Nach neuen antisemitischen Vorfällen in Berlin wird in der deutschen Hauptstadt über einen Beauftragten für die Bekämpfung von Judenhaß diskutiert. Nachdem ein junge Gast der Stadt aus Israel antisemitisch beleidigt und mit einem Gürtel attackiert worden war, hatte Raed Saleh, der Chef der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, die Berufung eines solchen Beauftragten vorgeschlagen.
Der Sozialdemokrat griff damit einen Vorschlag der im Bundesland Berlin oppositionellen CDU auf, den auch seine Partei noch vor einem Jahr abgelehnt hatte. Vertreter der anderen Berliner Regierungsparteien äußerten sich nach Raed Salehs Vorschlag denn auch weiter skeptisch. Bettina Jarasch warnte für Bündnis 90/Die Grünen vor der Errichtung von, wie sie sagte, »Doppelstrukturen«.
Und auch Udo Wolf, der der Fraktion der Partei Die Linke, im Parlament der Stadt vorsitzt, gab sich ablehnend. Mit der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus sowie dem Jüdischen Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus existierten in Berlin bereits angesehene Institutionen, Symbolpolitik werde nicht gebraucht. Besonders originell aber klingt der Einspruch der Liberalen.
Für die Oppositionspartei gab Marcel Luthe zu Protokoll, die Stadt könne zwar für die Finanzierung sorgen, aber »ein solcher Beauftragter gehört zur Jüdischen Gemeinde«. Denn mit Antisemitismus hat die nichtjüdische Bevölkerung nichts zu schaffen? Vielleicht wäre ein Berliner Beauftragter für die Bekämpfung von Antisemitismus eine »Doppelstruktur«, vielleicht auch nur ein »Symbol«.
Daß aber ein Politiker dafür plädiert, das Problem zu einem allein der Opfer zu machen, verwundert doch. Antisemitismus ist ein Phänomen, das sinnigerweise vor allem dort diagnostiziert, angeprangert und bekämpft werden sollte, wo es verbreitet ist: und das sind in aller Regel nicht jüdische Gemeinden. Wer ihnen die Bekämpfung des Antisemitismus überlassen will, will sich feige drücken.