen Versäumnissen und denen seiner Partei abzulenken. Präsident Isaac Herzog sollte es deshalb vermeiden, sich allzu sehr von Joe Biden vereinnahmen zu lassen.

Kotau vor den Mullahs

Amerikanische Diplomaten haben gegenwärtig viel zu tun. Einerseits scheint ein – noch geheimes – Abkommen zwischen Washington und dem islamistischen Regime in Teheran über dessen Atomprogramm nur noch wenige Zugeständnisse entfernt. Andererseits gilt es, entsprechenden Meldungen entgegenzutreten, überzeugend zu dementieren, was womöglich gar nicht mehr glaubwürdig zu leugnen ist.

Die Meldungen sind jedenfalls in der Welt: Ein amerikanisch-iranisches Übergangsabkommen über das Atomprogramm der Mullahs soll in den vergangenen Monaten und Wochen zunehmend Gestalt angenommen haben und nun vor der Vollendung stehen. Was allerdings aufhorchen läßt – oder: lassen sollte -, sind die kolportierten Inhalte einer solchen Einigung, die mit dem JCPOA nichts mehr zu tun hat.

War der Joint Comprehensive Plan of Action mit dem Versprechen verbunden, den Aufstieg der Islamischen Republik Iran zur Atommacht nachhaltig verhindern zu können, bliebe davon mit einem Interims-Abkommen nichts mehr übrig: Den offiziell nicht bestätigten Meldungen zufolge soll Teheran sein Atomprogramm »einfrieren« und sein auf Reinheitswerte von bis zu 60 Prozent angereichertes Uran behalten.

Das entspräche einer Anerkennung des aktuellen Stands des Rüstungsprogramms der Mullahs durch Washington, deren »geistliches Oberhaupt« Ayatollah Seyed Ali Khamenei jüngst noch prahlte, niemand könne die Islamische Republik aufhalten. Und als Bonus soll Washington noch bereit sein, Sanktionen gegen Teheran aufzuheben und dem Regime damit den Zugriff auf eingefrorene Milliarden erlauben.

Statt – zumal vor dem Hintergrund massiver Proteste gegen die blutige Herrschaft der Mullahs – das Scheitern des JCPOA zum Anlaß zu nehmen, das islamistische Regime zu isolieren, scheint die Regierung von Präsident Joe Biden jedenfalls nicht unwillig, sich mit Teheran zu arrangieren. Für ein windiges Abkommen scheint sie bereit, Zusagen an (nicht nur) Jerusalem zu brechen. Das ist in der Tat erklärungsbedürftig.

Verantwortungslosigkeit

Der amerikanische Präsident Joe Biden hat gegenüber Medienvertretern deutlich gemacht, den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu jedenfalls »in nächster Zeit« nicht zu einem Besuch nach Washington einladen zu wollen. Verbunden mit erneuerter Kritik an innenpolitischen Entscheidungen des Likud-Politikers ist die öffentliche Absage an einen Besuch Benjamin Netanjahus ein Affront.

Zwar wäre es wohl keine Übertreibung, dem israelischen Premier zu bescheinigen, er sei umstritten, repräsentiert Benjamin Netanjahu in diesem Amt noch immer einen der engsten Alliierten der Vereinigten Staaten auf der Welt, ganz bestimmt aber im Nahen Osten. Joe Bidens demonstrative Verweigerung einer Einladung an ihn beschädigt daher auch die bilateralen Beziehungen zwischen Washington und Jerusalem.

Während sich Peking gerade mit der Vermittlung einer (Wieder-)Annäherung zwischen dem islamistischen Regime in Teheran und dem Königshaus in Riyadh als neue potentielle Hegemonialmacht in der Region in Stellung zu bringen versucht, riskiert der demokratische Präsident mit der Herabwürdigung des israelischen Regierungschefs einen weiteren Ansehens- und – vor allem – Einflußverlust in der Region.

Niemand verlangt ein Verstummen jeglicher Kritik an politischen Entscheidungen in der jeweils anderen Hauptstadt. Geht sie – unter Verbündeten, die mit Differenzen zumindest bisher umzugehen vermochten – allerdings so weit, daß man sich offiziell aus dem Weg geht, hat sie jedes Maß verloren. Joe Bidens möglicherweise folgenschwere Entscheidung und ihre öffentliche Kommunikation sind unverantwortlich.

Unambitionierte Reise

Der amerikanische Außenminister Antony Blinken hat, wie er via Twitter verkündete, eine »weitere produktive Reise« nach Israel und in die umstrittenen Gebiete nach Ramallah abgeschlossen. Nach seiner Auskunft traf er sich dabei in den vergangenen Tagen »mit israelischen und palästinensischen Amtskollegen und Führern der Zivilgesellschaft«, um »den Parteien unsere weitere Unterstützung« zuzusagen.

Weil der Nahost-Politik des derzeitigen Präsidenten Joe Biden allenfalls die nicht vorhandenen Ambitionen seines Amtsvorvorgängers Barack Hussein Obama vorgeworfen werden können, war kaum mehr zu erwarten als ein floskelhaftes Fazit. Fand die Reise in nicht eben ruhigen Tagen statt, wäre eben deshalb gewiß mehr möglich gewesen. Vielleicht war sie »produktiv«, in Erinnerung wird die Reise aber nicht bleiben.

Wenig überraschend – und zugleich doch fragwürdig – ist das auch aus diesem Fazit sprechende Bemühen Antony Blinkens, eine allzu deutliche Positionierung für die eine oder andere Seite zu vermeiden. Doch genau darin wird das Problem der Nahost-Politik dieser Administration deutlich: Ihre bemühte Äquidistanz ist eher geeignet, den »palästinensisch«-israelischen Konflikt zu verlängern denn zu lösen.

Wer auf »Präsident« Abu Mazens steile These, die Regierung in Jerusalem sei alleinverantwortlich für die Gewalt der vergangenen Tage, einfach das – vorher geplante – Programm abarbeitet und zur Krönung weitere Millionenzusagen macht, hat bei aller »Produktivität« jedenfalls eine Gelegenheit verpaßt, die Aussichten auf einen Kurswechsel in Ramallah – und damit auf eine Entspannung im Konflikt – zu erhöhen.

Überfällige Kurskorrektur

Die Regierung in Washington hat angekündigt, sich nicht mehr für eine Wiederbelebung des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) zu engagieren. Wie Robert Malley, der Sondergesandte der Vereinigten Staaten für die Islamische Republik Iran, in der französischen Hauptstadt Paris erläuterte, reagiert Washington mit diesem Kurswechsel auf die Menschenrechtsverletzungen des islamistischen Regimes.

Zwar bleibt die Regierung von Präsident Joe Biden weiter offen für ein erneuertes Abkommen, den Angaben zufolge will sie zukünftig jedoch gegenüber dem Mullah-Regime auf Druck durch verschärfte Sanktionen setzen. Gleichzeitig kündigte Robert Malley für diesen Dienstag Gespräche mit den europäischen JCPOA-Staaten über gemeinsame Antworten auf Verletzungen des Abkommens durch Teheran an.

Hält sich Washington einige Hintertürchen offen, ist der amerikanische Politikwechsel gegenüber der mörderischen Theokratie doch zu begrüßen. Anders als die Europäer, die es aus Rücksicht auf die offenbar zarten Gefühle der Schlächter von Teheran nicht einmal schaffen, deren Pasdaran als Terrororganisation zu ächten, will Präsident Joe Biden sich in Wien nicht mehr länger durch die Mullahs vorführen lassen.

Seit August liegt dort ein unterschriftsreifer Entwurf für ein erneuertes Abkommen über das iranische Atomprogramm vor, Teheran verweigert ihm jedoch die Zustimmung. Zugleich unterlassen es die »E3«, die drei europäischen JCPOA-Vertragsstaaten, diese mit Nachdruck einzufordern, während sie nicht weniger tatenlos der inzwischen ganz offen betriebenen atomaren Aufrüstung durch Teheran zuschauen.

Mit seinem erneuerten Bekenntnis zu einer Politik der Sanktionen setzt Washington daher nun auch insbesondere Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich, die »E3«, sowie die Europäische Union unter Entscheidungsdruck. Die amerikanische Regierung bietet mit ihrer Entscheidung ihnen die Möglichkeit, sich gesichtswahrend von ihrer unverantwortlichen Beschwichtigungspolitik zu verabschieden.

Hoffnungsschimmer

Während das offizielle Europa sich in der Region zunehmend als Komplize des terroristischen Gebildes zwischen Israel und Jordanien bzw. Ägypten in Verruf bringt, gelingt es der amerikanischen Außenpolitik immer wieder, Initiativen zu lancieren, die das Potential haben, Konflikte zu entschärfen. Nach Präsident Donald J. Trump mit den Abraham Accords könnte nun auch Nachfolger Joe Biden Geschichte machen.

Unter amerikanischer Vermittlung haben Libanon und Israel sich auf das Ende eines Streits um den maritimen Grenzverlauf zwischen den Staaten verständigt. Durch das Abkommen wird zwar »nur« der Weg für die Ausbeutung bisher umstrittener Erdgasfelder geebnet, längerfristig könnte sich die Vereinbarung aber als der Anfang des Endes des seit 1948 anhaltenden Kriegszustands zwischen Beirut und Jerusalem erweisen.

Von Premier Yair Lapid vor wenigen Tagen angekündigt, sah es zwischenzeitlich noch danach aus, als könne das Abkommen an für Israel unerfüllbaren libanesischen Forderungen scheitern. Statt einer Entspannung drohte sogar noch eine Verschärfung der Lage. Zumindest diese Gefahr scheint nun gebannt, wie das übereinstimmende Lob aus Beirut und Jerusalem für den jüngsten Entwurf eines Abkommens belegt.

Beide Seiten sehen ganz ausdrücklich all ihre Forderungen als erfüllt an und erklären, auf dem Weg dahin keinerlei Zugeständnisse gemacht zu haben. Von dem, scheint es, perfekten Abkommen könnten nicht nur der krisengeplagte Libanon und Israel ökonomisch profitieren, sondern – obwohl sie keinen Anteil an dessen Zustandekommen haben – sogar die Europäer, die händeringend nach neuen Rohstofflieferanten suchen.

Auch wenn sich Beirut und Jerusalem auch nach dieser in der Tat historischen Einigung noch längst nicht gegenseitig anerkennen und sie deshalb auch kein Friedensabkommen ist, zeigt sie doch, daß auch in diesem Konflikt wenigstens der Abbau von Spannungen möglich ist. Und ist das möglich, dann ist auch eine weitere Annäherung nicht völlig ausgeschlossen, selbst wenn das gewiß noch Zukunftsmusik ist.