Schlagwort: Islamische Republik Iran

Gesichtswahrung

Die Außenminister der Europäischen Union haben sich auf neue Sanktionsmaßnahmen gegen Vertreter des islamistischen Regimes in Teheran verständigt. Bei ihren Beratungen in Brüssel beschlossen die Vertreter der EU-Mitgliedsstaaten wegen fortdauernder Menschenrechtsverletzungen durch Teheran Strafmaßnahmen gegen 32 Repräsentanten des dortigen Regimes, u.a. zwei »Minister«, und zwei Organisationen.

Was angesichts anhaltender und auch wieder zunehmender Proteste gegen das islamistische Regime in Teheran überfällig war, ist freilich nicht ausreichend: Erneut bleiben die europäischen Außenminister nämlich weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. So scheint eine auch von der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock einmal angeregte Ächtung der berüchtigten Pasdaran (IRGC) längst wieder vom Tisch.

Und natürlich unterließen es die Außenminister auch, Teheran für dessen andauernden und ausgeweiteten Verstöße gegen den Joint Comprehensive Plan of Action zu verhängen. Obwohl gerade gemeldet wurde, daß das islamistische Regime mittlerweile über Uran mit einer Reinheit von 84 Prozent verfüge, haben Berlin und Paris, die mit London die »E3« bilden, weiter nicht die Absicht, den JCPOA durchzusetzen.

Mit ihren Sanktiönchen haben die europäischen Außenminister daher wieder kaum mehr betrieben als Gesichtswahrung. Und selbst dieser Eindruck täuscht: Während sie sich am Montag in Brüssel regimekritisch gaben, meldeten iranische Medien, daß Josep Borrell Fontelles, der Hohe Außenbeauftragte der EU, und Hossein Amir Abdollahian, der »Außenminister« des Regimes, ein kollegiales Telefonat geführt hätten.

Zufallsfund

Kontrolleure der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) haben nach Informationen des Nachrichtendiensts Bloomberg in der Islamischen Republik Iran Uran entdeckt, das auf einen Reinheitsgrad von 84 Prozent angereichert worden sein soll. Die IAEA überwacht die Umsetzung des Joint Comprehensive Plan of Action durch das Regime in Teheran, der dessen Aufstieg zur Atommacht verhindern soll.

Während die islamistischen Herrscher in Teheran bestreiten, ein Kernwaffenprogramm zu unterhalten, und Auskünfte zur Herkunft der jüngsten Uran-Funde verweigern, gibt es schon für die bisherigen Verstöße Teherans gegen den JCPOA kaum glaubhafte zivile Rechtfertigungen. Dennoch will die IAEA ein schnelles Urteil vermeiden und nun herausfinden, »ob Iran das Material absichtlich produziert hat«.

Angesichts der Tatsache, daß der JCPOA dem Regime in Teheran bis in das Jahr 2030 den Besitz von höchstens 300 Kilogramm Uran mit einem Anreicherungsgrad von maximal 3,67 % gestattet und auch einen legalen Betrieb moderner Zentrifugen zur weiteren Anreicherung kaum zuläßt, klingt es seltsam, will die IAEA (noch) nicht ausschließen, daß ihr Fund »das Ergebnis einer unbeabsichtigten Anhäufung ist«.

Vor knapp 3 Monaten erklärte IAEA-Chef Rafael Grossi, daß Teheran seine Kapazitäten zur Anreicherung von Uran auf Reinheitsgrade von mindestens 60 Prozent »verdreifachen, nicht verdoppeln, sondern verdreifachen« wolle. Weitere drei Monate zuvor hatte seine Behörde schon angegeben, Teheran verfüge über mindestens 55 Kilogramm Uran mit einer Reinheit von 60 Prozent. Gut ein Jahr zuvor waren es 6,5 kg.

Erlaubt der Joint Comprehensive Plan of Action Teheran den Betrieb jeweils einer Zentrifuge vom Typ IR-4, IR-5, IR-6 bzw. IR-8 zu Forschungszwecken am Standort Natanz und von 328 IR-1-Zentrifugen in Fordo, verfügte das islamistische Regime laut IAEA im November 2022 über 4.515 modernere und 7.135 Zentrifugen vom Typ IR-1, allein in Fordo waren damals 2.656 IR-6-Zentrifugen in 16 Kaskaden installiert.

Längst besitzt die Islamische Republik genügend hochreines Uran für den Bau mehrerer einsatzfähiger Kernsprengköpfe und auch ein ganzes Arsenal von Raketen zu deren Transport. Ganz bestimmt gibt es Zufälle. Und so könnte Teheran unbeabsichtigt, gleichsam »zufällig« in den Besitz von Uran mit einem Reinheitsgrad von 84 Prozent gelangt sein. Es dürfte sich dabei allerdings um einen provozierten »Zufall« handeln.

Floskelmeister

Als der Joint Comprehensive Plan of Action noch nicht bzw. eben erst verabredet war, wurden »Architekten« und Verfechter des Abkommens nicht müde, den in den JCPOA eingebauten »Snap back«-Mechanismus in höchsten Tönen zu loben. Sollte das Regime in Teheran seine vertraglichen Pflichten verletzen, würde dieses Instrument die prompte Reaktivierung ausgesetzter Sanktionen ganz einfach machen.

Gegen die Islamische Republik Iran war wegen ihres heimlichen Kernwaffenprogramms zuvor über Jahre ein hoher Druck aufgebaut worden, zu dem international weitgehend eingehaltene Sanktionen gegen Teheran gehört hatten. So war das Regime schließlich zu Gesprächen gezwungen worden, in deren Verlauf der JCPOA entstand: Im Gegenzug für Zusammenarbeit sollten Sanktionen entschärft und ausgesetzt werden.

Inzwischen dürften selbst die größten Anhänger internationaler Diplomatie einige Mühe haben, von der Islamischen Republik nicht verletzte Regelungen des JCPOA aufzuzählen. Erst in dieser Woche informierte die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) im Zusammenhang mit heimlichen Veränderung an ohnehin vertragswidrig betriebenen Zentrifugen über die mangelnde Kooperationsbereitschaft Teherans.

Dabei könnte das islamistische Regime die Heimlichtuerei in der Tat sparen. Sie bleibt ebenso wie die bisherigen und immer massiveren Verstöße gegen den Joint Comprehensive Plan of Action ja doch ohne eine adäquate Antwort. Teheran steht an der Schwelle zur Atommacht, die Islamische Republik verfügt über Wissen, technische Möglichkeiten und das zum Bau mehrerer atomarer Sprengköpfe nötige Uran.

Doch statt den unbestreitbaren Fortschritten der islamistischen Blutsäufer auf dem Weg zu eigenen Kernwaffen wenigstens den glaubhaften Versuch einer Umsetzung des JCPOA entgegenzusetzen, lassen Washington, Berlin, London und Paris der Vertragsverletzung wieder nur eine ihrer Gemeinsamen Erklärungen folgen, die konstatiert, was ist, aber nicht einmal etwa mit dem »Snap back«-Mechanismus droht.

Derweil wagt es gleichzeitig keine dieser angeblich so »besorgten« Regierungen, das Scheitern des Joint Comprehensive Plan of Action einzugestehen. In zwei, drei Jahren freilich laufen erste Teile des Abkommens aus, was derzeit (noch) vertrags- und völkerrechtswidrig ist, das wird dann, Schritt für Schritt, zulässig. Das Zögern des Westens, insbesondere aber Europas wird spätestens dann verheerende Folgen haben.

Angriff auf die Weltordnung

Tyranneien, solche zumal, deren Ruf international schon etwas angekratzt ist, sind oftmals erstaunlich ehrlich in ihrer Kommunikation: Sie haben keine Gründe für Täuschungsmanöver. Es würde sich vermutlich auch niemand sehenden Auges von ihnen einspannen lassen: Selbst eine ethisch so korrupte Organisationen wie das Internationale Olympische Komitee schreckte wohl vor Wettkämpfen in Teheran zurück.

Russisch-iranische Allianz: Imperialistisches Bündnis

Läßt das islamistische Regime seine Sprachrohre ausrichten, »Iran und Rußland errichten eine neue Weltordnung«, ist das ein beachtenswertes Bekenntnis, eine Absichtserklärung, über die der Westen nicht einfach hinweggehen sollte. Der eine Staat ist eine Atommacht, die gewillt und gewiß in der Lage dazu ist, sicher geglaubte Grenzen zu verrücken, der andere schickt sich gerade an, sich atomar zu bewaffnen.

Die Vorstellung einer russisch-iranischen Allianz sollte nicht allein im Nahen Osten, wo der zerstörerische Einfluß Teherans bereits unübersehbar ist, Alarmglocken klingen lassen, sondern auch und gerade in Europa. Dennoch ist insbesondere die europäische Politik gegenüber dem islamistischen Regime an der Schwelle zur Atommacht noch immer von einer Zurückhaltung geprägt, die fatale Folgen haben könnte.

Angesichts des bisherigen Verlaufs der Umsetzung und der Verhandlungen über die zukünftige Ausgestaltung des Joint Comprehensive Plan of Action ist die von Realitätsverweigerung geprägte Untätigkeit der Europäer ein einziges Trauerspiel. Noch immer sind sie nicht bereit, den JCPOA als gescheitert aufzugeben und dadurch den Weg zur Reaktivierung internationaler Sanktionen gegen Teheran zu ebnen.

Eine weiter vertiefte Allianz der Islamischen Republik mit Moskau wäre nicht »nur« außenpolitisch eine Katastrophe. Mit Moskau im Rücken können die Mullahs ihr Regime selbstredend auch im Innern leichter konsolidieren und wieder weiter ausbauen. Nicht zuletzt vor dieser Perspektive wirken die »Sanktionen«, auf die sich die EU-Außenminister zuletzt einigen konnten, lächerlich und verantwortungslos.

Wertegemeinschaft

Die Außenminister der Mitgliedsstaaten der EU haben sich bei ihren gemeinsamen Beratungen mit Josep Borrell Fontelles, dem Hohen Außenbeauftragten des Staatenbunds, auf eine Ausweitung bestehender Sanktionen gegen das islamistische Regime in Teheran verständigt. Die Pasdaran, die im In- und Ausland terroristisch aktiven »Revolutionsgarden« (IRGC) blieben dabei allerdings erneut außen vor.

Während das Europäische Parlament sich erst vor wenigen Tagen hinter Forderungen iranischer Oppositioneller gestellt hatte, die zu einer Armee hochgerüsteten Pasdaran als terroristische Organisation zu ächten, blieb der Außenministerrat mit seinen »neuen« Sanktionen wieder hinter seinen Möglichkeiten zurück. Wo mehr nötig gewesen wäre, ist denn auch die eigentliche Nachricht, was nicht beschlossen wurde.

Hatte Teheran in den vergangenen Tagen damit gedroht, seinerseits die Armeen der EU-Staaten als Terrororganisationen zu klassifizieren, geht von der mit allerlei Ausflüchten begründeten Entscheidung der europäischen Außenminister, die Pasdaran nicht zu ächten, gerade vor diesem Hintergrund ein verheerendes Signal aus: Statt den Druck auf die Mullahs zu erhöhen, beugt sich Europa ihnen einmal mehr.

Mit dem Blutdurst des islamistischen Regimes begründet, baut Europa weiter auf Sanktiönchen, deren Wirkungslosigkeit bereits erwiesen ist. Sehenden Auges läßt die Europäische Union jene Menschen im Stich, die in der Islamischen Republik versuchen, grundlegende Menschenrechte gegen ein Regime durchzusetzen, das die Interessen »seiner« Untertanen mißachtet, jedes Aufbegehren in Blut ersäuft.

In dem von Josep Borrell Fontelles, der sich zuletzt nur allzu gern als Lautsprecher Teherans gegenüber Washington instrumentalisieren ließ, geleiteten Außenministerrat haben die islamistischen »Monster« zuverlässige Verbündete. Sollten die Mullahs dereinst zum nächsterreichbaren Teufel gejagt worden sein, diesem und diesen Europäern jedenfalls werden sie deshalb keine Vorwürfe machen können.

Deutscher Weg

Im Deutschen Bundestag wurde in dieser Woche eine von den Unionsfraktionen eingebrachter Antrag verhandelt, das Parlament möge die Regierung in Berlin auffordern, »das iranische Terrorregime effektiv [zu] sanktionieren und so die iranische Revolutionsbewegung aktiv [zu] unterstützen«. Mit einer ähnlichen Beschlußvorlage waren die oppositionellen C-Fraktionen bereits im Dezember gescheitert.

Während das Europäische Parlament kurz zuvor eine Ächtung der iranischen Pasdaran (IRGC) als terroristische Organisation verlangt hatte, überboten sich die Vertreter der Regierungsfraktionen im deutschen Parlament an diesem Donnerstag mit kreativen Ausflüchten, weshalb sie bei aller Sympathie für die iranische Oppositionsbewegung dem Antrag der Unionsfraktionen erneut nicht zustimmen würden können.

Ihre Argumente reichten dabei von Vorwürfen der Heuchelei an die Unionsparteien, die womöglich nicht einmal völlig unberechtigt sind, über die Behauptung, eine Ächtung der Pasdaran als Terrororganisation sei wirkungslos oder auf europäischer Ebene, denn nur auf dieser sei es sinnvoll, gar nicht durchsetzbar, bis hin zu Vorträgen darüber, was Berlin schon alles in die Wege geleitet habe, Teheran zu sanktionieren.

Am bizarrsten und entlarvensten freilich war der Auftritt des Abgeordneten Eugen Schmidt, der für die Fraktion der »Alternative für Deutschland (AfD)« sprach. Er wolle »nicht kritisieren«, »wie im Tausende Kilometer entfernten Iran der Islam praktiziert« werde, gab der Alternativdeutsche zu Protokoll und nannte Forderungen nach einem »Regierungswechsel im Iran« danach auch noch ernsthaft »erschreckend«.

Neben dieser Heranwanzerei an das islamistische Regime in Teheran mußte der Vortrag Janine Wisslers, sie steht der Partei Die Linke vor, wohl weitgehend farblos bleiben und in der nahezu staatstragenden Forderung gipfeln, es müsse »konsequent vorgegangen werden, um das Wirken des iranischen Staates und seines Geheimdienstes in Deutschland zu unterbinden«. Zu retten vermochte sie jedoch auch nichts mehr.

Der Antrag der Unionsfraktionen wurde »an die Ausschüsse« überwiesen und damit eine weitere Gelegenheit verpaßt, ein auch in Teheran unübersehbares Signal gegen die Herrschaft der Mullahs auszusenden. Der deutsch-iranische Handel floriert derweil mit wachsender Tendenz weiter, wenn auch nicht mehr ganz auf früherem Niveau. Der Deutsche Bundestag hat deutlich gemacht, an wessen Seite er steht.

Europageschwindigkeit

Vor gut zwei Monaten, am 22. November 2022, veröffentlichten die Regierungen der »E3«, der europäischen Vertragsstaaten des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA), eine ihrer berüchtigten Gemeinsamen Erklärungen, mit denen sie seit Jahren auf immer massivere Verstöße des islamistischen Regimes in Teheran gegen das Abkommen, nun ja, antworten. Die Stellungnahme mündete in eine Drohung:

»Über den Umgang mit dieser fortdauernden Eskalation durch Iran werden wir weiterhin mit unseren internationalen Partnern beraten.«

Seither sind acht Wochen vergangen, zwei Monate, in denen die Islamische Republik Iran weder innenpolitisch noch außenpolitisch nennenswert an Ansehen und Legitimität gewinnen konnte. Jean Asselborn, der Außenminister der Steueroase Luxemburg, nannte in einem hellen Moment die islamistischen Herrscher in Teheran sogar die »Monster«, die die Blutsäufer um Ayatollah Seyed Ali Khamenei sind.

Die haben ihr Atomprogramm derweil nicht etwa abgebrochen oder eingefroren, sondern auch über den Jahreswechsel hinweg weiter vorangetrieben und ausgebaut. Mit fortschrittlichen Zentrifugen, die ihre Islamische Republik gar nicht betreiben dürfte, reichern sie Uran weit über die im JCPOA gestatteten Reinheitsgrade an, häufen Uran-Vorräte an, für die es keinerlei sinnvolle zivile Nutzungsmöglichkeit gibt.

Das, was der JCPOA verhindern sollte, der Aufstieg der Theokratie zur Atommacht, wird so immer wahrscheinlicher, unausweichlicher. Und es bedarf kaum prophetischer Talente, vorherzusagen, was im nächsten Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde zum iranischen Atomprogramm stehen wird. Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich beraten unterdessen weiter. Eilig scheinen sie es nicht zu haben.

Mittelalterliches Niveau

Das Regime um die Blutsäufer Ayatollah Seyed Ali Khamenei und Ebrahim Raisi gibt sich empört über »obszöne« Karikaturen, mit denen die französische Zeitschrift Charlie Hebdo zum Jahrestag eines Überfalls islamistischer Terroristen auf ihre Redaktion den Umgang Teherans mit insbesondere Frauen thematisiert, die selbst darüber entscheiden wollen, wie sie ihr Leben gestalten oder auch nur sich kleiden.

Islamistischer »Humor«: Primitiver Antisemitismus (Tehran Times, 07.01.2023)

Seit im September eine junge Frau ihre Begegnung mit Schlägern der »Sittenpolizei« des Regimes in Teheran nicht überlebte, halten Proteste in der ganzen Islamischen Republik Iran gegen die Herrschaft der Mullahs an, denen es bislang trotz (oder auch: wegen) des immer rücksichtsloseren Vorgehens ihrer »Sicherheitskräfte« selbst noch gegen minderjährige Mädchen nicht gelingt, den Aufruhr zu beenden.

Dem Regime, das mit seinen weltweiten terroristischen Aktivitäten und seinem illegalen Kernwaffenprogramm die ganze Region destabilisiert und den Weltfrieden bedroht, fehlt so inzwischen jede Legitimität. Und selbst Verfechtern einer rückgratlosen Beschwichtigungspolitik gegenüber Teheran im Westen ist derweil die Fragwürdigkeit weiterer Kontakte zu den islamistischen »Monstern« mindestens bewußt.

Dennoch schreckt der Westen leider noch immer davor zurück, die Mullahs so konsequent zu isolieren, wie das ob seines barbarischen Charakters angebracht wäre, den es mit einer Reaktion auf die Charlie Hebdo-Karikaturen einmal mehr bestätigt: Die jüngste Ausgabe seines Propagandaorgans Tehran Times »ziert« eine »Karikatur«, die die ganze vorzivilisierte Primitivität des Weltbilds der Islamisten bloßstellt.

Wichtiger Vorschlag

Die in London lebende iranische Oppositionspolitikerin Shirin Ebadi hat in einem Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung eine weitgehende Isolation des islamistischen Regimes in Teheran gefordert. Der demokratische Westen müsse, so die Nobelpreisträgerin, seine »Botschafter aus Iran abziehen und die iranischen Botschafter [..] ausweisen«, um die Proteste gegen die Herrschaft der Mullahs zu unterstützen.

Ein – womöglich sogar geschlossener – Rückzug von Botschaftern aus Teheran und die Ausweisung iranischer Vertreter aus den westlichen Hauptstädten wären in der Tat ein klares Signal. Denn für das islamistische Regime gilt gerade diesen Zeiten, in denen es in den Augen der »eigenen« Bevölkerung jeden Kredit längst verspielt, jeder diplomatische Kontakte auch als Beleg internationaler Anerkennung.

Daher wäre es, jedenfalls für Regierungen, die Menschenrechte achten wollen und es daher prinzipiell ablehnen, friedliche Proteste im Blut der Protestierenden zu ersäufen, durchaus angebracht, ihre Kontakte zum Regime um den zumal nicht erst seit gestern als »Schlächter von Teheran« berüchtigten »Präsidenten« Ebrahim Raisi schnellstens auf das möglicherweise unerläßliche Mindestmaß zu beschränken.

Es ist unglaubwürdig, einerseits eine Herrschaft von »Monstern« in Teheran zu beklagen, diese aber durch unnötige diplomatische Kontakte aufzuwerten und – auch gegen eine zunehmende Opposition in der Islamischen Republik selbst – zu legitimieren. Leider gehören dazu aber Selbstachtung, Ausdauer und also ein gewisses außenpolitisches Rückgrat, das insbesondere in Europa Seltenheitswert haben dürfte.

Andernfalls könnte Salman Rushdie vielleicht noch mit beiden Augen sehen. »Die Morddrohungen von Ayatollah Khomeini gegen den britischen Autor Salman Rushdie haben heute in der EG [..] scharfe Reaktionen ausgelöst. Die Außenminister beschlossen [..], ihre Botschafter aus Teheran zurückzurufen [..]«, meldete die tagesschau am 20. Februar 1989. »Dies solle solange gelten, wie die Morddrohungen aufrechterhalten werden«.

Triumph des Bösen

Es ist noch nicht lange her, da dämmerte selbst einer Saskia Esken, »nun sei« gegenüber dem islamistischen Regime in Teheran »der Moment gekommen, zu sagen: ›bis hierher und nicht weiter‹«. Angesichts des immer brutalen Vorgehens der Mullahs gegen die anhaltenden Demonstrationen iranische Oppositioneller müßten auch »die Gespräche« über den Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) »enden«.

Ein Regime, das so gegen die »eigene« Bevölkerung vorgehe – der sozialdemokratische luxemburgische Außenminister Jean Asselborn sprach etwas später von »Monstern«, die in Teheran wüteten -, habe sich als Partner für Gespräche gründlich diskreditiert. Und dennoch heißt es aus Teheran triumphierend: »Irans Außenminister und EU-Außenpolitikchef führen Gespräche zur JCPOA-Wiederbelebung in Jordanien«.

Die europäische Außenpolitik hat kein Rückgrat, das sie verbiegen oder das ihr gebrochen werden müßte. Sie hat keine Prinzipien und kennt keine Haltung. Während der amerikanische Präsident Joe Biden, gewiß kein Falke, unwidersprochen mit den Worten zitiert wird, das Abkommen sei »tot«, fällt Europa der protestierenden iranischen Bevölkerung ebenso in den Rücken wie seinen amerikanischen Verbündeten.

Und selbstverständlich gibt es denn auch nichts außer der Tatsache der europäisch-iranischen Gespräche am Rand einer in Jordanien veranstalteten Konferenz zu melden: Ist sich die zivilisiertere Welt einig, daß das islamistische Regime isoliert und sanktioniert gehörte, erfährt es durch den europäischen »Außenminister« Josep Borrell Fontelles durchaus symbolträchtige Anerkennung und Respekt. Monströs.