Schlagwort: Libanon

Siegesfeier

Das islamistische Regime in Teheran, jenes, mit dem Washington sich jüngst hergab, einen schmutzigen Menschenhandel abzumachen, feiert sich in diesen Tagen als das Zentrum einer »Achse des Widerstands«, die an vielen Fronten »Sieg« auf »Sieg« erringt. Wo immer die Kräfte der »Achse« zuschlagen, ob in Syrien, dem Irak, dem Libanon oder anderswo, sind sie, begeistern sich die Tehran Times, erfolgreich.

Wer wissen möchte, um was für ein Regime es sich bei dem in Teheran handelt, dem jetzt der amerikanische Präsident Joe Biden noch einen weiteren milliardenschweren Erfolg bescherte, dem sei die Lektüre der im Vergleich zu anderen iranischen Sprachrohren als »gemäßigt« geltenden »Tageszeitung« empfohlen. Offen feiert das Blatt etwa die »Siege« der Hisbollah in den letzten größeren Auseinandersetzungen mit Israel.

Auf einer ganzen Seite darf sich da ein als »Kommandeur« der Hisbollah vorgestellter Sayyid Haidar an den Juli 2006 erinnern. Die Hamas überzog damals den Süden Israels mit Raketen, während die Hisbollah vom Libanon aus im Schutz eines Ablenkungsangriffs auf den Norden des jüdischen Staates mehrere seiner Soldaten in den Libanon verschleppte und damit einen Krieg auslösten, der gut einen Monat andauern sollte.

Wollte die Hisbollah mit ihren Geiseln in Israel inhaftierte Terroristen freipressen, machte Jerusalem den Islamisten einen Strich durch die Rechnung. Statt eines Verhandlungsangebots setzte Jerusalem auf den Einsatz seiner Streitkräfte. Die zerstörten von der Hisbollah genutzte Infrastruktur, die die Islamisten auch und gerade in bewohnten Gegenden unterhielt, schalteten zahlreiche Terroristen aus, töteten aber auch Zivilisten.

Als der »33-Tage-Krieg« im August 2006 in einen Waffenstillstand mündete, der seither mal mehr, mal weniger hält, hatten – nach Angaben aus Beirut – bis zu 1.300 Libanesen ihr Leben verloren, waren etwa eine Million Libanesen zu Flüchtlingen im »eigenen« Land geworden, nur etwas weniger als 20 Prozent der Gesamtbevölkerung, waren auch große Teile libanesischer ziviler Infrastruktur in Mitleidenschaft gezogen worden.

Von diesem und weiteren verheerenden »Siegen« der Hisbollah, von dem die Tehran Times und das Regime, das sie verantwortet, so schwärmen, hat sich der Libanon bis heute nicht erholt. Mit seinem erbärmlichen Kniefall vor Teheran, der gleichzeitig einer vor der von dort gesteuerten »Achse des Widerstands« ist, hat Präsident Joe Biden den Weg in weitere »Siege« geebnet, den Triumph der Barbarei über Vernunft und Zivilisation.

Kampfgebiet

Nachdem eine zuvor vereinbarte Waffenruhe von kurzer Dauer war, halten die bewaffneten Kämpfe zwischen Anhängern verschiedener »palästinensischer« Terrororganisationen in dem zu einer iranischen Provinz heruntergekommenen Libanon weiter an. Mindestens 13 Menschen sind bei den Auseinandersetzungen zwischen den rivalisierenden Banden im »Flüchtlingslager« Ein El Hilweh bereits ermordet worden.

Zahlreiche Menschen wurden bei den Zusammenstößen verletzt, mehr als 2.000 »Palästina-Flüchtlinge« sind nach Angaben der Vereinten Nationen aus dem von ihrem berüchtigten »Hilfswerk« UNRWA betriebenen »Lager« geflohen. Das 1948 etablierte Ein El Hilweh gilt als größte derartige Einrichtung der UNRWA im Libanon, die der Gewalt bisher nicht mehr entgegenzusetzen hatten als einen hilflosen Appell.

Freilich zeigten auch Aufrufe von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah, die Auseinandersetzungen zu beenden, so wenig Wirkung wie die Ankündigung des libanesischen »Premierministers« Najib Azmi Mikati, die Armee einzusetzen, sollten die Kämpfe nicht aufhören. Einen Anruf des libanesischen »Regierungschefs« bei »Palästinenserpräsident« Abu Mazen beantwortete die »Palästinenserführung« mit lautem Schweigen.

Sollte Beirut seine Armee gegen die Terroristen einsetzen, wäre damit das Ende einer Vereinbarung besiegelt, nach der sich libanesische Streitkräfte nicht in inner-»palästinensische« Auseinandersetzung einmischen. Das Königreich Saudi-Barbarien forderte derweil seine Untertanen auf, den Libanon zu verlassen. Das in der Region gut vernetzte Regime in Riyadh scheint nicht an eine baldige Beruhigung der Lage zu glauben.

»Stabilitätsanker«

Aus der iranischen Provinz Libanon werden bewaffnete Gefechte zwischen Anhängern rivalisierender »palästinensischer« Terrororganisationen gemeldet. Bei den seit Tagen andauernden Kämpfen sollen mindestens neun Menschen getötet worden sein, unter ihnen ein »Kommandeur« der Fatah des »Palästinenserpräsidenten« Abu Mazen. Weitere Menschen wurden übereinstimmenden Meldungen zufolge verletzt.

Das von der UNRWA, dem »Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten«, betriebene »Flüchtlingslager« Ein El Hilweh, der Schauplatz der Kämpfe, ist nach Angaben der Weltorganisation die größte derartige Einrichtung im Libanon. Und wie bereits zuvor bei anderen UNRWA-»Flüchtlingslagern«, etwa dem in Jenin, drängt sich die Frage nach der Mitverantwortung des »Hilfswerks« auf.

Offiziell leistet die UNRWA allein humanitäre Hilfe. In der Natur ihres Mandats liegt es, daß selbst diese Unterstützung die von ihr betroffenen Menschen in erbärmliche Verhältnisse und in eine lebenslange Abhängigkeit von dem »Hilfswerk« zwingt. Doch wieso können unter den Augen der UNRWA »palästinensische« Banden Anhänger rekrutieren, sie bewaffnen und schließlich in den Kampf gegeneinander schicken?

Vom von den Vereinten Nationen und ihrer UNRWA umsorgten Gaza aus werden immer wieder Raketen und Branddrachen gen Israel geschickt, Jenin ist ein von dem »Hilfswerk« Terroristen überlassener Zufluchtsort für »palästinensische« Banden, und auch in Ein El Hilweh herrschen offenbar bewaffnete Banden, die nun bewaffnet ihre Meinungsverschiedenheiten austragen. Das »Hilfswerk« ist offensichtlich Teil des Problems.

Teherans Versprechen

Einst als »Schweiz des Nahen Ostens« bezeichnet, sind die Zeiten, in denen das Leben im Libanon viel mit dem in dem wohlhabenden mitteleuropäischen Land einte, lange vorbei. Nach wie vor bestimmen die seit 2019 andauernde Wirtschafts- und Energiekrise und ihre oftmals verheerenden Auswirkungen das Leben der allermeisten Menschen im von seinen korrupten »Eliten« nachhaltig ruinierten Libanon.

Mit Hossein Amir Abdollahian hat nun der »Außenminister« der Islamischen Republik Iran den Libanon besucht, deren durch die Hisbollah gesicherter Einfluß auf Gesellschaft und Politik ganz wesentlich zu dem Zustand beiträgt, an das Land zugrunde geht – die Explosion eines riesigen Waffen- und Munitionsdepots der islamistischen Terrororganisation im Hafen von Beirut 2020 hat die Krise maßgeblich beschleunigt.

Und der Vertreter des antisemitischen Blutsäufer-Regimes in Teheran machte kein Geheimnis daraus, daß ein unabhängiger Libanon in dessen Plänen nicht vorkommt: Bei einer mit großer Geste inszenierten Visite an der »Grenze zum besetzten Palästina« zeigte er, daß die Mullahs das Land als Aufmarschgebiet für ihren Krieg zur Vernichtung Israels betrachten, die deren Sterndeuter in spätestens 17 Jahren vorhersagen.

Sagte Hossein Amir Abdollahian dem Libanon weitere Verheerungen voraus, denn die gehören nun einmal zu den unvermeidlichen Begleiterscheinungen solche Pläne, hatte er allerdings auch ein Versprechen für die Bevölkerung des Libanon: Teheran, so behaupte der »Außenminister«, könne die Energiekrise des Landes beenden. Das allerdings hatte 2021 bereits die Hisbollah angekündigt. Ihr Erfolg war – überschaubar.

Während die islamistische Solidarität ein Versprechen blieb und absehbar bleiben dürfte, sollten die Angriffsdrohungen des iranischen »Außenministers« gegen Israel im Libanon auch als der Angriff auf die Reste libanesischer nationaler Souveränität verstanden werden, als der sie gemeint waren. Die perpetuierte Auslieferung des Landes an Teheran wird die Krise nicht beenden, sondern macht ein Ende Libanons wahrscheinlicher.

Wahn

Es ist nicht so, daß Beirut und Jerusalem gar nicht miteinander könnten. Vor gut einem halben Jahr einigten der Libanon und Israel sich unter amerikanischer Vermittlung über den Verlauf einer gemeinsamen maritimen Grenze. Der vorsichtigen Annäherung der seit 75 Jahren verfeindeten Staaten stand selbst die Hisbollah nicht im Weg, mit der die wirtschaftliche Nutzung eines Erdgasfelds im Mittelmeer möglich wurde.

In Beirut pflegt man freilich weiter lieber die Feindschaft zu Israel, die seit der Ablehnung des Teilungsplans der Vereinten Nationen 1947 durch Beirut und dem Eintritt des Libanon in den arabischen Vernichtungskrieg gegen den wiedergegründeten jüdischen Staat ein Jahr später bis heute anhält, wie sich auch in diesen Tagen mit Raketenangriffen auf Israel zeigt und diplomatischen Attacken in ihrer Folge zeigt.

Macht die Regierung in Jerusalem für die massiven Raketenangriffe die mit der islamistischen Hisbollah verbündete »palästinensische« Hamas verantwortlich, beide Terrororganisationen werden vom Regime in Teheran unterstützt und wohl auch gelenkt, demonstrieren sie, daß Beirut seine Verpflichtungen aus mehreren einschlägigen UN-Resolutionen, zuletzt der Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrats nicht umsetzt.

Die nämlich verpflichten den libanesischen Staat zur Entwaffnung aller nichtstaatlichen »Milizen«, die gleichwohl und trotz der Anwesenheit der UNIFIL, die Beirut dabei unterstützen soll, vor allem den Süden des Landes beherrschen. Statt die Wiederherstellung staatlicher Souveränität voranzutreiben, läßt Beirut unter den Augen von »Blauhelmen« der Vereinten Nationen die Hisbollah und nun auch die Hamas gewähren.

Statt seine Versäumnisse allerdings zumindest zu bedauern, aus denen immer wieder neue kriegerische Auseinandersertzungen entstehen können, setzte Beirut nun noch eins drauf, als die dortige »Regierung« israelische Reaktionen auf den Raketenbeschuß zum Anlaß nahm, sich über eine »Aggression« Israels beim Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu beschweren und auch noch deren Eingreifen zu verlangen.

Beirut duldet und begünstigt unter Verletzung internationaler Abkommen terroristische Organisationen auf seinem Territorium und deren Angriffe auf Israel, um sich dann über die angebliche Verletzung seiner Souveränität durch israelische militärische Reaktionen zu beklagen. Und ganz offenbar hofft die libanesische »Regierung« ernsthaft, damit einen Erfolg zu erzielen. Die Vernunft hat es schwer derzeit in Beirut.

Beispiel

Während die Mitglieder der »palästinensischen« terroristischen Gesellschaft weiter dem nachgehen, was der Lebensinhalt zukünftiger »Märtyrer« ist, schreiben Beirut und Jerusalem mit der Einigung über einen Teil ihrer gemeinsamen Grenze Geschichte. Seit über sieben Jahrzehnten herrscht zwischen dem Libanon und Israel der Kriegszustand, und dennoch ist eine – vorsichtige – Annäherung möglich.

Zwar bemüht sich insbesondere die libanesische Regierung, die nach wie vor zwischen den beiden Staaten bestehende Feindschaft zu betonen, während Jerusalem hervorhebt, daß die Einigung dereinst als erster Schritt zu einer Normalisierung der bilateralen (Nicht-)Beziehungen gelten könnte. Unbestreitbar aber dürften von beiden Staaten geteilte ökonomische Interessen zu dem Abkommen geführt haben.

Die durch die nun mögliche und schon begonnene Ausbeutung der Erdgasfelder im Mittelmeer erwarteten Einnahmen sind in Israel ebenso willkommen wie im krisengeplagten Libanon. Sind es wirtschaftliche Interessen, die selbst die Hisbollah für den Augenblick ihre antisemitische Kriegsrhetorik vergessen lassen, könnte das von Washington vermittelte Abkommen auch Vorbild sein für andere Konflikte.

Die »Palästinenser« etwa erhalten pro Kopf mehr internationale Unterstützung als beliebige andere. Weil diese Transfers von keinerlei Bedingungen abhängig gemacht werden, ver- oder behindern sie »palästinensischen« Terrorismus nicht: »Palästinenserpräsident« Abu Mazen kann sich im Berliner Kanzleramt weigern, sich vom Terrorismus zu distanzieren, und kehrt dennoch mit Millionenzusagen heim.

Für das Regime um Abu Mazen lohnt sich unter diesen Umständen ein Frieden mit Israel schlicht nicht. Die »Palästinenserführung«, die identisch ist mit der Führungsriege der Terrororganisation PLO, verweigert sich denn auch allen aussichtsreichen Friedensinitiativen. Selbst ein zweistelliger Milliardenbetrag, den Washington unter Präsident Donald J. Trump in Aussicht stellte, beeindruckte Ramallah nicht.

Ändern könnte sich das, wenn die gegen jede Kritik resistente Selbstverständlichkeit ein Ende hat, mit der besonders Europa und einige europäische Staaten regelmäßig große Geldbeträge nach Ramallah transferieren. Erst wenn eine Abkehr vom Terrorismus sich mehr lohnt als dessen Fortsetzung, ist auf die Herausbildung einer »palästinensischen« Zivilgesellschaft zu hoffen, die Unterstützung verdiente.

Hoffnungsschimmer

Während das offizielle Europa sich in der Region zunehmend als Komplize des terroristischen Gebildes zwischen Israel und Jordanien bzw. Ägypten in Verruf bringt, gelingt es der amerikanischen Außenpolitik immer wieder, Initiativen zu lancieren, die das Potential haben, Konflikte zu entschärfen. Nach Präsident Donald J. Trump mit den Abraham Accords könnte nun auch Nachfolger Joe Biden Geschichte machen.

Unter amerikanischer Vermittlung haben Libanon und Israel sich auf das Ende eines Streits um den maritimen Grenzverlauf zwischen den Staaten verständigt. Durch das Abkommen wird zwar »nur« der Weg für die Ausbeutung bisher umstrittener Erdgasfelder geebnet, längerfristig könnte sich die Vereinbarung aber als der Anfang des Endes des seit 1948 anhaltenden Kriegszustands zwischen Beirut und Jerusalem erweisen.

Von Premier Yair Lapid vor wenigen Tagen angekündigt, sah es zwischenzeitlich noch danach aus, als könne das Abkommen an für Israel unerfüllbaren libanesischen Forderungen scheitern. Statt einer Entspannung drohte sogar noch eine Verschärfung der Lage. Zumindest diese Gefahr scheint nun gebannt, wie das übereinstimmende Lob aus Beirut und Jerusalem für den jüngsten Entwurf eines Abkommens belegt.

Beide Seiten sehen ganz ausdrücklich all ihre Forderungen als erfüllt an und erklären, auf dem Weg dahin keinerlei Zugeständnisse gemacht zu haben. Von dem, scheint es, perfekten Abkommen könnten nicht nur der krisengeplagte Libanon und Israel ökonomisch profitieren, sondern – obwohl sie keinen Anteil an dessen Zustandekommen haben – sogar die Europäer, die händeringend nach neuen Rohstofflieferanten suchen.

Auch wenn sich Beirut und Jerusalem auch nach dieser in der Tat historischen Einigung noch längst nicht gegenseitig anerkennen und sie deshalb auch kein Friedensabkommen ist, zeigt sie doch, daß auch in diesem Konflikt wenigstens der Abbau von Spannungen möglich ist. Und ist das möglich, dann ist auch eine weitere Annäherung nicht völlig ausgeschlossen, selbst wenn das gewiß noch Zukunftsmusik ist.

Warten auf Beirut

Hatte der israelische Premierminister Yair Lapid am Wochenende erklärt, die Unterzeichnung eines Abkommens mit Beirut über zwischen dem Libanon und Israel umstrittene Erdgasfelder im Mittelmeer würde »in kürze« stattfinden, steht die Umsetzung seiner Ankündigung weiter aus. Dafür ist wohl nicht allein Yom Kippur verantwortlich, denn in Beirut ist die Einigung wohl noch umstrittener als in Jerusalem.

Sollte man meinen, Vorwürfe des um eine Rückkehr ins Amt des Ministerpräsidenten streitenden israelischen Oppositionspolitikers Benjamin Netanjahu, Yair Lapid verrate mit der Vereinbarung Interessen seines Landes, müßten in Beirut zu der Überzeugung führen, das Abkommen sei ein Gewinn für den Libanon – selbst die Hisbollah könnte indirekt finanziell von ihm profitieren -, stößt es dort auf Widerstand.

Wie die Website Times of Israel unter Berufung auf libanesische Quellen berichtet, werden in der libanesischen Hauptstadt wesentliche Teile der Einigung abgelehnt. Freilich hat diese Ablehnung weniger mit der Übereinkunft selbst zu tun als mit antiisraelischen Befindlichkeiten im Libanon, der sich formell seit 1948 im Kriegszustand mit dem jüdischen Staat befindet und ihn nach wie vor nicht anerkennt.

Gleichzeitig befindet sich die einstige »Schweiz des Nahen Ostens« weiter in einer schweren Wirtschaftskrise, zu deren Entschärfung ein Abkommen mit Jerusalem jedenfalls eher beitragen könnte als dessen Ablehnung, zumal es nach Auskunft amerikanischer Vermittler durchaus allen libanesischen Forderungen entspricht. Ganz offenbar allerdings schlägt in Beirut Antisemitismus noch immer die Vernunft.

Hoher Einsatz

Israel und der Libanon haben unter amerikanischer Vermittlung einen Streit über die Ausbeutung eines umstrittenen Erdgasfelds im Mittelmeer beigelegt. Wie der israelische Premierminister Yair Lapid bekanntgab, werde er ein entsprechendes Abkommen »in kürze« unterzeichnen. Mit dem Abkommen könnte eine Auseinandersetzung beendet werden, die das Potential hatte, sich zum Krieg zu auszuweiten.

Während sich der Regierungschef in Jerusalem sich zu vielen Detailfragen bedeckt hält und sie am liebsten nicht öffentlich erörtern will, verspricht Yair Lapid, daß mit dem Abkommen »Israels Sicherheitsinteressen zu 100 Prozent« ebenso gewahrt würden wie der israelische Zugriff auf »100 Prozent« des Karish-Erdgasfelds. Zusätzlich werde Israel an Erlösen des dem Libanon zugesprochenen Kana-Felds beteiligt.

Was der Politiker in den höchsten Tönen lobt, ist in Israel freilich alles andere als unumstritten. Dazu tragen Yair Lapids Verschwiegenheit zu Details der Vereinbarung ebenso bei wie die Tatsache, daß das Abkommen zumindest einer indirekten Kapitulation vor der Hisbollah gleichkommt. Die mit Teheran verbündete islamistische Terrororganisation drohte noch vor kurzem mit Angriffen auf die Förderanlagen.

Und so wird sich das Abkommen erst in der Praxis bewähren müssen, mit dem Jerusalem tatsächlich auf territoriale und wirtschaftliche Ansprüche verzichtet und sich darüber hinaus einseitig auf einen maritimen Grenzverlauf festlegt, ohne sich wirklich auf Zusagen der libanesischen Seite verlassen zu können oder der UNIFIL, die das Abkommen überwachen soll. Womöglich hat Yair Lapid nur Zeit gekauft.

Feinde des Libanon

Zwar verloren die Hisbollah und ihre Verbündeten bei den libanesischen Parlamentswahlen im Mai ihre Mehrheit. Das von einer sich täglich weiter verschärfenden Krise in nahezu allen Bereichen bereits gründlich ruinierte Land im Norden Israels bleibt freilich dennoch im Würgegriff der mit Teheran alliierten Islamisten gefangen, die sich gern als Verteidiger des Landes inszenieren, aber dessen Feinde sind.

Das wird besonders beim Blick auf die Haltung der Hisbollah in einem libanesisch-israelischen Streit um Hoheitsrechte auf dem Meer deutlich. Beide Länder streiten sich um Gebiete im Mittelmeer, in denen die Erdgasfelder Karish und Tanin liegen. Israel genehmigte bereits 2016 die Veräußerung der Ausbeutungsrechte an einen griechischen Konzern, 2020 entdeckte Beirut Teile des Gebiets als libanesisch.

Die Vereinten Nationen veröffentlichten 2019 eine Liste »umstrittener Gebiete« im Mittelmeer, auf der Karish und Tanin fehlen. Die Ansprüche Israels auf die Erdgasfelder dürften also eine größere Berechtigung haben als die libanesischen. Von einer Beilegung des Streits würde jedoch nicht nur Israel profitieren, sondern auch der Libanon, machen doch die Vereinten Nationen Hilfen von einer Einigung abhängig.

Mit einem gleichwohl von den israelischen Streitkräften verhinderten Drohnenangriff demonstrierte die Hisbollah nun allerdings, was sie von einer friedlichen Einigung zumindest um maritime Grenzlinien zwischen Libanon und Israel hält. Zugleich mit der von den Islamisten vom Zaun gebrochenen Zuspitzung des Konflikt um die Erdgasfelder sinken die Aussichten auf internationales Engagement für den Libanon.

Die selbsterklärten »Retter« des Libanon stürzen das Land mit ihren Angriffen auf Israel in weitere Not. Ihr Terror, aus dem sich ein weiterer kriegerischer Konflikt mit Israel entwickeln könnte, richtet sich damit unmittelbar gegen den Staat, den zu »verteidigen« die Islamisten behaupten. Statt sich der Bekämpfung der Krise zu widmen, gießen sie Öl ins Feuer. Einmal mehr stellen sie sich als Feinde des Libanon bloß.