Schlagwort: BDS

Differenzierer

Der Schweizer Presserat hat einen Journalisten gerügt, der die BDS-Bewegung im Zusammenhang mit einer Politikerin, die bis 2017 Kontakte zu BDS-Aktivisten unterhielt, als antisemitisch bezeichnet hatte. Gegen diese Darstellung hatte eine BDS-Aktivistin eine Beschwerde eingereicht, der sich das Gremium mit einer Rüge anschloß, die dem Journalisten eine unsachgemäße Arbeitsweise vorwirft.

Prime News, das mit der Beschwerde angegriffene Medium, habe »zwar« deutlich gemacht, »worauf sich der Autor bei seinem Antisemitismus-Vorwurf an die BDS« beziehe – Einschätzungen von Experten, eine Resolution des Deutschen Bundestags -, diese »Erläuterungen kommen aber zu spät«. Tatsächlich nämlich sei »umstritten [..], ob die BDS klar als antisemitisch bezeichnet werden kann«:

»Indem der Autor es unterlässt, zu erwähnen, dass andere Experten und Institutionen den Antisemitismus-Vorwurf an die BDS in Frage stellen, unterschlägt er wichtige Informationen und zeichnet kein differenziertes Bild der Bewegung.«

Will der eidgenössische Presserat selbst nicht ausdrücklich darüber urteilen, ob die BDS-Bewegung nun antisemitisch sei oder nicht, macht er mit seiner betont differenzierten Stellungnahme – so will er ganz offenbar präzise Antisemitismus und Judenhaß unterschieden wissen – vor, wie eine aus seiner Sicht aber doch möglicherweise antisemitische Bewegung dennoch salonfähig gerügt werden kann.

Auf seine ganz eigene Weise macht das »neutrale« Gremium sich damit zu einem Wegbereiter von »Antisemitismus oder gar [..] Judenhass«. Camoufliert als Suche nach der Wahrheit werden wohlbegründete Bewertungen der BDS-Bewegung delegitimiert, indem eine angeblich ungenügende Würdigung anderslautender Behauptungen gerügt wird. Was geächtet gehörte wird so satisfaktionsfähig gemacht.

Bigotte Selbstdarsteller

Aktuell mehr als 800 »Wissenschaftler, Künstler und Intellektuelle aus 45 Staaten«, unter ihnen zahlreiche einschlägig berüchtigte Unterstützer der antisemitischen BDS-Bewegung, haben einen Appell unterzeichnet, der einmal mehr Israel der Errichtung eines »Apartheid«-Regimes auf dem »gesamten Gebiet des historischen Palästina« bezichtigt und dem jüdischen Staat schwere Verbrechen vorwirft.

Der Zeitpunkt für die Veröffentlichung des Pamphlets hätte freilich kaum ungünstiger gewählt werden können. Mit ihm entlarven sich die zahlreichen Unterzeichner nämlich nachgerade mustergültig als das, was sie sind: Antisemiten, denen das Schicksal von »Palästinensern« und Menschenrechte herzlich gleichgültig sind, die sie allenfalls mißbrauchen, ihren obsessiven Haß auf Juden auszuleben.

So entblöden die »Wissenschaftler, Künstler und Intellektuelle[n]« sich beispielsweise nicht, Jerusalem im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie »Impfrassismus« gegenüber den »Palästinensern« anzudichten, was angesichts der Tatsache, daß Ramallah gerade mehr als eine Million Impfdosen aus israelischen Beständen zurückgewiesen hat, schon ein ziemlich eigentümlicher Vorwurf ist.

Während die Hamas in Ferienlagern in Gaza Kinder zu Terroristen ausbildet, während in Ramallah und anderen Städten in den umstrittenen Gebieten zahlreiche »Palästinenser« gegen die Ermordung von Kritikern des PLO-Regimes um »Präsident« Abu Mazen durch dessen »Sicherheitskräfte« protestieren, haben diese 800 Gestalten nichts anderes im Sinn, als Israel als »Verbrechen« zu diffamieren.

Es kümmert sie nicht, daß die Clique um Abu Mazen »Palästinenser« ihrer dissidenten Ansichten wegen bis hin zur Ermordung verfolgt, es stört sie nicht, daß die Islamisten der Hamas mit ihren Angriffen auf Israel immer wieder Leid über die »Palästinenser« in Gaza bringt. Dazu verlieren die »Wissenschaftler, Künstler und Intellektuelle[n]« kein Wort. Und damit ist zu ihnen gesagt, was zu sagen ist.

Ablenkungsmanöver

Die Historikerin Juliane Wetzel hat vor dem Hintergrund zahlreicher antisemitischer Ausschreitungen in Deutschland in den vergangenen Tagen, zu denen sich der Mob häufig unter türkischen und den Flaggen »palästinensischer« Terrororganisationen zusammenrottete, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) daran erinnert, »dass es Hass gegen Juden in allen Bereichen der Gesellschaft gibt«.

Zwar sei es »eine neue Qualität, wenn Gruppen vor Synagogen ziehen und dort Steine werfen«, erklärte die langjährige Mitarbeiterin am Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung (ZfA) der Nachrichtenagentur, jedoch stellten ihrer Ansicht nach »der Rechtsextremismus und insbesondere die Radikalisierung im Netz [..] weiterhin die größte Gefahr dar«, wie dpa Juliane Wetzel indirekt zitiert.

Warnt die Wissenschaftlerin mit ihren Worten vor einer Diskussion über Antisemitismus, die einige seiner Spielarten übersieht, womöglich übersehen will? Oder versucht sie mit ihnen, vom gewalttätigen islamistisch-türkisch-»palästinensischen« Haß auf Juden der jüngsten Tage abzulenken, ihn zu verharmlosen? Träfe ersteres zu, so wäre Juliane Wetzels Einwurf wohl jedenfalls nicht gänzlich falsch.

Freilich findet sich der Name der Forscherin auch und gerade unter dem berüchtigten »Plädoyer der ›Initiative GG 5.3 Weltoffenheit‹«, das sich explizit gegen einen unverbindlichen Beschluß des Parlaments in Berlin richtet, die antisemitische BDS-Bewegung nicht offiziell zu unterstützen. Dadurch würden »wichtige Stimmen beiseitegedrängt und kritische Positionen verzerrt dargestellt« heißt es darin.

Zwischen der BDS-Bewegung und den »palästinensischen« Terrororganisationen Hamas und PFLP gibt es viele personelle Überschneidungen. Hochrangige »Funktionäre« der PFLP und der in Gaza herrschenden Islamisten haben auch in der BDS-Bewegung Positionen inne. Die PFLP-Terroristin Leila Khaled nennt sie einen Teil jenes »Widerstands«, der jüngst Jerusalem noch mit Raketen attackierte.

»Weltoffenheit, wie wir sie verstehen«, formulierte die »Initiative GG 5.3«, müsse »Anderssein als demokratische Qualität« verstehen, es gehe darum »Ambivalenzen zu ertragen und abweichende Positionen zuzulassen«. Nach dieser intellektuellen Glanzleistung scheint nicht unwahrscheinlich, daß Juliane Wetzel mit ihrem jüngsten Einwurf versucht, islamischen Antisemitismus zu verharmlosen.

Verharmloser:innen

Eine, so ihre Selbstbezeichnung, »Gruppe internationaler Wissenschaftler:innen mit Schwerpunkten in der Antisemitismusforschung und verwandten Bereichen« hat in diesen Tagen eine »Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus (JDA)« vorgestellt, mit der sie »auf die Arbeitsdefinition Antisemitismus, die die International Holocaust Remembrance Alliance« bereits 2016 vorgelegt hat, »reagieren« will.

Das Papier der IHRA basiert freilich auf der Arbeitsdefinition Antisemitismus, die 2003 und 2004 vom European Monitoring Centre on Racism and Xenophobia (EUMC) entwickelt und im Januar 2005 auf der Website der EU-Agentur veröffentlicht worden war. Nachdem sie von der Nachfolgeorganisation des EUMC, der Fundametal Rights Agency, 2013 gelöscht wurde, übernahm die IHRA die Arbeitsdefinition.

Die »internationalen Wissenschaftler:innen« antworten mit ihrer »Jerusalemer Erklärung« also tatsächlich auf ein Dokument, das über 15 Jahre alt ist und sich seither vielfach bewährt hat. Dennoch beklagen sie nun, die Arbeitsdefinition sei »weder klar noch kohärent«, da sie »den Unterschied zwischen antisemitischer Rede und legitimer Kritik am Staat Israel und am Zionismus« verwische und so irritiere.

Immerhin kommen die »internationalen Wissenschaftler:innen« damit recht schnell zum Kern ihres Anliegens: Es geht ihnen um eine Art »Kritik am Staat Israel und am Zionismus«, die sie vom Ruch des Antisemitismus‘ befreien wollen. Allerdings sind sie es, die damit Unterschiede verwischen wollen. Legitime Kritik am Staat Israel und am Zionismus ist bereits genau das: legitime Kritik, an der es nicht mangelt.

Die »internationalen Wissenschaftler:innen« wollen vielmehr eine Kritik legitimieren, die günstigenfalls »Kritik« ist, wie aus ihren »Beispielen, die nicht per se antisemitisch« sein sollen, hervorgeht. Da verharmlosen sie nicht nur die BDS-Bewegung, sondern werben auch für den »Vergleich« – und meinen: Gleichsetzung – »Israels mit historischen Beispielen einschließlich Siedlerkolonialismus oder Apartheid«.

Unterzeichnet von einschlägigen Berühmtheiten wie Richard Falk, Brian Klug oder Aleida Assmann, aber auch dem »Who is who« der deutschen staatlichen »Antisemitismusforschung«, Wolfgang Benz und Stefanie Schüler-Springorum, soll laut den Leitlinien 12 und 13 selbst die Ablehnung des Existenzrechts Israels als der jüdische Staat als »nicht per se antisemitisch« gelten, sondern als satisfaktionsfähige Meinung.

Denn diese »Leitlinien« stellten, heißt es in der »Jerusalemer Erklärung«, nur »klar, dass es nicht per se antisemitisch ist, andere politische oder verfassungsrechtliche Regelungen« vorzuschlagen. »Die JDA«, wünschen sich ddie Verfasser:innen, sollte »als Ersatz für die IHRA-Definition angesehen werden«, spiegele sie doch »klar die fachliche Autorität wissenschaftlicher Expert:innen [..] wider«.

Traditionspflege

Alle Jahre wieder veröffentlicht das Simon Wiesenthal Center (SWC) eine Liste der seiner Ansicht nach zehn bedeutsamsten antisemitischen Vorfälle der jeweils vergangenen zwölf Monate. Wie die Jerusalem Post kurz vor der offiziellen Vorstellung der aktuellen Liste meldet, waren auch in diesem Jahr wieder deutsche Bemühungen um eine Erwähnung in ihr leider von einigem Erfolg gekrönt.

Danach gelang es 2020 allzu zahlreichen »Repräsentantinnen und Repräsentanten öffentlicher Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen« begründeten »Initiative GG 5.3 Weltoffenheit« sich mit ihrem in einjähriger Arbeit entstandenen »Plädoyer« gegen einen Beschluß des Deutschen Bundestags, mit dem die Parlamentarier der BDS-Bewegung Antisemitismus bescheinigt hatten, einen 7. Platz zu verdienen.

Dabei mag man darüber streiten, ob es sinnvoll ist, Ränge für antisemitische Vorfälle und Aktivitäten zu vergeben, das schmälert aber nicht die grundsätzliche Bedeutung auch der diesjährigen Liste der angesehenen NGO. Denn mit ihr lenkt sie immer wieder internationale Aufmerksamkeit auf auf nationaler oder regionaler Ebene sonst womöglich ignorierte oder verharmloste beklagenswerte Zustände.

Dafür freilich, daß eine Erwähnung auf dieser Liste zu positiven Veränderungen führt, gibt es keine Gewähr. Im vergangenen Jahr etwa prangerte das Simon Wiesenthal Center das israelfeindliche Abstimmungsverhalten deutscher Diplomaten bei den Vereinten Nationen an. Das hat sich 2020 nicht geändert. Mit seiner Reaktion auf diese Kritik aber sorgte Berlin doch für einen gewissen Erkenntnisgewinn.

Klima der Vielstimmigkeit

Vor wenigen Tagen wurde im dem französischen Freizeitpark Puy-du-Fou die 21 Jahre alte Studentin Amandine Petit zur »Miss France 2021« gekürt. Zu einem Ereignis, das es international in die Schlagzeilen schaffte, wurde die Veranstaltung freilich durch eine Vielzahl antisemitischer Reaktionen auf Aussagen April Benayoums, die auf dem zweiten Platz landete, ihr Vater stamme aus Israel.

Kaum hatte die »Miss Provence 2020« in einem eingespielten Porträtfilm erklärt, sie habe »italienisch-israelische Wurzeln«, nahm sie ein antisemitischer Mob ins Visier und attackierte und terrorisierte April Benayoum in »sozialen« Netzwerken. »Sie war solange schön, bis sie ihre Herkunft erwähnt hat«, wurde sie beleidigt, »Onkel Hitler«, erklärten andere, habe »vergessen dich umzubringen«.

In Deutschland veröffentlichte unterdessen eine »Initiative GG 5.3 Weltoffenheit«, in der sich »Repräsentantinnen und Repräsentanten öffentlicher Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen« versammeln, ein »Plädoyer« gegen einen unverbindlichen und daher günstigenfalls halbherzigen Beschluß des Deutschen Bundestags, die BDS-Bewegung mit öffentlichen Mitteln nicht unterstützen zu wollen.

In ihrem »Plädoyer« behaupten dessen allzu zahlreiche Unterzeichnerinnen und Unterzeichner, die vorsichtige Distanzierung des deutschen Parlaments von den antisemitischen Motiven und Methoden der BDS-Bewegung bedrohe und gefährde ein »Klima der Vielstimmigkeit, der kritischen Reflexion und der Anerkennung von Differenz«, das durch Haß auf Juden und Israel offenbar bereichert wird.

In Frankreich regte sich immerhin Protest gegen die Stigmatisierung, Ausgrenzung und Terrorisierung April Benayoums mit Mitteln des BDS. In Deutschland dagegen müssen die »Repräsentantinnen und Repräsentanten öffentlicher Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen«, die Juliane Wetzels und Hartmut Dorgerlohs, nicht fürchten, sich bald nur noch via Telegram öffentlich äußern zu dürfen.

Feine Gesellschaft

In der vergangenen Woche beklagten sich »Repräsentantinnen und Repräsentanten öffentlicher Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen« über einen Beschluß des Bundestags aus dem Jahr 2019, der der BDS-Bewegung Antisemitismus bescheinigt und dazu auffordert, ihr daher öffentliche Unterstützung zu verweigern. Die »Initiative GG 5.3 Weltoffenheit« sieht dadurch Grundrechte in Gefahr.

Wollen die Unterzeichner ihr »Plädoyer« als Einsatz zur »Verteidigung eines Klimas der Vielstimmigkeit, der kritischen Reflexion und der Anerkennung von Differenz« verstanden wissen, verraten sie mit ihrer Verharmlosung der BDS-Bewegung und deren Unterstützer tatsächlich, was retten zu wollen sie vorgeben. Eine »weltoffene Gesellschaft«, die antiisraelische Boykotte hinnimmt, ist keine.

Mit ihrem »Plädoyer« setzen sich die »Repräsentantinnen und Repräsentanten öffentlicher Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen« beispielsweise dafür ein, Forderungen als »kritische Reflexionen« anzuerkennen, als bereichernde »Differenz« zu schätzen, wie sie so exemplarisch wie offenherzig von PACBI (Palestinian Campaign for the Academic and Cultural Boykott of Israel) formuliert werden:

»PACBI fordert die Einstellung und den Boykott aller Formen der Zusammenarbeit mit israelischen Institutionen, von Veranstaltungen, Aktivitäten, Vereinbarungen oder Projekten mit ihnen.«

Was ist das für eine »Weltoffenheit«, die solche Forderungen nicht brüsk zurückweist, sondern sie als Ausdruck von »Differenz« für gesellschaftsfähig erklärt, für irgendwie diskutierbar als eine von vielen gleichberechtigten Ansichten? Die BDS-Bewegung, ihre Initiativen und Aktivitäten sind antisemitische Angriffe auf Weltoffenheit und Demokratie. Wer sie verteidigt, macht sich mit ihnen gemein.

Ehrlos

Die Jury der Internationalen Filmfestspiele Venedig ehrt die schottische Schauspielerin Tilda Swinton mit einem »Ehrenlöwen« für, wie es heißt, »ihr Lebenswerk«. Neben Rollen in vielen mehr oder minder gelungenen Filmen gehört dazu freilich auch das häufige öffentliche Engagement der »originellen« Darstellerin gegen Israel, mit dem sie zur Salonfähigkeit von Antisemitismus beitrug und -trägt.

So ließ sich Tilda Swinton bereits vor neun Jahren für das Modemagazin Vogue mit einem Schal in den Farben der terroristischen PLO ablichten und der Aufschrift »Palästina«. Grübelte der elektronische »Widerstand« 2011 noch, ob es sich dabei tatsächlich um eine Solidaritätsbekundung handelte oder eine temporäre Verirrung, machte sie seither mehrfach mit ihrer Unterschrift deutlich, wo sie steht.

Immer wieder ist Tilda Swintons Signum neben dem etwa Roger Waters’ unter Aufrufen und »Leserbriefen« zu finden, die entweder für den Boykott von Juden werben oder etwa die »rassistische« Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels verurteilen. Tilda Swinton nutzt ihre zweifelhafte Prominenz, um der antisemitischen BDS-Bewegung und ihren Unterorganisationen Zulauf zu bescheren.

Der »Ehrenlöwe« für das »Lebenswerk« der Schauspielerin dokumentiert, mit welcher Selbstverständlichkeit Antisemitismus in Europa noch immer hingenommen und damit verharmlost oder gar als »gesellschaftliches Engagement« geschätzt und dadurch gefördert wird. Dieser »Ehrenlöwe« ist eine Verhöhnung von Opfern des immer barbarischer auftretenden antisemitischen Wahns in aller Welt.

Freiheitskämpfer

Zahlreiche Menschen, die sich selbst als »jüdische Gelehrte und Künstler« vorstellen, fordern in einem Schreiben, das sie auch an Kanzlerin Angela Merkel und einige ihrer Minister adressierten, Felix Klein, den Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, zum Rücktritt auf, weil sie sich durch eine seiner Äußerungen angegriffen fühlen.

Felix Klein hatte bei einer Pressekonferenz aus Anlaß der Vorstellung des Kompetenznetzwerks Antisemitismus darauf hingewiesen, daß es Antisemitismus nicht bloß im rechten Lager zu bekämpfen gelte, sondern auch in Kreisen, die sich als »progressiv« verstehen. Verzichtete der Bundesbeauftragte dabei auf konkretere Angaben, fühlen sich die Briefschreiber aber offenbar doch angesprochen.

»Wen meinen Sie, aus welchem Grund«, fragen sie dann zwar, doch da haben sie schon erklärt, daß sie Felix Kleins Äußerungen als »zutiefst beleidigend« empfinden, eine Entschuldigung fordern, weil sie »rechtsextremen Antisemitismus« verharmlosten und von ihm ausgehende »akute Gefahren für Juden in Deutschland«. Dann allerdings tun sie – mit anderen Vorzeichen – selbst, was sie Felix Klein vorwerfen.

Sie nehmen nämlich die antisemitische BDS-Bewegung und deren Anhänger ausgerechnet mit dem »Argument« gegen Kritik in Schutz, daß deren Bedeutung in Deutschland marginal sei: »Sie«, werfen sie Felix Klein vor, »waren eine treibende Kraft hinter Versuchen, die Redefreiheit einzuschränken, indem Sie die BDS-Bewegung, deren Einfluß in Deutschland gering ist, kategorisch als antisemitisch bezeichneten [..].«

Es gibt nach Ansicht dieser »Gelehrten und Künstler« also einerseits offenbar »guten« Antisemitismus, der jedenfalls unter dem Schutz von Meinungs- und Redefreiheit stehen muß, wenn seine Bedeutung (noch) vergleichsweise gering, und Antisemitismus andererseits, der seiner weiten Verbreitung wegen abzulehnen sei. Nicht jede, die mit akademischen Titeln sich schmückt, scheint bei Sinnen.

Bigotterie

Die ABP, die nationale Pensionskasse für niederländische Staatsbedienstete, hat sich für eine Beendigung ihrer Investitionen in die israelischen Bankhäuser Hapoalim und Leumi entschlossen, wie das Regime in Ramallah seine »Nachrichtenagentur« Wafa mitteilen läßt. Die bedeutsamste Pensionskasse der Niederlande wolle nicht mehr von Geschäften in den umstrittenen Gebieten profitieren.

Ein Sprecher der ABP hat Wafa zufolge erklärt, die Pensionskasse erwarte, »daß Unternehmen, die in Gebieten mit einem hohen Risiko für Menschenrechtsverletzungen tätig sind, eine an Menschenrechten orientierte Politik verfolgen«, was die Niederländer den israelischen Banken offenbar nicht zutrauen. So recht freilich überzeugt das plötzliche Bekenntnis zu Moral und Ethik der ABP nicht.

So investierte die Pensionskasse 2019 nach eigenen Angaben beispielsweise gut 1,5 Milliarden Euro in die Republik Indonesien und mehr als 500 Millionen Euro in Malaysia, die es damit in der Liste der 100 größten finanziellen Engagement der ABP im vergangenen Jahr auf Platz 24 bzw. 82 schafften. Beide Staaten sind nicht unbedingt dafür berüchtigt, Horte der Menschenrechte zu sein.

Die Beteiligungen der ABP an den israelischen Banken dürften im Vergleich zu ihrem Engagement in Indonesien und Malaysia vernachlässigbar sein. Das Bekenntnis der Pensionskasse zu Menschenrechten ausgerechnet mit Blick auf Beteiligungen an israelischen Unternehmen ist daher kaum glaubwürdig. Niederländische Pensionäre profitieren von Menschenrechtsverletzungen in Indonesien.

Und sie profitieren von Menschenrechtsverletzungen in Malaysia, ohne daß die ABP sich an ihnen stört. Nimmt die Pensionskasse jüdisches Leben in den umstrittenen Gebieten zum Anlaß, ihre Beteiligung an israelischen Banken zu beenden, dann hat das offenkundig wenig zu tun mit allzu billigen ethischen Grundsätzen, viel mehr aber wohl mit ganz »normalen« antisemitischen Ressentiments.