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Leipziger Allerlei

Hatten in der sächsischen Messestadt Leipzig am vergangenen Wochenende bereits viele Menschen demonstriert, daß in ihrer Vorstellung von Demokratie und »Vielfalt« auch und gerade Platz ist für Antisemitismus, nicht jedoch für Juden, konnten nun zahlreiche Anhänger antisemitischer terroristischer Organisationen sich unbehelligt in der Stadt versammeln und ihren Haß ausleben. Mit dabei die Extremistin Greta Thunberg.

Als Schulschwänzerin zu einiger internationaler Prominenz gekommen, die sich als »Klimaretterin« aufspielte, macht die Schwedin inzwischen inzwischen in Judenhaß. Das Klima muß offenbar nicht mehr gerettet werden, denn von zwei am Mittwoch in Leipzig stattfindenden Aufzügen entschied Greta Thunberg sich gegen den der »Letzten Generation« und für jenen der in der Stadt aktiven antisemitischen Handala-Bewegung.

Die hatte im Oktober 2023 das wenig zuvor von der Hamas im Süden Israels ins Werk gesetzte bösartigste antisemitische Pogrom seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gefeiert, die gezielten bestialischen Morde an Babies, Kindern, Frauen und Männern, brutale Massenvergewaltigungen, die Verschleppung von mindestens 240 Menschen, was in Leipzig offenbar kein Grund ist, Zusammenrottungen dieser Organisation zu untersagen.

Nun konnten die »antikolonialen Aktivisten« also auch Greta Thunberg begrüßen, die sich nach eingenen Worten »spontan« entschlossen hatte, den Anhängern der Hamas einen Besuch abzustatten. Um den Hals trug die schwedische Extremistin das in diesen Kreisen selbstverständlich unvermeidliche »Pali-Tuch« als Zeichen ihrer Identifikation mit islamistischen Vergewaltigern und Schlächtern und ihrer antisemitischen Gesinnung.

Im vielfältigen und demokratischen Leipzig ging auch das, offenbar fiel niemandem bei Behörden und Einsatzkräften auf, daß dieser Fetzen nicht bloß unappetitlich ist, sondern spätestens seit dem 7. Oktober von Juden als Bedrohung empfunden werden könnte. Mußte Leipzig eben noch verteidigt werden »gegen Rechts«, blieb der Aufstand der Anständigen gegen den »antikolonialen« Judenhaß aus. Mit dem kann die »Zivilgesellschaft« gut leben.

Anstand der Aufständischen

Nach zahlreichen Demonstrationen bereits in den Tagen zuvor fanden auch an diesem Wochenende in vielen Städten in ganz Deutschland Veranstaltungen statt, deren Teilnehmer »gegen Rechtsextremismus und die AfD« protestieren wollten, wie es in einschlägigen Medienberichten heißt. Mancherorts war dabei der Andrang so groß, daß die Demonstrationen vorzeitig abgebrochen oder weitere Teilnehmer abgewiesen werden mußten.

Selbst im deutschen Osten, wo die Partei, die sich »Alternative für Deutschland« nennt, bei den im September stattfindenden Landtagswahlen nach Prognosen stärkste oder zweitstärkste Kraft werden könnte und insbesondere Sozialdemokraten gleichzeitig um einen Einzug ihrer Partei ins Parlament bangen müssen dürften, versammelten sich viele Menschen, um »Haltung« zu »zeigen« oder »Gesicht«, allein in Sachsen mehr als 100.000.

Unterstützt und gelobt von den politischen Konkurrenten der AfD, werfen die Massendemonstrationen »für Demokratie und Vielfalt« allerdings auch Fragen danach auf, wofür sie tatsächlich stehen, wer dem »Wir« der »Wir sind mehr!«-Schlagzeilen willkommen ist und wer womöglich eben nicht. So war etwa in Leipzig Mohamed Okasha als Redner angekündigt, der Co-Vorsitzende des städtischen Migrantinnen- und Migrantenbeirats.

Im November hatte der »Aktivist« Israel einen »Genozid« an den »Palästinensern« in Gaza vorgeworfen und sich nach Kritik bestenfalls halbherzig »entschuldigt«, er habe »das Wort ›Genozid‹ zu einem unangebrachten Zeitpunkt [!] verwendet«. Die Partei Die Linke, deren Kandidat für die Kommunalwahl Mohamed Okasha dennoch werden soll, attestierte ihm, keinen Beitrag zu »Vermittlung, Verständigung oder Versöhnung« geleistet zu haben.

Was aber ist das für eine »Vielfalt«, die einen Mohamed Okasha einlädt, ihm applaudiert und damit doch signalisiert, daß jedenfalls für Juden, die nicht sich von Israel distanzieren, in ihr kein Platz ist? Was für »Demokraten« sind das, die darum »bitten«, »auf Partei- und Nationalflaggen zu verzichten« und damit eben auch jene der einzigen Demokratie im Nahen Osten zu einem Zeitpunkt meinen, zu dem die um ihre Existenz kämpfen muß?

Leipzig, das mit diesen Unappetitlichkeiten gewiß kein Einzelfall war, denn auch anderswo wurden antisemitische Demonstranten möglicherweise zwar zuvor für unwillkommen erklärt, dann aber doch mindestens geduldet, beantwortet so immerhin die Frage, weshalb Demonstrationen gegen das Pogrom der Hamas und antisemitische »Proteste« und Angriffe auf Juden in Deutschland recht überschaubar blieben, jetzt aber Hunderttausende »aufstehen«.

»Kern des humanistischen Universalismus«

Im nächsten Jahr, wurde am Montag bekannt, wird der Philosoph Omri Boehm mit dem »Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung« ausgezeichnet. Die mit 20.000 Euro dotierte Ehrung zählt zu den bedeutendsten Literaturauszeichnungen in Deutschland, wie es bei der Stadt Leipzig heißt. Die Wahl des Preisträgers liegt den Angaben zufolge in den Händen einer »international renommierten Jury«.

Mit dem Preis, zu dessen Kuratorium der Freistaat Sachsen, die Stadt Leipzig, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die Leipziger Messe gehören, werden jährlich »Persönlichkeiten gewürdigt, deren geistiges und literarisches Werk sich in hervorragendem Maße um das gegenseitige Verständnis in Europa und darüber hinaus verdient gemacht hat und sich zeitgeschichtlicher Zusammenhänge bewusst ist [sic!]«.

Teil des literarischem Werks des in Israel aufgewachsenen und in den Vereinigten Staaten lehrenden Omri Boehm ist der 2020 erschienene Band »Israel – ein Utopie«, in dem er »das gegenseitige Verständnis in Europa und darüber hinaus« mit Aussagen über den israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu befördert, die den Likud-Politiker und sein politisches Lager zu »natürlichen Verbündeten« der Hamas erklären:

»Natürlich demontierte Netanjahu den Friedensprozess nicht unmittelbar oder im Alleingang. Das war ein Gemeinschaftsprojekt, das von den einflussreichen israelischen und palästinensischen Gegnern der Einigung eingefädelt wurde – am maßgeblichsten von der israelischen Rechten mit Unterstützung der fundamentalistisch-religiösen Zionistenbewegung und ihren natürlichen Verbündeten auf der palästinensischen Seite, muslimischen Fundamentalistengruppen wie Hamas und Islamischer Dschihad.«

Doch auch über diese »Analyse« hinaus weiß Omri Boehm zu begeistern, wenn er etwa doziert:

»Ich werde Ihnen sagen, wo der Antisemitismus nicht beginnt: Er beginnt nicht damit, Israels Existenz als jüdischen Staat in Frage zu stellen. Es ist auf jeden Fall möglich, Israels Jüdisch-Sein und die Idee, dass ein jüdischer Staat zugleich demokratisch sein kann, infrage zu stellen, ohne antisemitisch zu sein.«

Die »international renommierte Jury« des Leipziger Buchpreises meint, Omri Boehm »für die Konsequenz, mit der er den Kern des humanistischen Universalismus, die Verpflichtung zur Anerkennung der Gleichheit aller Menschen, gegen jegliche Relativierung verteidigt«, ehren zu müssen. Vor dem Hintergrund des 7. Oktober 2023 ist freilich auch der Beitrag dieses Gremiums »zur Europäischen Verständigung« preisverdächtig.

Linke Tugendwächter

Seit vor wenigen Tagen eine junge Frau in Teheran ihre Begegnung mit Tugendwächtern des islamistischen Regimes nicht überlebte, sehen die dort herrschenden Mullahs sich mit zunehmenden Protesten konfrontiert. Während die Islamische Revolution die Demonstrationen mit Repressionen und blanker Gewalt beantwortet, wollten sich auch deutsche »Linke« in Leipzig solidarisch zeigen mit den Aufbegehrenden.

Deutsche Solidarität freilich ist keine unbedingte. Stehen in Teheran und vielen weiteren Städten in der Islamischen Republik Iran Menschen vor allem auf gegen Bekleidungsvorschriften und in der Folge gegen das Regime, das sie durchsetzen will, erließen die solidarischen »Linken« in Leipzig welche: In einem in sozialen Netzwerken verbreiteten Aufruf verbaten sie sich israelische Fahnen auf ihrer Kundgebung.

Denn, genderten sie da, »die Anwesenheit von Unterstützer*innen Israels auf der Demonstration ebnet den Weg für weitere Repression und die Legitimation des Massakers« in der Islamischen Republik. Die nämlich hätte ihre Spitzel überall, sogar in Leipzig, und so gefährdeten israelische Fahnen ihrer Ansicht nach »Iraner*innen, die an der Demonstration in Leipzig teilnehmen« und »zukünftig in den Iran reisen«:

»Wenn sie neben einer Israelfahne gesehen werden, setzt sie das dem Risiko von Exekutionen aus.«

In der irren Welt deutscher »Linker« unterscheiden die Mullahs und ihre Henker nämlich sorgfältig zwischen Protestierenden, die nicht in der Nähe einer israelischen Fahne gesehen werden, und solchen, die ins Umfeld einer solchen geraten könnten. Es verwundert allerdings, daß die »Iraner*innen, die an der Demonstration in Leipzig teilnehmen«, nicht gleich noch an die in Teheran geltenden Bekleidungsregeln erinnert wurden.

Könnte der Verstoß gegen sie, selbst wenn in Leipzig begangen, denn nicht erst recht zukünftige Reisen in die Islamische Republik zum Himmelfahrtskommando ohne Rückkehrmöglichkeit machen? Jene deutsche »Linke«, die sich so entlarvt, hat weniger ein Problem mit islamistischer Geschlechterapartheid, sondern tatsächlich eins mit dem Symbol der jüdischen Demokratie. Ihre »Solidarität« ist eine falsche.

Sachsenkunde

Nach der Oberbürgermeisterwahl in der sächsischen Metropole Leipzig, aus der Burkhard Jung, der SPD-Bewerber um das Amt, am Sonntag siegreich hervorging, ist es Thomas Feist, der Vorsitzende des Kreisverbands Leipzig der CDU, der Schlagzeilen macht. In einem Interview gefragt, ob der Wahlgewinner nach 28 Jahren in der Stadt als Leipziger gelten könne, meinte der CDU-Politiker:

»Es gibt den schönen Spruch: ›Wenn eine Katze im Fischladen Junge bekommt, sind das dann Fische?‹«

Einigen »Kulturbanausen«, die ihn dafür kritisiert hatten, beschied Thomas Feist im Anschluß Wissenslücken und verwies sie auf einen Sketch des in der DDR populären Komikers Eberhard Cohrs. Bevor er mit »sächsischem Humor« in der Ostzone, die er freilich 1977 verließ, Karriere machen konnte, bewachte er als Mitglied der Waffen-SS Häftlinge im Konzentrationslager Sachsenhausen.

Vor dem Hintergrund, daß Thomas Feist seit März 2019 Sachsens Beauftragter für das Jüdische Leben ist, gibt dieses biographische Detail der Äußerung des Christdemokraten doch eine ganz spezielle Note. Denn schon unabhängig von diesem Detail muß man sich fragen, welche Botschaft er mit ihr also auch und gerade den Juden in dem ostdeutschen Freistaat eigentlich vermitteln wollte.

1989 gab es in Sachsen drei jüdische Gemeinden, in Chemnitz, Dresden und Leipzig, die je weniger als 100 Mitglieder zählten. Heute sind es in Chemnitz ca. 600, in Dresden 750 und in Leipzig 1.300. Die meisten von ihnen kamen nach dem Zerfall der Sowjetunion nach Sachsen. Sind sie für Thomas Feist Deutsche oder Sachsen, letztere womöglich Leipziger? Oder sind sie für den Politiker Fremde?

Bisher, heißt es, sei die Zusammenarbeit zwischen jüdischen Gemeinden in Sachsen und dem Beauftragten für Jüdisches Leben eine gute und vertrauensvolle gewesen. In einem Bundesland indes, in dem die stärkste Oppositionspartei auch mit offen antisemitischen Forderungen um Wählerstimmen warb, müssen sich Thomas Feist und seine CDU dennoch fragen lassen, wo sie stehen wollen.

Nützliche Idioten

Seit nunmehr einiger Zeit wird im Stadtrat der sächsischen Metropole Leipzig ein Beschluß verhandelt, mit dem die Stadt ein Zeichen gegen Antisemitismus setzen könnte. Und da der israelbezogene Antisemitismus zu den derzeit virulentesten Spielarten des Phänomens zählt, soll sich die Stadt mit dem Beschluß auch von der extremistischen BDS-Bewegung distanzieren, so dessen Unterstützer.

Gegen den von den Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, CDU und SPD im Leipziger Stadtrat getragenen Antrag wendeten sich nun einige »israelisch-jüdische Migrantinnen und Migranten«, in einem Offenen Brief, mit dem sie sich nach langem Anlauf als Anhängerinnen und Anhänger der BDS-Bewegung zu erkennen geben und »Meinungsfreiheit« für deren Unterstützer einfordern.

Die Bewegung, behaupten die Verfasser des Offenen Briefes, sei nicht antisemitisch, sondern trete lediglich für »die Einhaltung des Völkerrechtes und gleiche Menschen- und Bürgerrechte für alle Menschen in Israel und Palästina« ein. Kurz nach einem von der BDS-Bewegung in der deutschen Hauptstadt gefeierten Video-Auftritt einer »palästinensischen« Terroristin eine gewagte These:

»Sie beendet ihre Rede damit, allen Märtyern ›Ehre und Unsterblichkeit‹ zu wünschen. Schallender Applaus und Pfeifen. Darauf folgen Rufe wie ›From the river to the sea, Palestine will be free‹, eine Parole, die auch die Hamas nutzt, um ihren Anspruch auf Israel – das Gebiet zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer – zu erklären.«

Es ist nicht erst seit gestern bekannt, welche Rolle BDS als »zivilgesellschaftlicher Arm« des terroristischen Kampfes gegen Israel und das Judentum spielt. Die in Jordanien lebende Flugzeugentführerin Leila Khaled etwa hat 2015 für die zur PLO gehörende terroristische PFLP darauf hingewiesen, daß BDS »unserer Organisation hilft, unseren Widerstand und unsere Revolution fortzusetzen«.

Der BDS-Bewegung geht es gerade nicht um »gleiche Menschen- und Bürgerrechte«, sonst richtete sich ihr Zorn nicht ausgerechnet gegen den Staat, der dem Ideal im gesamten Nahen Osten am nähesten kommt. Eine Ächtung dieser antisemitischen Bewegung ist daher – und nicht bloß in Leipzig – richtig und überfällig. Menschen- und Bürgerrechte verhöhnt, wer die BDS-Bewegung verteidigt.

Irrweg

Im Stadtrat der sächsischen Metropole Leipzig wird seit Anfang November ein von den Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, der CDU sowie der SPD eingebrachter Beschlußvorschlag debattiert, mit dem sich die Stadt »gegen jeden Antisemitismus« positionieren würde. In der Beschlußvorlage werden auch israelbezogener Antisemitismus verurteilt und die antisemitische BDS-Bewegung.

Eine Fraktion im Leipziger Stadtrat, die der »Freibeuter«, ist nicht zufrieden mit dem Antrag. Ute Elisabeth Gabelmann (Piraten), René Hobusch (FDP) und Sven Morlok (FDP) wollen dessen Bekenntnis zum Existenzrecht Israels durch den Satz ersetzen: »Leipzig bekennt sich zum Existenzrecht Israels und zum Recht des palästinensischen Volkes auf einen unabhängigen Staat Palästina«.

Weshalb die drei »Freibeuter« sich so für »Palästina« einsetzen, behalten sie bislang für sich, aufklären wollen sie darüber, wenn der Stadtrat über den Beschlußvorschlag diskutiert. Ihre Ergänzung scheint im Kontext eines Antrags zum Vorgehen gegen Antisemitismus jedenfalls wenig sinnvoll: Ein Bekenntnis zu einem »unabhängigen Palästina« würde das Problem vielmehr verharmlosen.

Wer glaubt, durch die Etablierung eines »palästinensischen« Staates Antisemitismus aus der Welt schaffen zu können, irrt. Und so, wie sich die PLO, die die Marke »Palästina« für sich beansprucht, gibt, würde ein tatsächlich zu einem Staat gewordenes »Palästina« den weltweiten Antisemitismus noch ansteigen lassen. Antisemitismus zielt auf Juden, weil sie Juden sind, und den jüdischen Staat.

Ob es ein »Palästina« gibt oder nicht, ist Antisemiten letztlich doch herzlich gleichgültig. Geben sie sich besorgt um »Palästinenser« oder »Palästina«, tarnen sie damit nur ihren Haß, der sich eben um Juden dreht oder Israel. Mit ihrem seltsamen Vorschlag, die Bekämpfung von Antisemitismus mit einem ausdrücklichen Bekenntnis zu »Palästina« zu verbinden, sind »Freibeuter« auf dem Holzweg.

Nachtrag: Naomi-Pia Witte (FDP), viertes Mitglied der »Freibeuter«-Fraktion, trägt den Ergänzungsantrag ihrer Kollegen nicht mit, der daher auch keiner der Fraktion ist.