Schlagwort: Medien

Briefverkehr

Zahlreiche deutsche Medien haben in einem an Kairo und Jerusalem gerichteten Offenen Brief gefordert, ihren Mitarbeitern einen ungehinderten Zugang nach Gaza zu gewähren. »Wer unabhängige Berichterstattung über diesen Krieg unmöglich macht«, heißt es in dem Schreiben, »beschädigt die eigene Glaubwürdigkeit«, das in der Feststellung gipfelt, wer »uns« verbiete, in Gaza »zu arbeiten, schafft die Voraussetzungen, dass Menschenrechte verletzt werden«.

Dem anmaßenden Aufruf – der sich ausdrücklich nicht an die Hamas richtet, mit der die Unterzeichner offenbar keine Probleme haben, der in ihrer Logik wohl auch keinerlei Menschenrechtsverletzungen nachzusagen sind – ging ein weiterer Offener Brief voraus, mit dem »Journalist:innen in Deutschland [sic!]« nach eigenen Angaben »Pressefreiheit im Gaza-Krieg« einfordern. Deutsche Medien, beklagen sie darin, nähmen hin, aus Gaza ausgesperrt zu werden.

»Kein anderes Kriegsgebiet unserer Zeit wurde so lange für die externe Berichterstattung abgeriegelt wie Gaza seit dem 7. Oktober.

Dennoch beziehen große Teile der deutschen Journalismus-Branche zu diesen gefährlichen Entwicklungen keine Stellung.«

Dabei scheinen durchaus einige Medienvertreter unterwegs zu sein in Gaza. Wie ließe sich sonst erklären, daß seit dem 7. Oktober 2023 »140 Medienschaffende durch die israelische Militäroffensive in Gaza getötet worden sind«, »einige davon gezielt«? Daß darunter auch eingeschriebene Hamas-Terroristen waren, tun die »Journalist:innen in Deutschland« mit dem Hinweis ab, »valide Beweise« dafür seien »nicht vorgelegt« worden. Und selbst wenn:

»Auch deren Tötung ist jedoch völkerrechtlich untersagt [..].«

Damit allerdings haben die »Journalist:innen in Deutschland« hinreichend deutlich gemacht, was zu erwarten wäre von ihnen, dürften sie, wie sie wollen. Und gleichzeitig spricht es Bände, daß die von ihnen mindestens auch angesprochenen Chefredakteure, Intendanten und Standesvertreter nach Kairo und Jerusalem zeigen. Doch immerhin, darin, daß am Ende irgendwie immer Juden die eigentlich Verantwortlichen seien, darin sind sie sich dann doch wieder einig.

Parallelwelt

Zeiten, in denen Israel gezwungen ist, sich durch den Einsatz seiner Streitkräfte zu verteidigen, sind Hochzeiten der »Israelkritik«, einer Disziplin, der auch das eine oder andere Medium sich mit Vorliebe widmet. Hat man ein Problem mit dem jüdischen Staat, kann man es in solchen Tagen einfach mal mit Falschmeldungen versuchen und Jerusalem etwa einen Verstoß gegen eine Waffenruhe andichten:

»Israel hat ›eine breite Palette‹ von Zielen in Gaza angegriffen, nachdem ein Waffenstillstand in Kraft getreten war [..].«

Nur etwas subtiler frönte man beim SPIEGEL dem geliebten Hobby: Unter der Überschrift: »Israel bombardiert Gazastreifen – fünf Minuten vor vereinbarter Waffenruhe« strickte man dort aus einem Nichtereignis – in einem Konfliktfall nämlich ist der Einsatz bewaffneter Gewalt vor Beginn einer Waffenruhe doch eher selten überraschend – eine Meldung, nur um ein wirkliches Ereignis zu unterschlagen.

Daß Terroristen des Islamic Jihad noch nach dem Beginn der von Ägypten zwischen Jerusalem und den mit dem Regime in Teheran verbandelten Islamisten vermittelten Waffenruhe Raketen auf Israel abfeuerten, diese also durchaus verletzten, war dem SPIEGEL keinerlei Erwähnung oder gar eigene Meldung wert. Israel schoß übrigens nicht zurück. Das hätte man dann freilich gewiß wieder erfahren.

Ob beim Krawallblatt oder dem »Nachrichtenmagazin« – dort wie da wurde Israel am Zeug geflickt, da wurde gelogen, dort durch Wahl oder Abwahl eines Themas die Realität verbogen und desinformiert. Irrtümer passieren ab und an. Kommen sie gehäuft vor, deuten sie auf ein Problem – bei denen, die sich »irren« – und sind geeignet, welche zu schaffen und zu verschärfen – denen, die sie konsumieren.

Selbstdemontage

Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat nach andauernden Protesten in Tel Aviv gegen seine Politik frühere Vorwürfe gegen israelische Medien wiederholt. Diese würden durch die gezielte Verbreitung falscher oder verfälschter Meldungen Menschen gegen ihn und seine Regierung aufhetzen. Selbst die nordkoreanische Propaganda, meinte der Likud-Politiker, könnte noch von Israels Medien lernen.

Es ist ein nicht bloß in Israel beliebter »Sport« zu sein, angeblich mißgünstig gestimmte Medien zu beschimpfen und »Kampagnen« zu beklagen, zu denen sie sich verabredet hätten. Auch Benjamin Netanjahu präsentierte sie im Laufe seiner langen politischen Karriere immer wieder als Sündenbock, wenn etwas nicht wie erhofft lief, in den letzten Monaten aber häuften sich seine Angriffe besonders.

Dabei sind gerade israelische Medien in ihrer Meinungsvielfalt, die freilich auch scharfe und zugespitzte Kritik an der ebenso Regierung einschließt wie an der Opposition, beispielgebend. Freie Medien sind ein Kennzeichen von Demokratien, ohne sie ist Demokratie mindestens so undenkbar wie ohne streitende Parteien. Es zeugt daher nicht eben von Selbstvertrauen, sie pauschal zu verunglimpfen.

In Nordkorea gibt es keine unabhängigen Medien, keinen öffentlich ausgetragenen Streit um politische Entscheidungen, keine Investigativmedien, die auch und gerade das Handeln von Regierungen hinterfragen, sondern bloß Propaganda. Fällt einem Regierungschef mit langer Erfahrung nichts anderes mehr ein als solche »Komplimente«, blamiert ihn das mehr als die, die er damit zu treffen hofft.

Relotius der Woche

Nachdem man vor einer Woche in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung über Umtriebe der »israelische[n] Regierung und ihre[r] publizistischen Helfer in Deutschland« lesen durfte, fragt man sich nicht mehr, weshalb Jochen Stahnke das Abonnentengebiet verließ. Weshalb er sich aber vor den publizistischen Helfern Benjamin Netanjahus nach Israel flüchtete, das ist und bleibt ein Rätsel.

Denn so richtig angekommen scheint der »Correspondent for Israel, the Palestinian Territories and Jordan« der FAZ auch in Tel Aviv nicht zu sein. Zwar mag er dort sein, ganz da aber ist er gewiß nicht. Das wird deutlich, tut man sich an, was er über Manama herausgefunden hat, die Konferenz, auf der in der letzten Woche 50 Milliarden Dollar an die »Palästinenser« verteilt werden sollten.

»Dass Washington nicht nach einer fairen oder wenigstens pragmatischen Lösung« für den Konflikt zwischen »Palästinensern« und Israel »sucht, bewies es«, so dieser tapfere Repräsentant des publizistischen Widerstands gegen Benjamin Netanjahu, »indem es offizielle Vertreter aus Ramallah nicht nach Bahrain einlud«. Leider nur passen hier Behauptung und Realität überhaupt nicht zueinander.

Von Tel Aviv ist es nicht weit nach Ramallah, im Internet sind es sogar nur ein paar Sekundenbruchteile. Für einen Jochen Stahnke ist es dennoch zu weit, denn sonst wäre ihm nicht entgangen, was PLO-Generalsekretär Saeb Erekat am 22. Mai im Namen »Palästinas« verkündet hatte: »Palästina wird nicht an dem Treffen in Manama teilnehmen. Das ist die kollektive palästinensische Haltung.«

Hätte es keine Einladung nach Manama an Ramallah gegeben, warum machte sich Al-Monitor am 5. Juni Gedanken darüber, »weshalb die Araber Druck auf die Palästinenser ausüben, um an dem Treffen in Bahrain teilzunehmen«? Wie sein Kollege Patrick Bahners steht Jochen Stahnke mit der Wirklichkeit auf Kriegsfuß. Mußte man ihn deswegen zum Auslandskorrespondenten hochstapeln?

Narr und Narzisst

Denkt der gemeine deutsche Zeilenschinder an Donald J. Trump, den Präsidenten der Vereinigten Staaten, und dessen politische Entscheidungen, die gelegentlich gewiß nachdenklich stimmen, setzt bei ihm, dem Schreiberling, regelmäßig der Verstand aus. Und ganz schlimm wird es, haben die Entscheidungen des US-Präsidenten etwas mit Israel zu tun. Dann brennen alle Sicherungen durch.

Exemplarisch demonstriert das der jüngste Kommentar eines Karl Doemens, der als US-Korrespondent für das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) in Blättern schreiben darf wie der Berliner Zeitung, der Hannoverschen Allgemeinen, oder der Leipziger Volkszeitung. Und auch die Frankfurter Rundschau läßt ihn ihre Kommentarspalten füllen, in denen heute von ihm dies zu lesen ist:

»Der Narzisst im Weißen Haus interessiert sich weder für Völkerrecht noch für Geopolitik. Ihm geht es alleine darum, seine eigene Position zu stabilisieren und zu stärken. Dafür braucht er die Unterstützung der rechten Evangelikalen und Juden in den USA, die er schon mit der Verlegung der amerikanischen Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem und der einseitigen Aufkündigung des Iran-Atomabkommens umwarb.«

Man sollte meinen, einer, der sich US Correspondent nennt, hätte wenigstens eine gewisse Ahnung von dem Land, aus dem er berichtet. Und vielleicht ist Karl Doemens auch ein echte US-Kenner. Aber »Trump« und »Israel« – da verabschiedet sich der Verstand und übernimmt das Ressentiment, das sich um Fakten nicht kümmert, und dichtet Juden etwas an, für das sie kaum etwas können.

Donald J. Trump wurde 2016 zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. 52 Prozent der Katholiken in den USA stimmten für ihn, 45 Prozent für seine Konkurrentin Hillary Clinton. 71 Prozent der Juden votierten für sie, ganze 24 Prozent, kaum ein Viertel, hingegen für Donald J. Trump. Und bei den Midterms im November stimmten sogar über 75 Prozent der Juden für Demokraten.

Die Politik Donald J. Trumps hat ihn also unter amerikanischen Juden nicht beliebter gemacht, eher noch ist die Ablehnung gestiegen. Zu unterstellen, jüdische Wähler hätten einen maßgeblichen Einfluß auf Donald J. Trumps Entscheidungen, ist ob dieser Zahlen – gewagt, zumal Juden keine drei Prozent der US-Bevölkerung ausmachen. Den Relotius der Woche hat sich Karl Doemens verdient.