Schlagwort: JCPOA

Verschmähte Liebe

Die Regierungen in Berlin, London und Paris haben die Auflösung von Instex bekanntgegeben, des von ihnen 2019 ins Leben gerufenen »Instruments zur Unterstützung von Handelsaktivitäten«, eines Mechanismus’, mit dem sie US-Sanktionen gegen das islamistische Regime in Teheran zu sabotieren suchten. Und noch ihre Gemeinsame Erklärung zum Ende von Instex ist ein Dokument der Anbiederung an Teheran.

Hatte die von Präsident Donald J. Trump geführte amerikanische Regierung zuvor vergeblich versucht, ihre »Verbündeten« von der Notwendigkeit einer Reform des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) zu überzeugen, trat Washington schließlich aus dem Abkommen aus und reaktivierte oder verhängte neue nationale Sanktionen, die sich gegen das iranische Kernwaffenprogramm richteten.

Die »E3«, die europäischen Vertragsländer, reagierten darauf mit Instex, das von den amerikanischen Sanktionen bedrohten Unternehmen bei der Weiterführung ihrer Geschäfte mit dem islamistischen Regime oder deren Neuanbahnung unterstützen sollte. Der antiamerikanische Versuch der Anbiederung an die Mullahs hatte dabei die gleichen Gründe, die nun zur Auflösung von Instex erneut zitiert werden.

»Diese Entscheidung«, heißt es in der am Donnerstag veröffentlichten Gemeinsamen Erklärung, wird »aus rein wirtschaftlichen Gründen getroffen«. Würde Teheran nur mitmachen, die »E3« – Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich – sind nach wie vor bereit, für Profite »andere Faktoren«, wie sie es nennen, zu übersehen. So begrüßenswert das Ende von Instex ist, so entlarvend seine Begründung.

Statt sich von ihrem »Instrument zur Unterstützung von Handelsaktivitäten« wenigstens rückwirkend zu distanzieren, versuchen Berlin, London und Paris es zu verharmlosen, wenn sie behaupten, über Instex sollten humanitäre Güter in die Islamische Republik gelangen. Solche Güter waren und sind nicht von Sanktionen betroffen, hinter Instex steckten nie humanitäre, sondern stets rein ökonomische Gründe.

»Instex soll Handel mit dem Iran ermöglichen, ohne dass dabei mit dem US-Finanzsystem verbundene Institute eingeschaltet werden müssen. Die allermeisten europäischen Banken lehnen aus Angst vor US-Sanktionen Geschäfte mit Iranbezug ab.«

Mit Bernd Erbel, zuvor deutscher Botschafter in der Islamischen Republik, sollte denn auch ein ausgewiesener Experte im Wegsehen bei »anderen Faktoren« die Leitung von Instex übernehmen. Leider schaute der Diplomat auch bei Einladungen zu Interviews nicht so genau hin, weshalb er »aus persönlichen Gründen« den Posten dann doch nicht antreten konnte. Sein Scheitern nahm das von Instex vorweg.

»Während der letzten vier Jahre war INSTEX durchgängig um eine Erleichterung des Handelsaustauschs zwischen Europa und Iran bemüht«, beschreibt die Gemeinsame Erklärung wohl durchaus zutreffend die Aktivitäten des »Instruments« auch noch in den vergangenen sechs Monaten, in denen selbst manchen europäischen Außenminister aufging, daß in Teheran ein Regime von »Monstern« herrscht.

Und dennoch war Instex den Europäern, den »E3« oder den immerhin 10 europäischen Gesellschaftern, auch im vergangenen halben Jahr nicht peinlich. »Aus politischen Gründen hat« vielmehr »Iran systematisch verhindert, dass INSTEX sein Mandat erfüllen kann«, und so für dessen Ende gesorgt, dafür, daß die Europäer nun »aus rein wirtschaftlichen Gründen« gar nicht mehr anders konnten. Welch ein Armutszeugnis.

Täuschungsmanöver

Rafael Grossi, der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), ist am Sonntag von einer zweitägigen Visite beim islamistischen Regime in Teheran zurückgekehrt. Hatte die UN-Behörde kurz zuvor noch mit Berichten über Funde von Uran mit einer Reinheit von bis zu 84 Prozent in Fordo für Aufregung gesorgt, bemühte sich Rafael Grossi nach seiner Rückkehr sichtlich um Entspannung.

Gilt auf 84 Prozent angereichertes Uran als beinahe waffenfähig, versuchte der bei der Vorstellung der Ergebnisse seiner Unterredungen in Teheran, u.a. mit »Präsident« Ebrahim Raisi, die Bedeutung des Funds herunterzuspielen. Hantiere man mit Uran, das bereits auf 60 Prozent angereichert sei, könne es schon einmal passieren, daß dabei ganz unbeabsichtigt auch deutlich höher angereichertes Uran entstehe.

Außerdem habe die »Führung« in Teheran sich ihm gegenüber gesprächsbereit gezeigt. So sollen die vor etwa einem Jahr abmontierten Überwachungskameras wieder installiert und weitere Inspektionen ermöglicht werden. Freilich ist diese Art »Kompromißbereitschaft« des islamistischen Regimes nicht neu: Mit ihr versucht Teheran immer wieder, die Stimmung auf Treffen des Gouverneursrats der IAEA zu beeinflussen.

Und sie kann auch nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Mullahs mit ihren »Zugeständnissen« immer wieder nur einen Teil jener Maßnahmen zurücknehmen, mit denen sie zuvor selbst die Lage zugespitzt haben. Zudem blieb Rafael Grossi diesmal konkrete Details schuldig. Darüber müßten nämlich noch »technische Gespräche« geführt werden. Ohnehin scheint die Begeisterung des IAEA-Chefs wenig angebracht.

Selbst wenn Teheran wirklich »unbeabsichtigt« in den Besitz fast waffenfähigen Urans gelangte, wie das Regime behauptet: An der Tatsache, daß der Islamischen Republik Iran untersagt ist, Uran überhaupt über Reinheitsgrade von 3,67 Prozent hinaus anzureichern, und sie ganz und gar nicht zufällig, sondern willentlich Uran auf 60 Prozent anreichert, ändern ein paar Höflichkeiten gegenüber Rafael Grossi nichts.

Gefährliche Inkompetenz

Enrique Mora, der stellvertretende Generalsekretär der EU, hat für den Auswärtigen Dienst in Brüssel dem in Berlin veröffentlichten Magazin Internationale Politik Quarterly verraten, daß der Staatenbund den Joint Comprehensive Plan of Action nach wie vor als alternativlos betrachte: »Wir sind weiter der Meinung, daß der JCPOA der einzige Weg ist, das iranische Nuklearproblem zu lösen, er ist der einzige Weg für uns«.

Zwar sei es derzeit aus vielerlei Gründen »schwierig«, mit dem Regime in Teheran im Gespräch zu bleiben, betonte der Diplomat, doch »wir halten alle Kanäle offen«. Es ist wahrscheinlich, daß das Gespräch mit dem Vizepräsidenten der Europäischen Kommission noch vor den jüngsten Berichten der Internationalen Atomenergiebehörde über Funde beinahe waffenfähigen Urans in der Islamischen Republik Iran stattfand.

Gleichwohl, aber auch gerade deswegen sind die Aussagen Enrique Moras ein beschämendes Dokument des erbärmlichen Zustands der europäischen Außenpolitik. Nicht erst seit ein paar Tagen oder Wochen, sondern seit Jahren verstößt das islamistische Regime bewußt und immer massiver gegen den JCPOA und steht darüber inzwischen an der Schwelle zur Atommacht. Gespräche über den JCPOA blieben derweil erfolglos.

Gleichzeitig demonstriert Teheran mit seinen anhaltenden Repressionsmaßnahmen gegen die »eigene« Bevölkerung seine Menschenverachtung und stellt sich damit innenpolitisch in seiner ganzen Brutalität bloß. Außenpolitisch versuchen die Mullahs, ihr Bündnis mit Moskau immer weiter zu vertiefen, vor gut einem Monat frohlockte Teheran sogar, gemeinsam mit dem Kreml eine »neue Weltordnung« zu schaffen.

Und dennoch: Wäre es aus all diesen Gründen geboten, das immer gefährlicher und rücksichtsloser werdende islamistische Regime international zu isolieren, will die Führung der EU »alle Kanäle« nach Teheran »offenhalten«, um ein Abkommen zu retten, in dessen Schutz die Islamistische Republik »unbeabsichtigt« in den Besitz von Uran mit einem Reinheitsgrad von ca. 84 Prozent gelangte. Naivität kennt keine Grenzen.

Zuschauer

Die Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) hat seit einigen Tagen kursierende Meldungen bestätigt, nach denen Kontrolleure der Behörde in der Islamischen Republik Iran auf Uran gestoßen sind, das auf einen Reinheitsgrad von mehr als 83 Prozent angereichert wurde. Wie Rafael Grossi am Dienstag offiziell mitteilte, hatten Vertreter der IAEA das beinahe waffenfähige Uran im Januar in Fordo entdeckt.

Nach den Aussagen des IAEA-Chefs hätte Teheran den Reinheitsgrad des Urans als Ergebnis einer »unbeabsichtigten Fluktuation« bezeichnet. Noch vor wenigen Tagen hatte das islamistische Regime entsprechende Meldungen zurückgewiesen und sich lustig über sie gemacht, die dem »Außenministerium« des Regimes unterstehenden Tehran Times etwa hatten gehöhnt: »100 Prozent Lügen über 84 Prozent Anreicherung«.

»Der Iran«, hieß es in der Meldung, »hat Berichte über die Anreicherung von Uran auf einen Reinheitsgrad von mehr als 60 Prozent unmißverständlich dementiert und erklärt, daß die Atomanlagen des Landes diesen Wert nie überschritten haben«. Die offene Lüge, die Teheran auch noch als »die reine Wahrheit« bezeichnet hatte, bringt nun freilich vor allem die westlichen Vertragspartner im JCPOA in Bedrängnis.

Denn insbesondere die »E3«, Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich, haben bisher im Glauben an das Abkommen, das den Aufstieg der Islamischen Republik Iran zur Atommacht verhindern sollte, darauf verzichtet, wenigstens zu versuchen, Teheran zur Einhaltung des Joint Comprehensive Plan of Action zu bewegen. Das Scheitern ihrer Politik des bewußten Wegschauens ist nicht mehr zu leugnen.

Das islamistische Regime hat sie schon immer vorgeführt. Und es führt sie weiter vor, indem es behauptet, »unbeabsichtigt« in den Besitz des nahezu waffenfähigen Urans gelangt zu sein. Ist Teheran allenfalls der Besitz einer geringen Menge von Uran mit einer Reinheit von 3,67 Prozent erlaubt, ist schon das Bekenntnis zur Anreicherung auf 60 Prozent Beleg dafür, daß dem »Zufall« erheblich nachgeholfen wurde.

In einer ihrer letzten Gemeinsamen Erklärungen zu Verstößen Teherans gegen den JCPOA hatten die Regierungen der »E3« angekündigt, sie würden »weiterhin mit unseren internationalen Partnern« über »den Umgang mit dieser fortdauernden Eskalation durch Iran« beraten. Angesichts beinahe waffenfähigen Urans im Besitz der Mullahs scheint es angebracht, das Geheimnis um die Ergebnisse dieser Beratungen zu lüften.

Geständnis

Höhnte Teheran noch am vergangenen Montag über »100 Prozent Lügen über 84 Prozent Anreicherung« und wies Berichte zurück, nach denen Kontrolleure der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in der Islamischen Republik auf Uran gestoßen seien, das auf auf einen Reinheitsgrad von 84 Prozent angereichert wurde, heißt es nun, das Regime habe »eine Anreicherung von Uran auf 84 Prozent eingeräumt«.

Eine mit dem »Obersten Nationalen Sicherheitsrat« in Teheran verbundene Website, so meldet etwa der Deutschlandfunk in seinen Nachrichten, habe die Vorwürfe inzwischen bestätigt und zugleich die mit der Kontrolle der Umsetzung des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) durch die Islamische Republik beauftragte IAEA aufgefordert, »die friedliche Natur des iranischen Atomprogramms anzuerkennen«.

Sollte sich die Meldung bestätigen, wäre sie ein weiterer eindrücklicher Beleg für den fortgesetzten Konfrontationskurs, den das Mullah-Regime gegen »seine« Untertanen, aber eben auch und gerade außenpolitisch verfolgt. Für eine Anreicherung von Uran auf 84 Prozent gibt es keinerlei mit zivilen Absichten erklärbaren Gründe, zumal der JCPOA dem Regime jede Anreicherung über 3,67 Prozent hinaus untersagt.

Vor diesem Hintergrund angesichts von Funden beinahe waffenfähigen Urans noch eine Bewertung des iranischen Atomprogramms als »friedlich« zu fordern, ist ein Affront. Freilich darf sich Teheran dazu auch aufgefordert fühlen: Das Ausbleiben reaktivierte internationaler Sanktionen als Reaktion auf die offenen Vertragsverletzungen bisher, das Appeasement besonders der »E3«, haben den JCPOA zum schlechten Witz gemacht.

Gesichtswahrung

Die Außenminister der Europäischen Union haben sich auf neue Sanktionsmaßnahmen gegen Vertreter des islamistischen Regimes in Teheran verständigt. Bei ihren Beratungen in Brüssel beschlossen die Vertreter der EU-Mitgliedsstaaten wegen fortdauernder Menschenrechtsverletzungen durch Teheran Strafmaßnahmen gegen 32 Repräsentanten des dortigen Regimes, u.a. zwei »Minister«, und zwei Organisationen.

Was angesichts anhaltender und auch wieder zunehmender Proteste gegen das islamistische Regime in Teheran überfällig war, ist freilich nicht ausreichend: Erneut bleiben die europäischen Außenminister nämlich weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. So scheint eine auch von der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock einmal angeregte Ächtung der berüchtigten Pasdaran (IRGC) längst wieder vom Tisch.

Und natürlich unterließen es die Außenminister auch, Teheran für dessen andauernden und ausgeweiteten Verstöße gegen den Joint Comprehensive Plan of Action zu verhängen. Obwohl gerade gemeldet wurde, daß das islamistische Regime mittlerweile über Uran mit einer Reinheit von 84 Prozent verfüge, haben Berlin und Paris, die mit London die »E3« bilden, weiter nicht die Absicht, den JCPOA durchzusetzen.

Mit ihren Sanktiönchen haben die europäischen Außenminister daher wieder kaum mehr betrieben als Gesichtswahrung. Und selbst dieser Eindruck täuscht: Während sie sich am Montag in Brüssel regimekritisch gaben, meldeten iranische Medien, daß Josep Borrell Fontelles, der Hohe Außenbeauftragte der EU, und Hossein Amir Abdollahian, der »Außenminister« des Regimes, ein kollegiales Telefonat geführt hätten.

Zufallsfund

Kontrolleure der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) haben nach Informationen des Nachrichtendiensts Bloomberg in der Islamischen Republik Iran Uran entdeckt, das auf einen Reinheitsgrad von 84 Prozent angereichert worden sein soll. Die IAEA überwacht die Umsetzung des Joint Comprehensive Plan of Action durch das Regime in Teheran, der dessen Aufstieg zur Atommacht verhindern soll.

Während die islamistischen Herrscher in Teheran bestreiten, ein Kernwaffenprogramm zu unterhalten, und Auskünfte zur Herkunft der jüngsten Uran-Funde verweigern, gibt es schon für die bisherigen Verstöße Teherans gegen den JCPOA kaum glaubhafte zivile Rechtfertigungen. Dennoch will die IAEA ein schnelles Urteil vermeiden und nun herausfinden, »ob Iran das Material absichtlich produziert hat«.

Angesichts der Tatsache, daß der JCPOA dem Regime in Teheran bis in das Jahr 2030 den Besitz von höchstens 300 Kilogramm Uran mit einem Anreicherungsgrad von maximal 3,67 % gestattet und auch einen legalen Betrieb moderner Zentrifugen zur weiteren Anreicherung kaum zuläßt, klingt es seltsam, will die IAEA (noch) nicht ausschließen, daß ihr Fund »das Ergebnis einer unbeabsichtigten Anhäufung ist«.

Vor knapp 3 Monaten erklärte IAEA-Chef Rafael Grossi, daß Teheran seine Kapazitäten zur Anreicherung von Uran auf Reinheitsgrade von mindestens 60 Prozent »verdreifachen, nicht verdoppeln, sondern verdreifachen« wolle. Weitere drei Monate zuvor hatte seine Behörde schon angegeben, Teheran verfüge über mindestens 55 Kilogramm Uran mit einer Reinheit von 60 Prozent. Gut ein Jahr zuvor waren es 6,5 kg.

Erlaubt der Joint Comprehensive Plan of Action Teheran den Betrieb jeweils einer Zentrifuge vom Typ IR-4, IR-5, IR-6 bzw. IR-8 zu Forschungszwecken am Standort Natanz und von 328 IR-1-Zentrifugen in Fordo, verfügte das islamistische Regime laut IAEA im November 2022 über 4.515 modernere und 7.135 Zentrifugen vom Typ IR-1, allein in Fordo waren damals 2.656 IR-6-Zentrifugen in 16 Kaskaden installiert.

Längst besitzt die Islamische Republik genügend hochreines Uran für den Bau mehrerer einsatzfähiger Kernsprengköpfe und auch ein ganzes Arsenal von Raketen zu deren Transport. Ganz bestimmt gibt es Zufälle. Und so könnte Teheran unbeabsichtigt, gleichsam »zufällig« in den Besitz von Uran mit einem Reinheitsgrad von 84 Prozent gelangt sein. Es dürfte sich dabei allerdings um einen provozierten »Zufall« handeln.

Floskelmeister

Als der Joint Comprehensive Plan of Action noch nicht bzw. eben erst verabredet war, wurden »Architekten« und Verfechter des Abkommens nicht müde, den in den JCPOA eingebauten »Snap back«-Mechanismus in höchsten Tönen zu loben. Sollte das Regime in Teheran seine vertraglichen Pflichten verletzen, würde dieses Instrument die prompte Reaktivierung ausgesetzter Sanktionen ganz einfach machen.

Gegen die Islamische Republik Iran war wegen ihres heimlichen Kernwaffenprogramms zuvor über Jahre ein hoher Druck aufgebaut worden, zu dem international weitgehend eingehaltene Sanktionen gegen Teheran gehört hatten. So war das Regime schließlich zu Gesprächen gezwungen worden, in deren Verlauf der JCPOA entstand: Im Gegenzug für Zusammenarbeit sollten Sanktionen entschärft und ausgesetzt werden.

Inzwischen dürften selbst die größten Anhänger internationaler Diplomatie einige Mühe haben, von der Islamischen Republik nicht verletzte Regelungen des JCPOA aufzuzählen. Erst in dieser Woche informierte die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) im Zusammenhang mit heimlichen Veränderung an ohnehin vertragswidrig betriebenen Zentrifugen über die mangelnde Kooperationsbereitschaft Teherans.

Dabei könnte das islamistische Regime die Heimlichtuerei in der Tat sparen. Sie bleibt ebenso wie die bisherigen und immer massiveren Verstöße gegen den Joint Comprehensive Plan of Action ja doch ohne eine adäquate Antwort. Teheran steht an der Schwelle zur Atommacht, die Islamische Republik verfügt über Wissen, technische Möglichkeiten und das zum Bau mehrerer atomarer Sprengköpfe nötige Uran.

Doch statt den unbestreitbaren Fortschritten der islamistischen Blutsäufer auf dem Weg zu eigenen Kernwaffen wenigstens den glaubhaften Versuch einer Umsetzung des JCPOA entgegenzusetzen, lassen Washington, Berlin, London und Paris der Vertragsverletzung wieder nur eine ihrer Gemeinsamen Erklärungen folgen, die konstatiert, was ist, aber nicht einmal etwa mit dem »Snap back«-Mechanismus droht.

Derweil wagt es gleichzeitig keine dieser angeblich so »besorgten« Regierungen, das Scheitern des Joint Comprehensive Plan of Action einzugestehen. In zwei, drei Jahren freilich laufen erste Teile des Abkommens aus, was derzeit (noch) vertrags- und völkerrechtswidrig ist, das wird dann, Schritt für Schritt, zulässig. Das Zögern des Westens, insbesondere aber Europas wird spätestens dann verheerende Folgen haben.

Europageschwindigkeit

Vor gut zwei Monaten, am 22. November 2022, veröffentlichten die Regierungen der »E3«, der europäischen Vertragsstaaten des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA), eine ihrer berüchtigten Gemeinsamen Erklärungen, mit denen sie seit Jahren auf immer massivere Verstöße des islamistischen Regimes in Teheran gegen das Abkommen, nun ja, antworten. Die Stellungnahme mündete in eine Drohung:

»Über den Umgang mit dieser fortdauernden Eskalation durch Iran werden wir weiterhin mit unseren internationalen Partnern beraten.«

Seither sind acht Wochen vergangen, zwei Monate, in denen die Islamische Republik Iran weder innenpolitisch noch außenpolitisch nennenswert an Ansehen und Legitimität gewinnen konnte. Jean Asselborn, der Außenminister der Steueroase Luxemburg, nannte in einem hellen Moment die islamistischen Herrscher in Teheran sogar die »Monster«, die die Blutsäufer um Ayatollah Seyed Ali Khamenei sind.

Die haben ihr Atomprogramm derweil nicht etwa abgebrochen oder eingefroren, sondern auch über den Jahreswechsel hinweg weiter vorangetrieben und ausgebaut. Mit fortschrittlichen Zentrifugen, die ihre Islamische Republik gar nicht betreiben dürfte, reichern sie Uran weit über die im JCPOA gestatteten Reinheitsgrade an, häufen Uran-Vorräte an, für die es keinerlei sinnvolle zivile Nutzungsmöglichkeit gibt.

Das, was der JCPOA verhindern sollte, der Aufstieg der Theokratie zur Atommacht, wird so immer wahrscheinlicher, unausweichlicher. Und es bedarf kaum prophetischer Talente, vorherzusagen, was im nächsten Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde zum iranischen Atomprogramm stehen wird. Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich beraten unterdessen weiter. Eilig scheinen sie es nicht zu haben.

Mittelalterliches Niveau

Das Regime um die Blutsäufer Ayatollah Seyed Ali Khamenei und Ebrahim Raisi gibt sich empört über »obszöne« Karikaturen, mit denen die französische Zeitschrift Charlie Hebdo zum Jahrestag eines Überfalls islamistischer Terroristen auf ihre Redaktion den Umgang Teherans mit insbesondere Frauen thematisiert, die selbst darüber entscheiden wollen, wie sie ihr Leben gestalten oder auch nur sich kleiden.

Islamistischer »Humor«: Primitiver Antisemitismus (Tehran Times, 07.01.2023)

Seit im September eine junge Frau ihre Begegnung mit Schlägern der »Sittenpolizei« des Regimes in Teheran nicht überlebte, halten Proteste in der ganzen Islamischen Republik Iran gegen die Herrschaft der Mullahs an, denen es bislang trotz (oder auch: wegen) des immer rücksichtsloseren Vorgehens ihrer »Sicherheitskräfte« selbst noch gegen minderjährige Mädchen nicht gelingt, den Aufruhr zu beenden.

Dem Regime, das mit seinen weltweiten terroristischen Aktivitäten und seinem illegalen Kernwaffenprogramm die ganze Region destabilisiert und den Weltfrieden bedroht, fehlt so inzwischen jede Legitimität. Und selbst Verfechtern einer rückgratlosen Beschwichtigungspolitik gegenüber Teheran im Westen ist derweil die Fragwürdigkeit weiterer Kontakte zu den islamistischen »Monstern« mindestens bewußt.

Dennoch schreckt der Westen leider noch immer davor zurück, die Mullahs so konsequent zu isolieren, wie das ob seines barbarischen Charakters angebracht wäre, den es mit einer Reaktion auf die Charlie Hebdo-Karikaturen einmal mehr bestätigt: Die jüngste Ausgabe seines Propagandaorgans Tehran Times »ziert« eine »Karikatur«, die die ganze vorzivilisierte Primitivität des Weltbilds der Islamisten bloßstellt.