Schlagwort: Omid Nouripour

Späte Einsicht?

In der nächsten Woche könnte, wie Der SPIEGEL meldet, die Regierung in Berlin ein Betätigungsverbot für die islamistische Terrororganisation Hisbollah erlassen. Das Verbot, auf das sich das Innen- und das Justizministerium in Abstimmung mit Heiko Maas’ Auswärtigem Amt verständigt haben sollen, soll sich auf die gesamte Hisbollah beziehen, nicht nur auf ihren »militärischen Flügel«.

Mit einem solchen Verbot der vom Mullah-Regime in Teheran gesteuerten »Partei Gottes« würde die deutsche Regierung einen durchaus bemerkenswerten Kurswechsel in ihrer Politik gegenüber der Hisbollah vollziehen. Aus Gründen, über die nur spekuliert werden kann, hatte es Berlin bisher nämlich nie besonders eilig, mit der gebotenen Ernsthaftigkeit gegen die Organisation vorzugehen.

Auf europäischer Ebene scheiterte ein Verbot lange auch um Unwillen Deutschlands, und selbst noch nach dem halbherzigen Verbot ihres »militärischen Flügels«, das erst nach einem Anschlag der Hisbollah auf israelische Touristen in Bulgarien zustande kam, lehnten Regierungs-, aber auch Oppositionsparteien ein deutsches Verbot der Gesamtorganisation ab, während andere Staaten handelten.

Noch im März lehnte der SPD-Politiker Niels Annen, der als Staatsminister im Auswärtigen Amt seines Parteifreunds Heiko Maas tätig ist, ein Verbot der Organisation ab, weil sie »ein relevanter gesellschaftlicher Faktor und ein Teil der komplexen innenpolitischen Lage im Libanon« sei, sogar »Teil der Regierung«. Ähnlich überzeugend stritt wenig später Omid Nouripour für die Hisbollah.

»Was hier gefordert wird, erstickt die innerschiitische Opposition gegen die Hisbollah, und das können wir nicht zulassen«, kommentierte der bei Bündnis 90/Die Grünen als Außenpolitiker geltende Parlamentarier in der Bundestagsdebatte eines AfD-Antrag, die Hisbollah in Deutschland zu verbieten, den die anderen Fraktionen ablehnten, dem sie aber auch keine eigenen Anträge entgegensetzten.

Sollte Berlin die Hisbollah in der nächsten Woche tatsächlich verbieten, holt die Regierung Angela Merkels nach, was sie über Jahre versäumt hat, in denen Deutschland zu einem sicheren Rückzugsort für die Terrororganisation wurde. Nachrichten- und Geheimdienste warnten wieder und wieder vor der »Partei Gottes«, doch wurden ignoriert. Berlin muß sein (viel zu) spätes Handeln erklären.

Entschlossener Einsatz

Am 17. Mai verabschiedete der Deutsche Bundestag einen Beschluß, mit dem die Parlamentarier sich selbst anhielten, der »BDS-Bewegung entschlossen entgegen[zu]treten«, um dadurch »Antisemitismus [zu] bekämpfen«. Einer der Befürworter des Antrags, der für Bündnis 90/Die Grünen aktive Omid Nouripour, meinte, die Bewegung sei wegen ihres Antisemitismus’ »schlicht unerträglich«.

Die BDS-Bewegung, die weltweit zahlreiche Anhänger hat, stößt auch in Deutschland – leider – auf große Zustimmung, zu ihren Unterstützern gehört in Deutschland auch die als »gemeinnützig« geltende Deutsch-palästinensische Gesellschaft e.V. (DPG). Auf ihrer Website freut die DPG sich, neben anderen Omid Nouripour »als Sachverständige[n] und Berater« für ihren Beirat gewonnen zu haben.

Der gleiche Omid Nouripour also, der der BDS-Bewegung »entschlossen entgegentreten« will, der ihr bescheinigt, »zynisch und menschenverachtend« zu sein, der »froh« war, »dass wir als Deutscher Bundestag [..] ein Zeichen [..] gegen diese Art von Antisemitismus setzen«, berät und unterstützt als Beirat eine Organisation, die sich zu der »schlicht unerträglichen« BDS-Bewegung bekennt.

Und es ist der gleiche Omid Nouripour, der sich darüber echauffiert, daß BILD am Dienstag thematisiserte, »wie deutsche Politiker, Verbände und Journalisten den Antisemitismus in Deutschland salonfähig machen«. »Infam« sei das, klagte der Politiker. In der Tat, es ist infam, daß BILD ihn, Omid Nouripour und seinen entschlossenen Einsatz gegen die antisemitische BDS-Bewegung, vergessen hat.

Ablenkmanöver

Nachdem BILD am Dienstag mit einer Themenseite unter der Überschrift »Alarmstufe Roth« darauf hingewiesen hatte, daß und »wie deutsche Politiker, Verbände und Journalisten den Antisemitismus in Deutschland salonfähig machen«, will Omid Nouripour, er sitzt für die Partei Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag, das antideutsche Kampforgan meiden und nicht mehr mit ihm sprechen.

In einem auf Facebook veröffentlichten Video-Statement wirft Omid Nouripour BILD eine »infame Kampagne« vor, die nicht nur »den Antisemitismus-Begriff ›ausleiern‹« würde, sondern darauf abziele, »den gesamten Spielraum der Diplomatie« etwa im Verhältnis zur Islamischen Republik Iran zu zerstören. BILD hat die deutsche Kuschelpolitik gegenüber Teheran häufig kritisch kommentiert.

Mit seinen Vorwürfen versucht der Politiker, der sich im Juni im Bundestag gegen ein Verbot der islamistischen Terrororganisation Hisbollah in Deutschland ausgesprochen hatte, weil es »die innerschiitische Opposition gegen die Hisbollah« ersticken könne, von der durch zahllose Studien belegten beschämenden Situation abzulenken, daß Antisemitismus in Deutschland kein Randproblem ist.

Antisemitismus ist noch immer gesellschaftsfähig in Deutschland. Und dafür kann man die Verantwortung weder auf nämlich tatsächlich geächtete Extremisten abwälzen noch auf Migranten. Antisemitismus gedeiht im Salon auch, weil er dort verharmlost wird – beispielsweise wenn belegte Antisemitismusvorwürfe mit der Behauptung zurückgewiesen werden, diese höhlten den Begriff aus.

Welche Botschaft geht denn von einem deutschen Staatsoberhaupt aus, das sich am Grab des Terroristenführers Yassir Arafat verneigt, einen Kranz ablegt und sich dann mit »diplomatischen Gepflogenheiten« aus der Affäre zu ziehen versucht? Welche Sanktionen folgten denn auf die öffentliche Zustimmung deutscher Diplomaten zu unverhüllt antisemitischen Aussagen in sozialen Netzwerken?

Was ist mit vom Bundestag in Berlin finanzierten politischen Stiftungen, die in »Palästina« mit Organisationen zusammenarbeiten, die Terroristen hofieren und antijüdische Boykotte propagieren? Was ist mit stehenden Ovationen des Europäischen Parlaments zur antisemitischen Hetze Abu Mazens in dessen Plenum? Der SPD-Politiker Martin Schulz bezeichnete den Auftritt als »inspirierend«.

Der Jüdische Weltkongreß hat gerade die Ergebnisse einer repräsentativen Untersuchung vorgelegt, nach denen einer von vier Deutschen »antisemitisch denkt« und die Zustimmung zu einzelnen antisemitischen Aussagen über 25% liegt: Der These, »Juden verhalten sich loyaler zu Israel als zu Deutschland«, stimmten 41% der Befragten zu. Ein BILD-Boykott ist darauf keine geeignete Antwort.