Am 9. Oktober versuchte ein deutscher Rechtsextremist, gewaltsam in die Synagoge in Halle einzudringen und ein Massaker unter den dort versammelten Juden anzurichten. Als dem Angreifer dies nicht gelang, ermordete er zwei Passanten und verletzte zwei weitere Menschen. Eine Woche später war der Anschlag Thema im Deutschen Bundestag, wo Innenminister Horst Seehofer (CSU) erklärte:
»Es ist eigenartig, aber es war so: Ich hatte exakt für den Tag des Anschlages zu einer Antisemitismuskonferenz in meinem Hause eingeladen. Sie musste natürlich abgesagt werden [..].«
Gilt das im Plenum des deutschen Parlaments gesprochene Wort – und nicht das auf der Website des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat veröffentlichte -, so hatte der deutsche Innenminister zu Beratungen über Antisemitismus geladen, die an Yom Kippur stattfinden sollten, dem höchsten Feiertag des Judentums, der von Juden als strenger Ruhe- und Fastentag begangen wird.
Gilt das Wort des Ministers vor den Abgeordneten des deutschen Parlaments hingegen weniger als das auf der Website seines Ministeriums, drängen sich ebenfalls Fragen auf: Weshalb verlegt Horst Seehofer die abgesagte Konferenz noch nachträglich um einen Tag vor auf Yom Kippur? Wußte er vorher nicht, was dieser Tag für Juden bedeutet, nach »Halle« mußte er eine Ahnung davon haben.
Dann allerdings wäre die Terminierung einer Konferenz über Antisemitismus auf den Versöhnungstag nicht eben glücklich. Denn Juden als Opfern des Antisemitismus wird so deutlich gemacht, daß gerade sie nicht eben erwünscht sind als mögliche Teilnehmer einer Konferenz über ihre Lebensumstände in Deutschland. Recht hat er deshalb, der Horst Seehofer: Es ist eigenartig, aber es ist so.