Schlagwort: Likud

Gewagte Entscheidung

Der israelische Präsident Reuven Rivlin hat es unerwartet abgelehnt, Benny Gantz eine Fristverlängerung zur Bildung einer Regierung zu gewähren. Sollten Benny Gantz und der amtierende israelische Premier Benjamin Netanjahu es nicht im Laufe des Tages schaffen, sich auf eine Einheitsregierung zu verständigen, geht damit das Mandat zur Regierungsbildung an das Parlament, die Knesset.

Die 120 Abgeordneten hätten dann weitere 21 Tage, einen Kandidaten mit der Regierungsbildung zu betrauen, dem dann weitere 14 Tage bleiben würden, eine stabile Koalition zu bilden. Reuven Rivlin traf seine Entscheidung nach Gesprächen mit Benjamin Netanjahu und Benny Gantz, die ihm offenbar übereinstimmend keine Hoffnung auf eine unmittelbar bevorstehende Einigung machen wollten.

Begründet der israelische Präsident seinen Entschluß, Benny Gantz keine Fristverlängerung zu gewähren, aber auch Benjamin Netanjahu nicht mit der Regierungsbildung zu betrauen, mit der Corona-Krise, die Israel erfaßt hat, ist das einerseits durchaus nachvollziehbar: Eine von einer Parlamentsmehrheit legitimierte Regierung ist nicht nur in Krisenzeitung handlungsfähiger als eine amtierende.

Der Druck, den Reuven Rivlin mit seiner Entscheidung auf Benny Gantz und Benjamin Netanjahu ausübt, könnte dazu führen, daß sich die beiden doch noch im Tagesverlauf einigen. Und sollte ihnen das nicht gelingen, ist es auch angemessen, dann der Knesset eine Chance zu geben. Allerdings birgt das präsidiale »Ultimatum« auch das Risiko einer weiteren Wahl innerhalb weniger Wochen.

Sollte nach Benny Gantz und Benjamin Netanjahu auch das Parlament an der Aufgabe einer Regierungsfindung scheitern, wäre die nächste vorgezogene Knesset-Wahl unausweichlich, die dann bereits vierte. Und ein Wahlkampf inmitten einer politischen Krise, die durch das Geschehen um das Corona-Virus noch verschärft würde, wäre wahrscheinlich auch nicht ganz im Sinne Reuven Rivlins.

Gan(t)ze Arbeit

Gut einen Monat nach der letzten Parlamentswahl in Israel ist es Benny Gantz noch immer nicht gelungen, sein Versprechen zu erfüllen, innert weniger Tage eine Regierung vorzustellen. Bei Präsident Reuven Rivlin ging vor den Feiertagen seine Bitte ein, die am Dienstag ablaufende Frist zur Regierungsbildung um zwei Wochen zu verlängern, die das Staatsoberhaupt wohl auch gewähren wird.

Und selbst wenn es Benny Gantz tatsächlich noch gelingen sollte, seine Gespräche mit dem amtierenden Premier Benjamin Netanjahu und dessen Likud über eine Einheitsregierung erfolgreich zu beenden, wird keine rechte Freude darüber aufkommen wollen, daß Israel damit eine weitere Wahl vorerst erspart bleibt. Denn eine Bilanz dieser Verhandlungen fällt leider jetzt schon negativ aus.

Sein größtes Versprechen nämlich mußte Benny Gantz schon aufgeben: Angetreten mit der Ansage, den Amtsinhaber abzulösen, wird er Benjamin Netanjahu womöglich zu einer weiteren Amtszeit als Ministerpräsident verhelfen, der dann der erste israelische Premier sein dürfte, der sich noch im Amt einem Korruptionsverfahren zu stellen hat und vielleicht sogar für schuldig befunden werden wird.

Darüber hinaus aber ist die bisherige Opposition nun gespaltener als zuvor. Während Benjamin Netanjahu nach jüngsten Umfragen heute beliebter ist als noch am Wahltag, ist das Bündnis Blue and White über die Verhandlungen Benny Gantz’ mit dem Likud-Politiker zerbrochen. Und auch das Bündnis aus der sozialdemokratischen Labour Party und der linken Meretz ist nur noch Geschichte.

Auch Labour-Vorsitzender Amir Peretz hatte im Wahlkampf versprochen, unter keinen Umständen in ein von Benjamin Netanjahu geführtes Kabinett einzutreten, vergaß seine Zusage nach der Wahl aber wieder. Und so ist das politisch linke Lager in Israel nicht bloß gespalten, es hat zugleich sehr viel Glaubwürdigkeit verspielt. Und das wiederum wird auch langfristig nicht ohne Folgen bleiben.

Fragwürdiges Bündnis

Nachdem er vor nicht ganz zwei Wochen von Präsident Reuven Rivlin beauftragt worden war, eine neue israelische Regierung zu bilden, versprach Benny Gantz, der als Spitzenkandidat des Parteienbündnisses Blue and White zur Parlamentswahl Anfang März angetreten war, Amtsinhaber Benjamin Netanjahu abzulösen, er werde bereits binnen weniger Tage sein Kabinett vorstellen können.

Und tatsächlich steht nun fest, wer Israels neuer Ministerpräsident sein wird. Er heißt nicht Benny Gantz, sondern Benjamin Netanjahu. Dafür allerdings hat Benny Gantz gesorgt: Er sagte dem Amtsinhaber seine Unterstützung bei der Bildung einer »Einheitsregierung« zu, der er als Außenminister angehören wird, und ließ sich auch von Likud-Abgeordneten zum neuen Knesset-Sprecher wählen.

In 18 Monaten will Benjamin Netanjahu den Posten als Regierungschef aufgeben und Platz machen für Benny Gantz, der dann freilich ohne die Unterstützung durch Blue and White auskommen muß. Das Parteienbündnis nämlich zerbrach als Folge der Einigung zwischen Benjamin Netanjahu und Benny Gantz: Israel hat einen neuen alten Premier, die (bisherige) Opposition ist zerstrittener als zuvor.

Vielleicht braucht Israel in diesen Tagen wirklich nichts dringender als eine handlungsfähige »Einheitsregierung« mit breiter Parlamentsmehrheit hinter sich. Benny Gantz’ Entscheidung für das Bündnis mit Benjamin Netanjahu, der immerhin unter Korruptionsverdacht steht, und einem Likud, der in den letzten Tagen durch ein eher seltsames Demokratieverständnis auffiel, ist dennoch fragwürdig.

Unannehmbares Angebot

Der amtierende israelische Premierminister Benjamin Netanjahu hat seinem Herausforderer Benny Gantz und dessen Parteienbündnis Blue and White am Wochenende die Bildung einer auf drei Jahre angelegten Einheitsregierung angeboten, deren Führung sich beide Politiker teilen: In den ersten 18 Monaten will der Likud-Politiker Regierungschef bleiben, danach soll Benny Gantz übernehmen.

Benjamin Netanjahu regiert seit zwölf Monaten, in denen drei Knesset-Wahlen stattfanden, ohne eigene parlamentarische Mehrheit. In der vergangenen Woche sollte nach langwierigen Ermittlungen der Prozeß gegen den Likud-Politiker eröffnet werden, dem in mehreren Fällen Korruption vorgeworfen wird. Der Prozeßbeginn wurde aber unter Berufung auf das Corona-Virus kurzfristig vertagt.

Gleichzeitig sagte in der letzten Woche Knesset-Sprecher Yuli Edelstein, ein Vertrauter Benjamin Netanjahus, die erste Zusammenkunft des Anfang März gewählten Parlaments ab – wiederum unter Berufung auf die vom Corona-Virus ausgehenden Gefahren – und verhinderte damit die Konstituierung wichtiger parlamentarischer Gremium. Ein Vorgang, den Präsident Reuven Rivlin öffentlich rügte.

Hätte Benjamin Netanjahu in der Vergangenheit nicht alles unternommen, die gegen ihn laufenden Ermittlungen zu ver- oder behindern und zu diskreditieren, wären nicht schon die Neuwahlen im April 2019 herbeigeführt worden, um nach dem erhofften Wahlsieg Gesetze zu beschließen, die einem Premier Immunität vor Strafverfolgung gewähren würden, könnte man das alles für Zufall halten.

Vor dem Hintergrund der Entwicklungen in den vergangenen zwölf Monaten aber scheint es nicht allzu abwegig, daß Benjamin Netanjahu die durch das Virus ausgelöste Krise in seinem Sinn auszunutzen versucht. Präsident Reuven Rivlin hat Benny Gantz mit der Regierungsbildung betraut. Der sollte die Initiative nicht Benjamin Netanjahu überlassen und dessen Offerte daher zurückweisen.

Herausforderung

Der israelische Präsident Reuven Rivlin hat nach Beratungen mit Vertretern der in der Knesset vertretenen Parteien am Montag etwas früher als erwartet bekanntgegeben, wen er mit der Regierungsbildung beauftragt. Seine Entscheidung fiel auf den Oppositionspolitiker Benny Gantz, eine Wahl, die ebenfalls nicht unbedingt erwartet worden war, gleichzeitig aber nicht völlig überraschen kann.

Der Spitzenkandidat von Blue and White hatte mit 61 Empfehlungen von Abgeordneten im israelischen Parlament einen freilich denkbar geringen Vorsprung vor Amtsinhaber Benjamin Netanjahu, der auch aus der Parlamentswahl vor zwei Wochen als Sieger hervorgegangen war. Empfehlungen sind indes noch keine fest für die Wahl des Ministerpräsidenten in der Knesset zugesagte Stimmen.

Um die muß Benny Gantz nun in der 23. Knesset in der israelischen Hauptstadt werben, deren Abgeordnete am Montag in Dreiergruppen vereidigt wurden – ein Tribut an Corona-Virus wie -Hysterie. Dabei steht Benny Gantz vor der Entscheidung zwischen einer Abmachung mit dem arabischen Wahlbündnis Joint List und einer Koalition mit dem konservativen Lager um Benjamin Netanjahu.

Während letztere Option wohl eine relativ stabile Regierung garantieren würde, wollen die Abgeordneten der Joint List sich nach ihren bisherigen Bekundungen allenfalls darauf einlassen, eine von Benny Gantz geführte Minderheitsregierung zu stützen. Damit begäbe er sich dann auch in die Abhängigkeit von Aida Touma-Sliman, die jüngst mit antisemitischen Gerüchten gegen Israel hetzte.

Doch auch eine Zusammenarbeit mit dem »rechten« politischen Lager wäre nicht ohne Tücken: Inhaltliche Differenzen könnten vermutlich irgendwie überbrückt werden, mindestens so tief wie breit allerdings ist jedoch der Graben zwischen dem wegen Korruption angeklagten Amtsinhaber Benjamin Netanjahu und dem Herausforderer. Schwer vorstellbar, daß es hier zum Zusammengehen kommt.

Benny Gantz jedenfalls hat angekündigt, »innerhalb von Tagen« eine Regierung vorstellen zu wollen, die die Interessen aller Bürger Israels spiegele, mit der sich die arabische Minderheit im Land ebenso identifizieren könne wie die Bewohner in den Outposts. Man darf gespannt sein, ob es ihm – vielleicht sogar mit »Hilfe« durch das Virus – tatsächlich gelingt, dieses Versprechen einzuhalten.

Bitterer Sieg

Aus der Knesset-Wahl am Montag ist ganz ohne Frage der amtierende israelische Premier Benjamin Netanjahu als Sieger hervorgegangen. Mit ihm als Spitzenkandidat konnte der Likud bei der dritten Wahl innert eines Jahres 36 Parlamentssitze erringen, drei mehr als das Bündnis Blue and White, das mit Spitzenkandidat Benny Gantz im September 2019 mit 33 Mandaten noch vorn gelegen hatte.

Der Likud konnte also vier Mandate mehr erringen als bei der vorhergehenden Wahl, während Blue and White sich nicht verbessern konnte. Dennoch ist der Triumph für Benjamnin Netanjahu wohl alles andere als perfekt. Denn auch wenn er wohl schon bald wieder von Präsident Reuven Rivlin mit der Regierungsbildung beauftragt werden sollte, ist ihm eine regierungsfähige Koalition nicht sicher.

Zudem dürften Benjamin Netanjahus Bemühungen um die Mehrheit der 120 Mandate in der Knesset vom in zwei Wochen beginnenden Prozeß gegen ihn überschattet werden. Zwar konnten die gegen den Premier erhobenen Korruptionsvorwürfe ihn und seine Partei nicht schwächen, gleichwohl dürfte es kein großes Vergnügen werden, parallel zum Prozeß politische Verhandlungen zu führen.

Und ob es tatsächlich möglich wäre, gleichzeitig das Land als Premierminister zu führen und sich gleichzeitig um das Verfahren vor einem Gericht in der israelischen Hauptstadt zu kümmern, müßte sich erst noch zeigen. So oder so ist jedenfalls ist Benjamin Netanjahu der erste amtierende israelische Regierungschef, der sich einem Verfahren stellen muß, womöglich gar im Amt verurteilt wird.

Es ist daher weiter nicht unwahrscheinlich, daß die nächste Parlamentswahl in Israel noch in diesem Jahr stattfinden wird. Selbst wenn er sich zweifellos um Israel verdient gemacht hat und gewiß nicht zuletzt deshalb so beliebt ist, dürfte Benjamin Netanjahu dann kaum mehr antreten (können). Und auch damit könnte er seinem Land und der politischen Kultur noch einen großen Dienst erweisen.

Verspieltes Ansehen

Premier Benjamin Netanjahu hat am Mittwoch in einem Schreiben an Knesset-Präsident Yuli Edelstein das Parlament in der israelischen Hauptstadt offiziell um Immunität vor Strafverfolgung gebeten. Gegen den jüngst im Amt des Vorsitzenden der Likud-Partei bestätigten Politiker wurde bereits seit längerem ermittelt, eine Anklage wegen Betrugs, Bestechlichkeit und Untreue stand kurz bevor.

Der Schritt Benjamin Netanjahus kommt zwar kaum überraschend, für einige Erschütterungen sorgt er dennoch. Der Politiker ist der erste Premierminister, gegen den noch während seiner Zeit im Amt Anklage erhoben werden soll. Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit hatte am 2. Dezember seine Klageschrift an die Knesset übermittelt, danach blieben Benjamin Netanjahu 30 Tage zu reagieren.

Während die Entscheidung des israelischen Premiers einerseits zwar nachvollziehbar scheint, nährt er mit wütenden Angriffen auf die israelische Justiz, diese wollte ihn aus dem Amt putschen, leider nicht eben den Glauben an seine Unschuld. Gerade als Premierminister sollte er Vertrauen in den Rechtsstaat signalisieren, jedenfalls nicht versuchen, die Behörden wie zuvor Medien zu diskreditieren.

Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit ist sich der Brisanz seiner Ermittlungen ohne jeden Zweifel bewußt, daher ist davon auszugehen, daß er mit der nötigen Sorgfalt ermittelt und das Verfahren gegen Benjamin Netanjahu vorbereitet hat. Statt sich diesem Verfahren zu stellen, versucht der Politiker mit beinahe allen Mitteln, es zu beenden oder die Anklageerhebung zumindest hinauszuzögern.

Weil er nur als Ministerpräsident um Immunität bitten kann, setzte Benjamin Netanjahu im vergangenen Jahr vorgezogene Neuwahlen durch, die ihn im Amt bestätigen sollten. Zwar ging er aus den Wahlen im April und im September nicht als klarer Verlierer hervor, die Ergebnisse etwa seiner Außenpolitik sind gewiß vorzeigbar, regierungsfähige Mehrheiten konnte er aber nicht organisieren.

Deshalb sind für den 2. März erneut Knesset-Wahlen angesetzt, bei denen der Likud-Politiker wieder als Spitzenkandidat seiner Partei antritt. Bis dahin bleibt Benjamin Netanjahu also ganz sicher amtierender Ministerpräsident. Und sollte das Wahlergebnis ähnlich ausfallen wie zuvor, ist absehbar, daß er noch länger in dem Amt bleiben wird, in dem er eben auch Immunität genießen könnte.

Daß er auf diese Weise freilich nicht nur sein eigenes politisches Vermächtnis als Premier verspielt, sondern das ganze demokratische System Israels aus persönlichen Gründen in Verruf bringt, scheint Benjamin Netanjahu längst nicht mehr zu stören. Wenn er jetzt um Immunität bittet, verlangt er – wenn auch nur zeitlich begrenzt – über dem Gesetz zu stehen. Die Bitte sollte ihm nicht gewährt werden.

Pyrrhussieg

Der amtierende israelische Premierminister Benjamin Netanjahu ist von seiner Partei mit überwältigender Mehrheit im Amt des Parteivorsitzenden bestätigt worden. Über 72 Prozent der Mitglieder des Likud gaben bei den Primaries der Partei Amtsinhaber Benjamin Netanjahu ihre Stimme, während Herausforderer Gideon Sa’ar mit 27,5 Prozent der Stimmen recht deutlich deklassiert wurde.

Benjamin Netanjahu wird damit aller Voraussicht nach auch der Spitzenkandidat seiner Partei bei der nächsten Knesset-Wahl am 2. März 2020 sein, der bereits dritten Parlamentswahl in Israel innerhalb von zwölf Monaten. Gibt es durchaus gute Gründe, Benjamin Netanjahu nicht die Unterstützung zu verweigern, ist die Entscheidung für ihn dennoch leider nicht völlig unproblematisch.

Sind seine Verdienste um Israel unbestritten, zeigt doch allein die Notwendigkeit einer dritten Neuwahl innert eines Jahres, welch Wagnis es ist, Benjamin Netanjahu wieder ins Rennen zu schicken. Ging er aus den zurückliegenden Wahlen zwar nicht als Verlierer hervor, gelang es ihm trotzdem nicht, Mehrheiten für sich zu organisieren. Und nichts spricht für einen Erfolg beim dritten Versuch.

Zwei aufeinanderfolgende Parlamente kamen zusammen, konstituierten sich – und beschlossen wenige Wochen später die Selbstauflösung. Darüber hinaus blieben sie arbeitsunfähig. Und das ist beschämend, einer Demokratie unwürdig. Benjamin Netanjahus sehr persönliches Interesse, amtierender Premier zu bleiben, sollte der Likud aber nicht unterstützen. Darunter leidet die Demokratie.

Herausforderung

Der amtierende israelische Premierminister Benjamin Netanjahu hat am Montag Präsident Reuven Rivlin darüber informiert, daß seine Versuche zur Bildung einer neuen Regierung erfolglos geblieben seien. Damit ist der Likud-Politiker zum zweiten Mal innert weniger Monate an der Aufgabe gescheitert, eine parlamentarische Mehrheit zu organisieren, die ihm den Verbleib im Amt sichert.

Hatte Benjamin Netanjahu zunächst vorgezogene Neuwahlen im April veranlaßt, von deren Ausgang er sich eine überwältigende Bestätigung als Premierminister erhofft, konnte er, obschon mit knapper Mehrheit Wahlsieger, nicht genügend Parlamentarier hinter sich versammeln. Immerhin gelang es ihm noch, in der Knesset ein Gesetz zur Selbstauflösung des Parlaments durchzubringen.

Auch der Ausgang der zweiten Knesset-Wahl 2019 war alles andere als eindeutig. Im Rennen der Spitzenkandidaten konnte im September zwar Herausforderer Benny Gantz den Amtsinhaber auf den zweiten Platz verweisen, das »rechte« Lager lag aber bei der Zahl der errungenen Knesset-Mandate vorn. Präsident Reuven Rivlin beauftragte daher Benjamin Netanjahu mit der Regierungsbildung.

Mit der Rückgabe des Mandats zur Regierungsbildung ermöglicht Benjamin Netanjahu dem Staatsoberhaupt jetzt immerhin, den Auftrag zur Regierungsbildung an Oppositionsführer Benny Gantz weiterzugeben, was er im Mai noch hatte unbedingt verhindern wollen. Gleichwohl ist eine weitere Knesset-Neuwahl, die bereits im Januar anstehen könnte, damit längst noch nicht ausgeschlossen.

Denn angesichts des knappen Wahlausgangs wird es auch für Benny Gantz nicht leicht, eine Mehrheit für Blue and White zu finden. Die arabischen Parteien haben signalisiert, sich nicht an einer Koalition beteiligen zu wollen, höchstens eine »linke« Minderheitsregierung zu dulden. Eine »Große Koalition« dürfte daran scheitern, daß Likud ihr nur beitritt, bleibt Benjamin Netanjahu im Amt.

Auf weitere Neuwahlen sollte unterdessen auch niemand setzen, die dann dritten innerhalb von weniger als zwölf Monaten: Sie würden kaum anders ausgehen als die Wahlen im April und September. Und sie wären ein Armutszeugnis für die politische Klasse Israels, die sich dann als unfähig oder unwillig zeigen würde, Interessen der Wähler und des Landes über eigene Befindlichkeiten zu stellen.

Wahlkampfauftritt

Mit einer als »wichtig« angekündigten Erklärung, die von den größten Fernsehkanälen Israels dann jedoch schnell als Wahlkampfauftritt gewertet wurde, dessen Übertragung sie sich abzubrechen beeilten, ist es Premier Benjamin Netanjahu am Dienstag gelungen, sich ins Zentrum internationaler Aufmerksamkeit zu katapultieren: Er wolle, sofern im Amt bestätigt, Teile des Jordantals annektieren.

In dem Gebiet, das an Jordanien grenzt, befinden sich mehrere israelische Außenposten, die Jerusalem als essentiell wichtig für die Sicherheit des jüdischen Staates betrachtet. Und allein sie sollen nach den Angaben Benjamin Netanjahus unter israelische Souveränität fallen. Israel hatte im Sechs-Tage-Krieg 1967 die jordanische Okkupation des Gebiets beendet, dessen Status seither umstritten ist.

Die prompte internationale Aufregung, die der Ankündigung folgte, ist freilich alles andere als angebracht. Denn in der Tat dürfte es sich um nicht mehr gehandelt haben als um einen Wahlkampfauftritt. Schon vor der Knesset-Wahl im April hatte Benjamin Netanjahu mit einem solchen Versprechen um Wähler geworben, nutzte die seither vergangenen Wochen aber nicht, es umzusetzen.

Läge ihm etwas an dem Vorhaben, urteilte Ayelet Shaked daher nicht ganz unberechtigt, könne Benjamin Netanjahu es binnen eines Tages umsetzen, statt bloß anzukündigen. Doch selbst wenn der amtierende israelische Ministerpräsident es ernst meinen sollte, ist die Empörung über seine Ankündigung nicht angemessen. Die Annexion der »Siedlungen« würde Zeiten der Ungewißheit beenden.

Freilich, die Gebiete, um die es geht, werden vom Regime in Ramallah beansprucht. Dem gleichen Regime ist es jedoch zu verdanken, daß bereits seit Jahren keine Friedensgespräche mehr stattfinden, in denen auch über den Verlauf der israelisch-»palästinensischen« Grenze gesprochen werden könnte. Hintertreibt die PA aber eine Einigung darüber, sollte Israel dann nicht einseitig handeln?

Immerhin kontrolliert es die umstrittenen Gebiete ja auch als Ergebnis einer gescheiterten Aggression zahlreicher arabischer Staaten, die die Verletzlichkeit Israels in den »Grenzen von 1967«, den Waffenstillstandslinien von 1948/49, offenbart hatte. Mit einer Annexion von Teilen des Jordantals würde Israel in einem zunehmend unter iranisch-islamistischem Einfluß stehenden Umfeld gestärkt.

Und das wiederum könnte sogar dem Weltfrieden dienen, denn ein solcher Schritt sendete auch das Signal an alle ihre Nachbarn bedrohende Regimes, daß Aggressionen sich nicht lohnen, und terroristische Gangs, daß demokratische Staaten sich nicht von ihnen erpressen lassen. Insofern wäre es gewiß wünschenswert, Benjamin Netanjahu würde nicht erst den nächsten Wahltermin abwarten.