Schlagwort: Nabil Abu Rudeineh

Gesellschaftskunde

Mit einem Rundschreiben hat die Leitung der Al-Quds Open University (QOU), eine Gründung der PLO, kürzlich einigen Aufruhr verursacht, der viel verrät über den Zustand der vom Regime in Ramallah geprägten »palästinensische Zivilgesellschaft«. In dem Schreiben hatte die Universität eine Karte verwendet, die ein »Palästina« zeigte, das aus Gaza und den umstrittenen Gebieten bestand.

Dieses »Palästina« in den »Grenzen von 1967« empfanden freilich viele Empfänger des Schreibens als Zumutung, wie Khaled Abu Toameh in der Jerusalem Post berichtet. Die öffentliche Empörung über die Darstellung eines »Palästina«, wie es internationale Pläne, darunter die Roadmap, für eine Zwei-Staaten-Lösung vorsehen, war so groß, daß sich die QOU für ihren »Irrtum« entschuldigte.

Die Abbildung, so die Universitätsleitung, habe nicht die geographischen Grenzen »Palästinas« zeigen sollen, sondern hätte nur illustrativen Charakter gehabt. »Für die Universität, ihre Fakultäten und ihre Zweigstellen reicht Palästina vom Jordan bis zum Mittelmeer«, stellte die Leitung der Universität noch klar, bevor sie – unterdessen vergebens – für das »Mißverständnis« um Nachsicht bat.

Erst eine Woche ist es übrigens her, daß Abu Rudeineh, der Sprecher seines »Präsidenten« Abu Mazen, erklärt, »die einzige [akzeptable] Karte für einen Staat Palästina« sei eine, die auf »den Grenzen von 1967« basiere. Könnten die öffentliche Aufregung um das Rundschreiben der QOU und die »Entschuldigung« ihrer Leitung damit zu tun haben, daß er so wenig zu überzeugen vermochte?

Weichgespülte Rhetorik

Kurz vor dem für Dienstag angekündigten Auftritt Abu Mazens vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat Abu Rudeineh, der »Sprecher« seines »Präsidenten«, verkündet, »die einzige [akzeptable] Karte für einen Staat Palästina« sei eine, die auf »den Grenzen von 1967« basiere. Das ist eine durchaus interessante Äußerung eines hochrangigen Vertreters des PLO-Regimes in Ramallah.

Denn sie wirft Fragen auf: Das offizielle Logo der Terrororganisation PLO beispielsweise zeigt ein »Palästina«, das mit den »Grenzen von 1967«, die freilich Waffenstillstandslinien von 1948/49 sind, nicht unbedingt viel zu tun haben. Das »Palästina« dieses Logos läßt keinen Platz für einen Staat Israel, es ist eine klare Absage der PLO an eine wie auch immer aussehende Zwei-Staaten-Lösung.

Und dieses Logo ist mit seinem »Palästina« allgegenwärtig dort, wo die PLO »regiert«, aber auch darüber hinaus. Wie paßt Abu Rudeinehs Aussage dazu? Hat sich die PLO mit der Existenz Israels abgefunden, will sie sie nicht mehr beenden, wie ihre nach wie vor gültige »Nationalcharta« verspricht? Oder will Abu Rudeineh mit seiner Äußerung schlicht ein internationales Publikum täuschen?

Darauf nämlich versteht sich die »Palästinenserführung« durchaus, auch wenn sie auch sonst nicht allzu kompetent wirkt. Dem Publikum daheim werden von ihr regelmäßig andere Botschaften vermittelt als dem internationalen. Und so sollte denn auch Abu Rudeinehs Bekenntnis zu »Grenzen von 1967« nicht mißverstanden werden. Es ist ausdrücklich keines auch zu einem jüdischen Staat.

Geschichtsstunde in Ramallah

Fehlt der »Palästinenserführung« auch jede Kreativität, geht es um Bemühungen, den Konflikt mit Israel zu beenden, zeigt sie doch immer wieder enormen Einfallsreichtum beim Umschreiben von Geschichte. Galt es bislang international als ausgemacht, daß der Arabische Frühling im Dezember 2010 in Tunesien begann, verlegt die PA ihn jetzt nicht nur vor, sondern auch noch nach Gaza.

Wie Nabil Abu Rudeineh, »Informationsminister« des PLO-Regimes und Sprecher seines »Präsidenten« Abu Mazen, jetzt bei einer Pressekonferenz in Ramallah ausführte, nahm die Arabellion bereits 2007 ihren Ausgang, als die Islamisten die Fatah in einem blutigen »Bruderkrieg« aus Gaza vertrieb und die Herrschaft dort übernahm, um sich seither auch nicht wieder von ihr zu trennen.

Bei dem Putsch der Hamas, so Nabil Abu Rudeineh weiter, sei es freilich nicht bloß darum gegangen, wer in Gaza herrsche. Vielmehr sei der Coup der Islamisten als Teil einer international agierenden kolonialistischen Konspiration darauf ausgerichtet gewesen, die Spaltung der »Palästinenser« zu vertiefen, sie zu diskreditieren und den Boden zu bereiten für das »Geschäft des Jahrhunderts«.

Während der als ein Versuch, demokratischeren Verhältnisse zum Durchbruch zu verhelfen, verstandene Arabische Frühling zwischenzeitlich weitgehend gescheitert ist, dauert die Hamas-Herrschaft in Gaza an. Und noch im Dezember war es »Präsident« Abu Mazen selbst, der diese Hamas gegen amerikanische Versuche verteidigte, sie durch die UN-Vollversammlung verurteilen zu lassen.

Heute, nur gut drei Monate später, scheinen die Islamisten nicht mehr Teil des »palästinensischen nationalen Kampfes« zu sein wie noch Ende 2018, sondern sind als Quislinge des US-Präsidenten Donald J. Trump entlarvt, der offenbar schon seit über zwölf Jahren Regie führt im Weißen Haus. Man darf gespannt darauf sein, was der in Ramallah grassierende Wahnsinn noch enthüllen wird.

Bekenntnis

Die »islamische Widerstandsbewegung« Hamas, die seit einem Putsch vor beinahe 11 Jahren Gaza beherrscht, gilt in zahlreichen Staaten als terroristische Organisation: in Israel, dessen Vernichtung die Hamas anstrebt und ohne Rücksicht nicht zuletzt auf die »eigene« Bevölkerung auch betreibt, in den USA, in Deutschland, Großbritannien, der Europäische Union, in Japan und sogar in Ägypten.

Nachdem nun am Mittwoch in der Vollversammlung der Vereinten Nationen eine Verurteilung der Hamas für ihre Rolle bei den Angriffen auf Israel in den letzten Tagen und Wochen scheiterte, kann sich der »palästinensische« Arm der Muslimbruderschaft berechtigt als Gewinner dieser Abstimmung sehen. Es überrascht aber doch, wie das durch die PA vertretene »Palästina« darauf reagiert.

Nabil Abu Rudeineh, Sprecher des »Palästinenserpräsidenten« Abu Mazen, feierte das Votum der UN-Vollversammlung als große Errungenschaft, die nur noch davon übertroffen werde, daß die Vereinten Nationen damit zugleich eine Klassifizierung der Hamas als Terrororganisation zurückgewiesen hätten. Das Scheitern des amerikanischen Resolutionsentwurfs sei eine »politische Lektion«.

Ramallah bekennt sich damit zur Hamas, es gratuliert den Islamisten, mit denen es gleichwohl auch im Clinch liegt, geradezu zum Erfolg bei den Vereinten Nationen. Mit diesem Applaus verhöhnt das Regime um Abu Mazen einige seiner großzügigsten Sponsoren vor allem in Europa, die es doch so gern als »gemäßigt« loben. Spätestens nach diesem Bekenntnis wissen sie, wen sie unterstützen.